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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Bücherschau
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1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

96

Bücherschau.

Die Möglichkeit der Kritik neuer Kunst-
schöpfungen und der Zeitgeschmack von
Theodor Alt. Anhang: Die Ästhetik Albrecht
Dürers. Mannheim (Xemnich) 1910.
Das unscheinbare Büchlein verdient Beachtung.
Alt ist nicht gerade der Erste, der besonnen die
Bremse anzieht in der schnellen Fahrt heutiger Kunst-
kritik. Er ist ruhig, kümmert sich nicht um Schreier,
geht den stillen, schweigsamen Pfad des denkenden
Philosophen, ohne Herz und Auge zu verlieren für
seine Zeit. Seine Besonnenheit möchte man an die
Stelle der suggestiven Arbeit zahlloser moderner Kunst-
kritiker setzen, die den gleich totschlagen, der nicht
„aus dem Bau heraus" und alles unterschreiben will,
was das „Genie" an Kunstprodukten in die Welt
setzt. Wären's nur immer Genies! Wir haben uns
alle künstlich einstellen lassen auf klingende Schlag-
wörter, „Linie", „Raumgefühl", „Masse", „Monumen-
talität" u. s. f., und baut einer von der Liste der Aus-
erkorenen einen neuen Stuhl mit neuer Lehne, so
hängen wir ihm den Wodansmantel des „Schöpfers"
um. Ruhig Blut! Die moderne Kunstkritik wird
niemals der gesunden Philosophie, der vernünftigen
Ästhetik, das Genick brechen, in Cafes bei Zigaretten-
rauch und Simplicissimus wird die Zeitkunst nicht
geschaffen und auch nicht in die Geschichte ein-
getragen werden, pinselnde Malweibchen und tee-
schlürfende Besucher ihres Ateliers werden uns keine
Kunst von Dauer geben. Warum soll das nicht
gesagt werden, selbst auf die Gefahr hin, daß die
Erleuchteten über uns Banausen zur Tagesordnung
übergehen! Am Schlüsse des lustig zu lesenden
ernsten Büchleins von Alt setzt der gute Albr.
Dürer in seiner Kammer sich zu Tisch und hält uns
eine Vorlesung, und je länger wir ihm zuhören, desto
mehr überzeugen wir uns davon, daß er unser Helfer
im Streit ist, daß, wenn wir seine Werke zu recht
bestehen lassen, auch die alte Ästhetik noch existenz-
berechtigt ist, welche seichte Kunstkritiker von heute
aus dem Hause warfen, weil - sie von der Philosophie
die Anfangsgründe nicht einmal verstanden: Die Logik.
A'ts Buch aber hat noch Geist! Nichts für ungut!

Witte.

Beschreibung römischer Altertümer, ge-
sammelt von Carl Anton Niessen, briti-
schem Konsul in Köln a. Rh. 3. Bearbeit. 1 Bd.
Text, 1 Bd. Tafeln. Köln 1911.
Niessen gehört zu den seltenen Privatsammlern,
die mit ausgeprägtem Zielbewußtsein und umfassendem
Verständnis an ihre Aufgabe herantreten. Sie ziehen
sich solche Grenzen, die ein vollständiges Überblicken
des Arbeitsfeldes gestatten, und deshalb sind ihre
Sammlungen zumeist so lückenlos. Das gibt der
Sammlung Niessen ihren großen Wert: Sie illustriert
als größte Pnvatsammlung ihrer Art in Deutschland das
Werden und Wirken römischen Kunsthandwerkes in
allen seinen Zweigen, sie malt uns zugleich ein Sitten-
und Kulturbild jener Frühzeit rheinischen Lebens, in
der die Germanen beiderseits des Rheines auf sich selbst
sich zu besinnen begannen und zu einem unabhängigen
Volk mit einer für seine Verhältnisse umgearbeiteten

fremdländischen Kunst und Kultur sich durchrangen.
Loeschke (Bonn), der mit Dr. Willers die Katalogisie-
rung vornahm, bürgt mit seinem Namen für die
Sauberkeit der wissenschaftlichen Arbeit; Konsul
Niessen selbst bearbeitete die reiche Münzsammlung.
Zweck- und sinnentsprechend ist die Einteilung nach
dem Material vorgenommen. Die Beschreibung ist
genügend genau, Fundort und Jahr sind wennmöglich an-
gegeben, und etwaige Veröffentlichungen notiert. Der
starke Illustrationsband bietet neben photographischen
Aufnahmen zumeist solche in Federzeichnung, augen-
scheinlich mit der wünschenswerten Akribie, wo es
nötig erschien mit Grundriß und Schnitt. Die Farben-
tafeln, sowie auch einzelne der zeichnerischen Re-
produktionen könnten vielfach besser sein, die ersteren
wirken zum Teil entstellend und unschön. Auch für
die christliche Archäologie fällt einiges ab; besonders
interessant ist die schöne Glasschale mit der Dar-
stellung des Sündenfalles, die ihresgleichen sucht.
Konsul Niessen setzte sich mit seinem Katalog ein
glänzendes Denkmal. Witte.

ü. Hoßfeld, Stadt- und Landkirchen Mit
Anhang: Kirchenausstattung. Dritte Auf-
lage. — Ernst & Sohn in Berlin 1911. (Pr 9 M)
Das hier XVIII 255 warm empfohlene, ungemein
praktische Buch hat seinen Weg sehr schnell gemacht:
die dritte Auflage und die dreifache Verstärkung hat
es erreicht, erklärlich namentlich durch den Umstand,
daß es aus der fortdauernden Praxis herausgewachsen
ist, die den Hauptgrund seiner Vorzüge bildet. — Diese
waren in dem Referat über die I. Auflage, namentlich
über deren ersten, mehr allgemeinen und grund-
sätzlichen Teil mit seinen zahlreichen Direktiven hervor-
gehoben werden. Dali die letzteren, in die neue Auf-
lage herübergenommenen, insoweit sie sich namentlich
auf die Einpassung in die Landschaft, auf die lokale Tradi-
tion, auf das heimische Baumaterial usw. beziehen, jetzt
eigentlich nicht mehrso stark betont zu werden brauchten,
darf, ja. muß zum großen Teil mit auf das Verdienst-
konto des Verfassers gesetzt werden, der, was er amt-
lich vorschrieb, privatim weithin auch da lehrte, wo-
hin sein persönlicher Einfluß nicht drang. — Die
evangelischen Kirchenbauten nehmen 110 Seiten
in Anspruch mit 160 Abbildungen, die katholischen
38 Seiten mit 56 Abbildungen, bei denen es an den
Grundrissen, Ansichten, Schnitten, Decken nicht fehlt.
— Der Kirchenausstattung ist ein Anhang von
107 Seiten mit 132 Abbildungen gewidmet, die viele
gute Anweisungen und Vorlagen bieten in den ver-
schiedenen herkömmlichen Stilarten, aber in selbständiger
Bearbeitung und ohne irgendwie den Rahmen des
Ernsten und Dezenten zu überschreiten. — Überall
gibt sich der gereifte Meister kund, der den altin
Apparat vollkommen kennt, ihm in nie versagender
Objektivität die bewährten Motive entnimmt, um sie
den Bedürfnissen der Neuzeit anzupassen, zu direkter
Verwendung in den vorliegenden Fällen, wie zum Weg-
weiser für diejenigen, die ähnliche Aufgaben zu lösen
haben, als Baumeister, wie als Bildhauer, denn diese
kommen für die Ausstattung hauptsächlich in Frage.

Schnütffon.
 
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