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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Podlacha, Ladislaus: Abendländische Einflüsse in den Wandmalereien der griechisch-orientalischen Kirchen in der Bukowina, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0158

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275

1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

27Ö

und Apostel, Erzväter und Mönche scheinen
aus der äußeren Südwand wie eine in Blau
und Gold leuchtende Vision in den Himmel
emporzusteigen, und die ausdrucksvolle Cha-
rakteristik, die ihnen zuteil geworden ist, hat
in dieser allerdings primitiven Kunst nicht
ihresgleichen. Zur Meisterschaft hat sich der
Künstler wohl nicht erhoben, er hat aber mit
sparsamen Mitteln und mit seiner bescheidenen
Schulung ein in dekorativer Hinsicht stilvolles
Werk geschaffen.

Obgleich, wie gesagt, die Landschaft in
ihrer vollen Bedeutung in der byzantinischen
Malerei der Neuzeit noch nicht aufgekommen
ist, um die dargestellte Handlung zu begleiten
und zu charakterisieren, so darf
doch nicht unerwähnt bleiben,
daß in manchen Wandbildern
der Klosterkirche zu Suczawitza
das erwachende Naturgefühl
seinen Ausdruck in dem Hinzu-
fügen des landschaftlichen Hin-
tergrundes gefunden hat. Man
sieht auch anderswo die land-
schaftlichen Zutaten in Form
von Felsen und einzeln stehen-
den Bäumen, es sind dies aber
fast immer nur stark verein-
fachte Andeutungen des Schau-
platzes, wo die Handlung vor
sich geht, und nicht eine Land-
schaft, die dazu dienen soll, die
Komposition abzuschließen und
die Stimmung im Bilde zu ver-
stärken. Zu den landschaft-
lichen Zutaten dieser Art gehört
beispielsweise der untere Teil
des Verklärungsbildes in dem Kirchenraume zu
Woronetz oder der Hintergrund des daneben
befindlichen Bildes, welches das Gebet Christi am
Ölberge darstellt (Abb. 4). Im allgemeinen darf
man auch hier nicht behaupten, jene zackigen
Felsen seien nur ein Produkt der Phantasie
und entsprächen nicht der Wirklichkeit; es
sind ja Felsen eines unwirtlichen Kalkgebirges,
denen man allzu oft in den Karstländern und
in Griechenland, dem Vaterlande der byzan-
tinischen Kunst, begegnet. Kahle Steinblöcke,

Abb. 11. Suczawitza. Engelfiguren
(Vorhalle.)

keine Rolle. Etwas anders steht es mit der
Landschaft in den schon oben erwähnten
Szenen aus dem Leben Mosis. Hier begegnet
man wiederum den kahlen Kalkklippen, sie
sind aber zweckmäßiger gegliedert und enger
mit der Komposition verbunden. Außerdem
sieht man die Landschaft sich schon in die Tiefe
ausbreiten und in die näheren und ferneren
Teile auflösen; darunter sieht man niedrige
Bäume verstreut wachsen, und im Hintergrunde
wird eine burgartige Anlage und zwei kleinere
Bauten wahrnehmbar. Die Figur Mosis ist im
Verhältnisse zu den umgebenden Bäumen
größer ausgefallen, wodurch seine Auffassung
als Hauptperson zur Geltung kommen sollte.—
Dieses kaum noch keimende
Erwachen des Naturgefühls und
das Bedürfnis nach der Land-
schaft sind nicht dem Kloster-
milieu entwachsen. Die Anre-
gung dazu kam von außen her
— aus dem Abendlande. Der
Maler, der dieses Bild entwarf,
sah zuerst eine ähnliche Auf-
fassung des Landschaftlichen
in einem abendländischen Bilde.
Daß die Anregung wirklich vom
Abendlande ausging und die
Landschaft im Bilde nicht durch
selbständige Erfahrung des
Malers entdeckt wurde, dafür
spricht schon die perspektivisch
gehaltene Gliederung, manche
Ähnlichkeit mit den italienischen
Schulen des XV. u. XVI. Jahrh.,
endlich, die anderen Szenen
und Motive in dieser Kirche,
die aus der okzidentalen in die byzantinische
Kunst eingedrungen sind.

Noch auffallender muß die Änderung er-
scheinen, die zugunsten der dramatischen
Aktion und Gruppierung sich vollzogen hat
und ohne Zweifel auch in den abendländischen
Vorbildern ihre Anregung erhielt, denn ver-
gebens hätte man in den byzantinischen
Werken der vergangenen Jahrhunderte eine
innigere Verknüpfung der handelnden Per-
sonen gesucht und nach dem Vorbild einer

hie und da von Gestrüpp umwuchert, von dramatischen Komposition gefragt. Allgemein

wehmütigem Aussehen, oft steil aufragend
und von Spalten durchbrochen, waren Vor-
bilder dieser für uns so fremdartigen Land-
schaft. Aber sie spielen im Bilde so gut wie

genommen, ist der malerische Kirchenwand-
schmuck eine an die Raumverhältnisse ange-
paßte Dekoration. Ist aber die Wirkung der
Bukowiner Malereien zum größeren Teile eine
 
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