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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Oidtmann, Heinrich: Die frühgotische Balkendecke im romanischen Saale der "Sammlung Schnütgen"
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0099

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Abhandlungen.

Die frühgotische Balkendecke im

romanischen Saale der „Sammlung

Schnütgen".

(Mit Ansicht, Tafel VII, und 7 Abb.)
unschätzbare Vorzug
, außerordentlicher Zweck-
wnäßigkeit, der die An-
lage des Schnütgen -
'Museums in so hervor-
ragendem Grade aus-
zeichnet, war von vorn-
herein gewährleistet durch
daT wohlüberlegte Zusammenwirken des hoch-
sinnigen, mit seiner einzigartigen Sammlung
vollständig verwachsenen Stifters und des er-
fahrenen, erprobten Baumeisters.

Ihre gegenseitige Anpassung und Ergänzung
haben dem Bau in seiner Gesamtheit wie in
seiner Raumgliederung ein bestimmtes Gepräge,
einen ganz besonderen Reiz verliehen, über
die einzelnen Gelasse eine anheimelnde, —
fast hätte ich geschrieben „intime" Behaglich-
keit verbreitet, die den sich gleich heimisch
fühlenden Besucher schier vergessen läßt, daß
er sich in den Hallen eines öffentlichen Mu-
seums bewegt. Der empfängliche Beschauer
wird sofort von einer Stimmung umfangen,
deren wohltuender Einwirkung sich niemand
zu entziehen vermag, die noch lange nach
dem Verlassen der traulichen Räume nachhält.
Nicht genug, daß der geistreiche Erbauer
die Räumlichkeiten im Sinne und im Einver-
ständnis mit dem verdienstvollen Gründer nach
Zweck und Bestimmung einteilen konnte,
verrät anderseits die Anordnung der Gegen-
stände in richtiger Abwägung der gegenseitigen
Wechselwirkung das seltene Sachverständnis,
die liebevolle Sorgfalt des Sammlers, dem jedes
Stück vertraut war. Außerdem war bei der
Errichtung des Museums die günstige Gelegen-
heit geboten, einzelne Denkmäler als Aus-
stattungsteile unmittelbar und zweckdienlich
dem Bauwerk selbst einzuverleiben.

Zu diesen wertvollen Bestandteilen des
Gebäudes gehören unter anderem die früh-
gotischen Holzdecken, von denen die eine vor

etlichen Jahren in dieser Zeitschrift1) sach-
verständige Würdigung gefunden hat.

Alte Deckenmalereien sind eben nicht allzu
zahlreich mehr erhalten, aus begreiflichen
Gründen. An und für sich sind frühgotische
Häuser selten; Brand, bauliche Umänderungen
haben manche Werke vernichtet; auch war der
Wasser- oder Leimfarben-Anstrich nicht sehr
haltbar. Die wenigen erhaltenen Beispiele
verdanken ihre zufällige Rettung dem schützen-
den Deckenverputz, der die Malereien von
Luft und Licht erhaltend abschloß.

Die fragliche Balkendecke im romanischen
Saale des Schnütgen-Museums stammt, wie
mir Herr Konservator Dr. Fritz Witte freund-
lichst mitteilte, aus dem abgebrochenen Hause
Sandbahn Nr. 12.

Sutor ne ultra crepidam, mag mancher
denken, wenn ich mich auf ein sachlich
fremdes Gebiet wage. Und dennoch glaube
ich im vorliegenden Falle in Anbetracht der
eigentümlichen Bemalung eine gewisse Be-
rechtigung beanspruchen zu dürfen, die in den
Raum IV des Museums eingebaute Zimmer-
decke einer kurzen Besprechung zu unterziehen.

Auf den ersten Blick überrascht nämlich
die auffallende Verwandtschaft des Bretter-
schmuckes mit den farbig durchsetzten Grau-
teppichen der Glasmalerei. Abweichend von
dem sonst gebräuchlichen Ranken- und Blatt-
werk in seinen leichten Verschlingungen mit
tierischen und menschlichen Einlagen, ver-
schieden von der dem Himmelsgewölbe oder
der Heraldik entlehnten Musterungen findet
man hier ausgesprochene Nachahmung der
Glasmalerei, nicht etwa nur in der Anlage der
Zeichnung oder in der Art ihrer Durchführung,
sondern nicht minder in der Farbenwahl.

Die Decke mag um 1300 gemalt worden
sein, als im benachbarten Altenberg die farbig
durchsetzten Grisailfenster entstanden.

Unwillkürlich drängt sich der Gedanke
auf, ein Meister der Glasmalkunst, ein „Glas-
worter", — so lautete ihre damalige Be-
nennung —, habe die Zimmerdecke seiner

') »Zeitschrift für christliche Kunst«, XTX.Jahlgang,
(1906), Sp. 237 u. f. Friedrich Karl Ifeimann,
»Frühgotiache Balkendecken and Wandmalerei aus
einein Kölner Wohnhauie . Mit :t Abbildungen.
 
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