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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Podlacha, Ladislaus: Abendländische Einflüsse in den Wandmalereien der griechisch-orientalischen Kirchen in der Bukowina, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0142

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243

1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 8.

244

Abendländische Einflüsse
in den Wandmalereien der griechisch-orientalischen Kirchen in der Bukowina.

(Mit 16 Abbildungen.)

mit voller Sicherheit in der Darstellung den

II.

Änderungen in der Ikonographie.

ich diesen allgemeinen Erörterun-
gen , die unentbehrlich für das
Verständnis des gegenseitigen
Verhältnisses der westeuropäischen
und byzantinischen Kunst des XVI. und
XVII. Jahrh. waren, können wir jetzt zur
Besprechung der einzelnen Erscheinungen
dieses Verhältnisses auf dem Boden der
Bukowina übergehen. Belehrend in dieser
Hinsicht ist zunächst die Zusammenstellung
von analogen Themen und ihre Prüfung in
bezug auf die Ikonographie des Abendlandes
und auf die Ikonographie der früheren
byzantinischen Zeit, wie auch in bezug auf
die betreffende Textstelle, zu welcher das
Bild als Illustration dient. Es möge hier die
Durchführung der ikonographischen Analyse
unter diesem Gesichtspunkte an einigen Bei-
spielen erfolgen, worauf eine kurze Betrachtung
über den Stil und die Ausführungsweise der
Malereien noch hinzuzufügen wäre. Nur die
wichtigsten Sujets müssen hier berücksichtigt
werden, zu diesen zählen wir nun solche Dar-
stellungen wie Lamm Gottes, der wachende
Emmanuel, das hl. Abendmahl, die Leidens-
szenen Christi, die Krönung Maria, Christus
im Grabe und einige andere, denen die
fremden Einflüsse am deutlichsten ihren
Stempel aufgedrückt haben.

Das Lamm Gottes wird manchmal —
so in Watra-Moldawitza und Kloster-Homora
— als wirkliches Lamm und nicht als nacktes
Christuskind aufgefaßt. Die erstere Auffassung
ist dem Abendlande eigentümlich, die letztere
herrscht in der byzantinischen Kunst und
stellt uns ein auf dem Diskos (Hostienschale)
liegendes totes Kind dar. Außerdem ist das
Kind mit einem Tuche überdeckt, die Augen
geschlossen, die rechteSeite des Körpers blutend.
In solcher Gestalt kommt das Lamm Gottes
in der Hauptapsis der Kirche zu Woronetz,
Suczawitza und Suczawa (Georgskirche) vor.
Das wirkliche Lamm dagegen ist ähnlich dem-
jenigen in den abendländischen Darstellungen
behandelt, demnach sieht man neben dem
Lamme auch eine Siegesfahne, labarum; um
den Kopf ist ein Nimbus gemalt, der uns

Erlöser selbst erkennen läßt. Es ist zu be-
achten , daß die trullanische Synode im
Jahre 692 die Lammesbilder verboten und
außerdem bestimmt hatte, daß künftighin an
die Stelle eines Lammes die menschliche Figur
Christi treten solle1). In der byzantinischen
Kunst, welche strenger ist als die abend-
ländische, sieht man in Wirklichkeit das Motiv
des Lammes verdrängt, in der abendländischen
dagegen kommt es nicht außer Brauch und
erhält sich in modifizierter Form die nächst-
folgenden Jahrhunderte hindurch. Demgemäß
wird man nicht fehlgehen, wenn man in
dem Auftauchen des Lammesmotivs in den
Bukowiner Malereien des XVI. und XVII.
Jahrh. den direkten abendländischen Einfluß
vermutet.

Der wachende Emmanuel, ein typisch
byzantinisches Thema, wird oft bei Beibe-
haltung des griechischen Grundgedankens nach
abendländischen Mustern komponiert. Wenn
in dem bekannten Bilde im Protaton zu
Karyais Christus noch ohne begleitende Per-
sonen gedacht ist2), sieht man in Philolheu
auf dem Athos außer dem göttlichen Kinde
schon Maria und zwei Engel in das Bild ein-
geführt3). Aber noch merkwürdiger muß die
Anbetung des Kindes erscheinen, denn sowohl
Maria als beide Engel knien vor ihm voll
Ehrfurcht — ein Nachklang der in der italieni-
schen Frührenaissance so häufigen Anbetung
des Christuskindes. Noch mehr tritt dieser
nachahmende Charakter der Szene in dem
Bilde der Klosterkirche zu Dochiariu vom
Jahre 1568 auf, wo Maria von dem schlafenden
Kinde den Schleier sorglich aufhebt ■•), offenbar
eine Kopie nach einem Madonnabilde in

x) v. Hefelc K.J., »Konziliengeschichte«, 2. Aufl.
(Freiburg i. Br. 1873 f.), Bd. III S. 340, Artikel 82.

*) Kondakow, »Die Denkmäler der christlichen
Kunst auf dem Athos« S. 62—63, mit einer Abbildung,
angefertigt nach der in der Sammlung des Staatsrats
Peter von Sewastianow zu St. Petersburg befindlichen
Pause.

3) Didrons Anmerkurgen in dem »Handbuch
der Malerei« S. 161, 401. Die Malereien stammen
aus dem XVIII. Jahrhundert, s. Pokrowski, »Die
Wandmalereien« w.o. S. 236 —237.

4) Brockhaus, »Die Kunst in den Athos-K lüstern
S. 111.
 
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