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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Tepe, Alfred: Malerisch, [2]: Eine entwicklungsgeschichtliche Kunststudie
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Georg, Johann: Die liturgische Rolle im großen griechischen Kloster zu Jerusalem
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0208

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369

1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

370

Noch weniger wie die Bau- nahmen die
Malerakademien vom Mittelalter Notiz. Erstere
haben den Zeitanforderungen allmählich nach-
gegeben. Neue Fächer sind ein- und neue
Professoren angestellt. Die Kölner Meister
aber, die van Eycks, Dürer und Holbein und
was zwischen ihnen lag, mochten nach Ansicht
der Maldirektoren und Malprofessoren einen
Platz in Museumsälen und Mappen erhalten,
für sie und ihre Schüler waren sie nicht vor-
handen.

Und so war die Gotik in bezug auf ihr
Malereibedürfnis übel daran. Das Rezept
ihrer Parteigänger, Ausbildung in der Werk-
statt und durch Privatstudium, war kaum
anwendbar für die ersehnten Kirchenschmücker.
Der Baumeister und Bildhauer fand im Kölner
Dom seine Basis und seinen Ausgangspunkt.
Das Land war überdeckt mit Stadt- und Dorf-
kirchen, die er um den rechten Weg befragen,
die ihm das erwünschte Ziel anweisen konnten.
Aber wie spärlich waren die damals bekannten
Vorbilder für den Dekorations-, den Wand-
und Glasmaler. Wieviele mißlungene Ver-
suche sind da zu verzeichnen. In der Poly-
chromie ließ sich mit der Schablone und ein
bischen Talent schon etwas machen. Blumen,

Ranken, Teppichmuster gelangen erträglich.
Aber beim Figürlichen versagte der Selbst-
unterricht vollständig. Wurde nun der aka-
demische Menschenmaler zu Hilfe gerufen,
so paßte seine an und für sich schätzbare
Arbeit so wenig zum Ganzen, daß zuletzt
gelassen das große Wort ausgesprochen werden
mußte: Die Malkundigen verstehen nichts vom
Stil und die Stilverständigen können nicht
malen!

Wohl hat es starke Talente gegeben, die
aller Schwierigkeiten Herr geworden sind,
aber Ausnahmen stoßen die Regel nicht um.

Unsere Innenansichten zeigen das Zu-
sammenwirken der verschiedenen Kunst- und
Handwerkskräfte, wie es dieSt.-Bernulfus-Gilde
in Utrecht erstrebt. Architekt, Bildhauer,
Glasmaler, Goldschmied wandten sich selb-
ständig, aber einträchtig, dem gemeinsamen
Ziele zu. Auch in der Dekorationsmalerei ist
hie und da Tüchtiges geleistet. Aber der
eigentliche Wand- und Tafelmaler hat dem
Bunde gefehlt.

Wie die beiden Königskinder „konnten sie
zusammen nicht kommen"; zu beiderseitigem
Schaden!

Düsseldorf. Alfred Tepe.

Die liturgische Rolle im großen griechischen Kloster zu Jerusalem.

(Mit 4 Abbildungen.)

iff^BS^l benso w'e es bei uns im Abend-
fcäHHH lande, besonders in Italien, soge-
nannte Exsultetrollen gegeben hat,
i findet man im Bereich der orien-
talischen Kirchengemeinschaften liturgische
Rollen, d. h. solche, auf denen die ganze
Liturgie verzeichnet ist. Sie sind zum Teil,
z. B. am Athos, noch im XVII. Jahrhundert
in Gebrauch gewesen. In der großen Lawra
dort sind eine ganze Reihe in der Bibliothek
erhalten. Nur eine, die etwa aus der Zeit
des X. bis XII. Jahrhunderts stammt, ist mit
Miniaturen, und zwar auf beiden Seiten, ge-
schmückt. Der griechische Patriarch von Kon-
stantinopel erzählte mir 1905, er habe sie ver-
öffentlichen wollen, die Mönche hätten es
ihm aber nicht erlaubt. Eine zweite, eben-
falls mit Miniaturen geschmückte, befindet
sich, wie mir Professor Wulff mitteilte, im
Besitze des Russischen Archäologischen Instituts
in Konstantinopel.

Als dritte gesellt sich eine, die sich in der
Bibliothek des griechischen Klosters in Jeru-
salem befindet. So viel ich weiß, bin ich der
erste, dem es gestattet worden ist, dieselbe
aufzunehmen. Sie dürfte wohl etwa dem
XI. Jahrhundeit entstammen. Ob sie in Jeru-
salem selbst gemalt worden ist, dürfte schwer
zu entscheiden sein. Doch ist dies sehr wahr-
scheinlich, da manche Ornamente wohl auf
syrische Muster zurückgehen dürften. Jedenfalls
ist sie durch ihre feinen Miniaturen der Beach-
tung jedes Kunstfreundes wert.

Der Anfang ist ganz besonders schön
(siehe Abb. 1). Christus sitzt auf einem ver-
hältnismäßig niedrigen Throne. Die Füße
ruhen auf dem üblichen Schemel. Die Rechte
hat er segnend erhoben. Umgeben ist er
von einem feinen Ornamente, wie es sich
ähnlich oft am Anfange byzantinischer Hand-
schriften findet. Über diesem stehen fünf
Heilige in Bögen. Dieses dürfte sehr an
 
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