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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Schmid, Andreas: Osterkerze und Osterleuchter
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0113

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189

1911. - ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6-

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jedem Meßopfer in den Kelch gegossen wird
und nach Irenäus die Gottheit Christi sym-
bolisiert. Wäre das praeconium eine Bene-
diktion, so müßte es von einem Priester vor-
genommen werden und nicht von einem
Diakon, welcher als Engel den Frauen am
Grabe die Auferstehung verkündete.

7. Faßt man ins Auge, daß die hl. Taufe
das erste hl. Sakrament ist und in den ersten
Jahrhunderten den Katechumenen und Neo-
phyten so tief eingeprägt wurde durch Kate-
chesen und Zeremonien, und daß noch jetzt
die römische Liturgie vom Sonntag Septua-
gesima an bis Pfingsten einschließlich in
ihren Temperaloffizien auf die Täuflinge
Rücksicht nimmt, so verrät sich in Form und
Handhabung der Osterkerze eine gewisse
Gleichgültigkeit gegen die Taufe. Ein Ent-
schuldigungsgrund mag darin gelegen sein,
daß in den ersten Jahrhunderten Erwachsene
zur Taufe geführt wurden, während jetzt
Kinder dieses Sakrament empfangen und
später kaum mehr daran denken, welche
Gnade sie in der Taufe erhielten. Sei dem,
wie ihm wolle; mehr Ehre und Schmuck
dürfte der Osterkerze und ihrem Ständer
gezollt werden, als gemeiniglich geschieht.
Von diesem Gedanken war der hochverdiente

Prälat Dr. Schwarz durchdrungen, als er im
Archiv für die Diözese Rottenburg 1884 und
1885 Musterzeichnungen für gegossene roma-
nische und gotische Osterleuchter gab und
praktische Ratschläge für billigen Bezug bei-
fügte. Ob es seither viel besser geworden
ist, dürfte bezweifelt werden.

8. Ein Hauptmittel zur höheren Ein-
schätzung der Osterkerze und ihres Leuchters
dürfte eine Predigt sein, in welcher etwa fol-
gende Skizze ausgeführt werden möge:

Thema. Die Osterkerze ist ein Sinnbild
i Christi des Auferstandenen.

I. Teil. Sie lehrt, daß Christus Mensch
ist (gebleichtes Wachs) und Gott (Licht).

IL Teil. Lehrt, was er zur Erlösung
getan hat (Säule, 5 Öffnungen) und noch
tut (Weihrauchkörner, himmlisches Opfer,
Meßopfer).

Schluß. Gebrauch der Kerze in Messe,
Taufspendung, Wettersegen.

Weil die Osterkerze eine weltumfassende
Predigt ist, soll sie auf der Evangelien-
seite des Chores aufgestellt werden. Caer.
ep. IL 27 n. 1. S. R. S. II. Jan. 1845 ad 2
n. 2890.

München. J Andreas Schmid.

Bücherschau.

Einführung in die Kunstgeschichte, von Franz
Naegle. Dritte, neubearbeiiete Auflage mit 251
Abbildungen. Blaesmg in Erlangen 1910. Preis in
Leinwandband M. 2,80.
Dieses kurze Lehrbuch der Kunstgeschichte lohnt
den ungewöhnlichen Zuspruch, dessen es sich trotz der
zahllosen Konkurrenzbücher zu erfreuen hat, durch
ständige Erweiterungen und Verbesserungen. Diese
bestehen nicht nur in der außerordentlichen Vermehrung
des gut ausgewählten und ausgeführten lllustrations-
materials, das in der III. Auflage auf 251 Nummern
angewachsen ist, sondern auch in der überall sich
geltend machenden Einstellung der duicb die neuesten
Kunstforschungen gewonnenen Ergebnisse sowie na-
mentlich durch die immer stäiker hervortretende Be-
tonung des Persönlichen in den Künstlerleistungen, in
der Intention des Künstlers und der ihr entsprechenden
Eigenart des Kunstwerkes, wodurch die ganze Dar-
legung an Frische und Lebhaftigkeit sehr gewinnt.
Die Einteilung in die Kunst des Altertums mit der
besonderen Gruppe der Kunst in Italien, die Be-
schreibung der Kunst des Mittelalters auf Seite 39—63,
(ue Ausdehnung der Kunst dir Neuzeit und des
XlX.Jahrh auf SO Seiten, sowie die starke Hervor-
hebung ilei Kunst in München, der ühern wie der

neuen, erscheinen als besondere Eigentümlichkeiten, die
manchem vielleicht willkommen sind. Der Preis
des sehr ansehnlichen und handlichen Buches ist äußerst
mißig. Schnütgen.

Fr. J. J. Berthier, O. P. L'eglise de sainte
Sabine ä Rome. 1910 Roma, M. Bretschneider.
Es ist wahrhaftig wahr, was der selige Plinius sagte,
das Wort, das der Verfasser an die Spilze seines
Buches setzt: Res ardua est . . . novis dare aueto-
ritatem . . . obscuris lucem . . . Das ist vor allem
wahr, wenn ein Schriftsteller auf das tiefgründige Ge-
biet der Architektur- wie der Kunstgeschichte über-
haupt sich begibt. Was ich seinerzeit bei Berthiers
Buch über Maria sopra Minerva dem Leser zwischen
den Zeilen zu lesen aufgab, das muß ich heute offen
aussprechen: Berthier fehlt jedwedes Rüstzeug zum
Kunsthistoriker, wie vielleicht zum Historiker über-
haupt; mögen seine Einzelabschnitte noch so flüssig
geschrieben sein, er ist Rhetoriker, ist vielleicht ein
ganz annehmbarer Erbauungsschriftsteller, aber die
historische Methode i*.t ihm ein fremdes Ding. So
war mir sein Buch eine ganz passabele Unterhaltungs-
lektüre in der Sommerfrische, da es nicht sonderlich
hohe Ansprüche an die Kritik stellte, zumal der Löwen-
 
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