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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Humann, Georg: Neuzeitliche Kunstbestrebungen, [2]
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0046

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1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.

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schiedener Weise dargestellt, aber in einer
Hinsicht meistens in der allein berech-
tigten Weise, d. h. den Leichnam vom
langen Fasten abgemagert und mit den
Spurendes vorausgegangenen Leidens4).

(Schluß folgt.)
Aachen. Georg Humann.

*) In schroffem Gegensatze zu neuzeitlichen Werken
genannter Art sieht man jetzt in unzähligen Kirchen
ein Bild, welches das Schönheitsgefühl verletzt. Es
ist die bekannte Wiedergabe der Madonna mit dem
Jesusknaben in der Alfonskirche zu Rom. Die starke
Stilisierung, d. h. die schematische Behandlung des

Faltenwurfes in Gruppen gerader Parallelstriche, die
Kronen, welche den Eindruck auf den Hinterköpfen
angebrachter Diademe hervorrufen, die steifen Hände
u. m. a. könnte man sich gefallen lassen, (die Stili-
sierung gibt sogar dem Bilde etwas Feierliches), wenn
nicht der Jesusknabe durch einen für ein Kind viel
zu kleinen Kopf und unnatürlich lange Beine abstoßend
wirken würde. Christus war doch nicht mißgestaltet!
Man möge daher die Frage gestatten, ob nicht bei
aller Pietät für das berühmte Gnadenbild eine kleine
Abweichung in bezug auf die genannten Körperver-
hältnisse bei Wiedergaben zulässig sei? Das Bild
würde dann zwar keine sklavisch-genaue Wiedergabe
bilden, aber da es doch als Andachtsbild dienen soll,
wohl mehr zur Andacht stimmen als bisher.

Bücherschau.

O. Doering, Deutschlands mittelalterliche
Kunstdenkmäler als Geschichtsquelle.
Hiersemanns Handbücher Bd. VII. Leipzig 1910.
Geb. M. 12.-.
Ein Kunsthistoriker von Ruf und Erfahrung stellt
hier erstmals den Historikern die Früchte einer Lebens-
arbeit zur Nutznießung zur Verfügung. Wenn unter
den „Handbüchern" eines diesen Namen verdient,
dann die Arbeit Doerings; sie ist nach Inhalt und An-
lage ein Nachschlagebuch zugleich und Führer durch
das weitschichtige Material von den Karolingern bis
1500. Das Buch teilt sich in drei Abschnitte: Bau-
kunst, Malerei und Bildhauerei, angewandte Kunst,
Heraldik und Epigraphik. Ungemein wertvoll wird
der Text dadurch, daß in Form von Registern das
gesamte Material unter gewissen Gesichtspunkten ge-
ordnet zusammengestellt ist zur leichteren Orientierung.
Dabei greift Doering in das Gebiet des Ikonographen
über, und da zeigt es sich, wie schwer es ist, die
richtigen Grenzen zu finden. In etwa unterschätzt
Doering die Bedeutung der Trachten auf den Denk-
mälern, wenn er sie so wenig zu Worte kommen läßt.
Nicht als wenn ich eine Trachtenkunde von ihm ver-
langen wollte; immerhin ist das Auftreten gewisser
Kleidungs- bzw. Ornatstücke von größter Bedeutung
für die Festlegung eines Status a quo wie ad quem.
Dieselbe Schwierigkeit der Grenzabsteckung macht sich
fühlbar im Anhang, in dem Doering einen Heiligen-
kalender gibt, der die bedeutsamsten mittelalterlichen
Kirchenpatrone usf. umfaßt und eine prächtige Zu-
sammenstellung der wichtigsten Daten bietet. Dabei
hätten die Translationen als besonders wichtig mehr
berücksichtigt werden können. Eine enorme Arbeit I
steckt in den Registern der klösterlichen Niederlassungen
und Orden, die kein Werk so übersichtlich, so richtig
und reichhaltig zugleich enthält. Überhaupt erweist
Doering sich als sorgfältigen Historiker, der seine
Quellen wohl abwägt und ihnen in ihrer Zuverlässigkeit
den Platz anweist, der ihnen zukommt. Das ist Doering
sicherlich von großem Nutzen gewesen, daß er einmal
als Konservator der Kunstdenkmäler in einem so er-
innerungsreichen Lande wie Sachsen den Kunstgegen-

ständen so nahe getreten, das ließ ihn auchschnell und
sicher entscheiden bei der Auswahl dessen, was für sein
Buch in Frage kommen mußte. Große Kenntnis des
weitzerstreuten und vielseitigen Materials kam hinzu
und ermöglichte die wertwollen Anlagen zu den einzel-
nen Abschnitten, die neben den bereits erwähnten
folgende Abteilungen aufweisen: Kirchenbauten ver-
schiedener Bestimmung, verschiedener Anlage, ver-
schiedener Ordensgenossenschaften, Burgen und Burgen-
kirchen, Stadtbefestigungen, Rathäuser, Rolande, Wohn-
häuser von historischer Bedeutung. Bildnisplastik, Grab-
denkmäler. Gute Illustrationen begleiten den ungewöhn-
lich lehrreichen Text. Doerings Werk wird in viele
Hände kommen und allen, die es benutzen, ein pein-
licher und erfolgreicher Lehrer sein. Für den Historiker
wie den Kunstforscher ist es gleich unentbehrlich. Ich
wüßte nicht, welchem der in den letzten Jahren er-
schienenen Handbücher ich eher den Vorzug geben
würde als dem Doerings. Fritz Witte

Altfränkische Bilder mit erläuterndem Text von
Theoder Henner. — Stürtz in Würzburg 1911.
(Preis 1 M.)
Dieser XVII.Jahrgang bringt wiederum sehr
schätzenswerte gut illustrierte Beiträge zur Heimatkunst:
Kirchen, Schlösser, Privathäuser, Gitter, Bildstöcke,
Epitaphien, Metallgefäße des XVI. bis XVHI. Jahrh.,
wie sie sich namentlich in Bildhausen, Würzburg,
Volkach, Triefenstein, Neustadt, Mellrichstadt erhalten
haben, als minder bekannte und doch wichtige Denk-
mäler, deren geschichtliche, kunst- und kulturhistorische
Bedeutung in sehr anregender Weise hervorgehoben
wird. — Der Umschlag bildet auch hier wieder den
Glanz der Illustration, bestehend in farbiger Nach-
bildung einer figurenreichen Kreuzigungsszene und des
Wappens vom Kardinal Albrecht von Brandenburg,
die dieser berühmte Mäzen l,r>31 wahrscheinlich durch
Niklas Glockendon ausführen ließ, nebst vielen anderen
Miniaturen, die der Bibliothek seiner Residenz und
Grabstätte Aschaffenburg einen besonderen Wert ver-
leihen, a.
 
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