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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Podlacha, Ladislaus: Abendländische Einflüsse in den Wandmalereien der griechisch-orientalischen Kirchen in der Bukowina, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0157
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273

1911. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

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und will diese als Hintergrund benutzen, so
versagen ihm die Kräfte, und die Darstellung
des Hintergrundes fällt recht unbeholfen aus.
Die Architektur mit ihren Gängen oder bal-
dachinartigen Kuppeln, die Mauerwände mit
oft daran zwecklos angehängten Gliedern, die
Erker mit der übergehängten Draperie werden
den Szenen meistens als Schauplatz des Er-
eignisses beigefügt. Die Landschaft wird ge-
wöhnlich durch einige Bäume markiert oder
verwandelt sich in eine Gebirgsgegend mit
eigenartigen Felsen. Nur wenige Bilder ver-
raten, daß der Maler nicht ohne Gefühl für
die Perspektive arbeitete, so z. B. die Szenen
aus dem Leben Mosis auf der südlichen Außen-
wand in Suczawitza (Abb. 10). Betrachtet man
diese Szenen genauer, so erkennt man gleich, daß

intuitiv, halb im Wege der Nachahmung, aber
keine wissenschaftlich gewonnene Erfahrung.
Besser gelingt es dem Maler, aus dem ein-
tönigen Hintergrunde eine gewisse Rundung
der Formen beiden größeren, einzeln stehenden
Figuren herauszumodellieren, was besonders
in den Malereien der Klosterkirche zu Woronetz
zutage tritt (Abb. 2 und 3). Die Manier ist auch
bei diesen Freskogemälden dieselbe wie bei
anderen byzantinischen Bildwerken — sie
beruht zunächst auf der Formenbeherrschung
und weniger auf den Farbenwirkungen. Sieht
man aber näher zu, so bemerkt man in den
Woronetzer Fresken eine sorgfältigere Ab-
stufung der Töne und eine korrektere Wieder-
gabe von Licht- und Schattenpartien. Auch
das bei manchen Freskomalereien nach der

Abb. 10. Suczawitza, Szenen aus dem Leben Mosis. (Südliche Außenwand.)

dem Maler wenigstens die Hauptgesetze der
Perspektive bekannt waren. So ist die Gestalt
Mosis im Hintergrunde kleiner abgegeben
als diejenige im Vordergrunde, dasselbe gilt
von Felsen und Bauten, die in einer Ent-
fernung liegend gedacht sind. Die bessere
Schulung des Auges für die perspektivische
Anordnung wird sofort auffällig, wenn man
Bilder in Suczawitza mit denen in Arborea
und Woronetz zusammenstellt.

Zuweilen sieht man in einer Szene nach
dem Vorbilde der italienischen Renaissance
neben der üblichen Architektur eine in die
Tiefe gehende Kolonnade, so in der Szene
der Heimsuchung Maria in der Vorhalle zu
Suczawitza. Allgemein genommen, sind aber
alle hier erwähnten Bilder nur dürftige Ver-
suche, die Erscheinungswelt in perspektivische
Elemente umzusetzen, es ist das eine halb

Manier der Emailkunst übliche und oft störend
wirkende Schraffieren mit Goldlinien ist weg-
gefallen1). Dadurch wurde es dem Maler
möglich, einen Wirklichkeitsschein zu erzielen
und den Beobachter in die Täuschung zu
versetzen, eine lebende, obwohl unnahbare
Welt gesehen zu haben. Die heiligen Propheten

>) Über den Einfluß der Emailkunst auf die
Miniaturmalerei s. Springers A. Besprechung des
Werkes Schnaases •Geschichte der bildenden Künste«
in der Zeitschrift für bildende K uns t VI (1871)
S. 2G3 und Kondakow, »Histoire de Part byzantin«
II S. 139. Offenbar ist diese nach dem Vorbilde der
Ktnailkunsl sich richtende Technik aus den Miniatur-
Handschriften in die Wandmalereien übergegangen.
Zur Bestätigung dieser Beobachtung genügt es, die
Freskomalereien von Suczawitza mit den fast gleich-
zeitig entstandenen und von Stephan aus Suczawa am
Anfang des XVII. Jahrli. illuminierten Handschriften
der Wiener Hofbibliothek und der Lemberger Uni-
versitätsbibliothek zusammenzustellen.
 
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