Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

DOI Artikel:
Schnütgen, Alexander; Gabriel, Heinrich; Mündelein, Franz: Die aus dem alten Kloster-Ökonomiegebäude durch Umbau entstandene Kirche zu Listernohl
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0141

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
241

1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

242

Die beiden mächtigen Standfiguren der
hh. Petrus und Paulus machen auf den schweren
Barockkonsolen gerade an dieser Schräge des
Triumphbogens einen imposanten Eindruck.

Die beiden Seitenaltäre (Abb. 8), etwas
späteren Ursprungs, wie der Hochaltar, aber
mit gleichartigen Antependien, erscheinen für
diese Stellen besonders geeignet. Die Ge-
mälde der Gottesmutter mit dem Kinde auf
der Evangelien-, — der hl. Mutter Anna mit
der betenden Maria auf der Epistelseite ge-
hören nicht zur ursprünglichen Ausstattung,
sind vielmehr um 1860 eingefügt als Arbeiten
(Kopien) des Kölner Malers Fritz Baudri.

Die Kommunionbank aus dem Ende
des XVIII. Jahrb., nahezu die ganze Breite
der Kirche einnehmend, mit Flügeltüren in
der Mitte, bildet mit ihren feinprofilierten
Füllungen einen gefälligen Chorabschluß. Noch
zierlicher erscheint die in der Wand befestigte
sechsseitige Kanzel mit ihrem voluten-
getragenen Aufsatz und ihrer in einer großen
vergoldeten Traube endigenden Konsole.

Diebeiden Beichtstühle (Abb. 9) aus der
Spätzeit des Barocks haben mächtige frei-
stehende Giebelaufsätze mit den Reliefbrust-
bildern des hh. Paulus und Jakobus Major. —
Die Bänke zwischen ihnen, in Pitchpineholz
gut ausgeführt, erreichen nicht die Wirkung
des alten Eichengestühls in Lichtringhausen
(vgl. XXIV p. 52), und stören einigermaßen die
farbliche Stimmung. — Über dem Mittelgange
schweben von dem Gewölbe herunter die
alte Ampel und die beiden Kronleuchter.

Die auf prächtigen Barockkonsolen an den
Wänden des Langhauses aufgestellten bemalten
Heiligenfiguren von 1 bis2w Höhe gehören
dem XVII. u. XVIII. Jahrh. an und bilden
einen hervorragenden Schmuck des Gottes-
hauses, redende Gestalten für jung und alt.
Sie finden ihren Schluß unter der Empore, wo
die großen Reliquienbüsten von St. Martin und
St. Barbara einen feierlichen Eindruck machen.

Diese Empore (Abb. 9) von 3,50 m Aus-
ladung mit eiserner Wendeltreppe, auf zwei
Holzpfeilern stehend, trägt hinter der, genau
wie die Kanzel behandelten feinen Brüstung
den Barock-Orgelkas ten, den Orgelbau-
meister Seifert mit zum Teil neuem Gebläse ver-
sehen hat, ein durch seine Gestalt und Stellung
vorzüglich wirkendes Möbel aus Eichenholz. —
Über dem ovalen alten T au fs t e in (aus Wahn)

steht die Statue des Täufers und hängt an der
Wand das Wappen des hochseligen Bischofs
Schneider als des Konsekrators der Kirche.

In der Vorhalle mit dem Kreuzweg
ladet die kleine Pietä-Figur die Eintretenden
zurbeüebten Schmerzensmutter-Andacht ein. —
An der Außenseite der Kirche steht hoch
zwischen den beiden Türen eine Ton-Madonna;
an der Längswand der Sakristei, unter einem
schlanken Holz-Baldachin, eine Kreuzigungs-
gruppe (Abb. 7) aus Stein, deren Seiten-
figuren der Barockzeit entstammen, deren Kru-
zifixus vom Bildhauer Schmitz gefertigt wurde;
eine imposante Anlage mit alter Kniebank.

So wirkt wie innerhalb der Kirche, dank zum
Teil der vorzüglichen Bemalung durch Rosen-
thal, so außerhalb alles einheitlich zusammen,
bei dem Besucher den Eindruck weckend, daß
es sich um ein altes Barock-Bauwerk handle,
dem die ursprüngliche Ausstattung erhalten ge-
blieben sei. — Und dieser Eindruck hat den
Vorzug, nicht nur den Kunstverständigen zu
fesseln, sondern jeden Andächtigen, zumal
aus der Gemeinde, der ihr Heiligtum schnell
ans Herz gewachsen ist, als ungemein fleißig
besuchte Andachtsstätte.

Der Kirche entspricht der ein Morgen große
Friedhof, den eine aus rotem und gelblichem
wetterfesten Sandstein gebaute 5 m lange, 3,5 m
breite und 5 m hohe Kapelle schmückt mit
Bleidach und bleigedecktem Türmchen. Über
dem Eingange deutet die Inschrift: SEPVL-
CRETVM ■ ST ■ ALEXANDRO ■ P- DICA-
TVM an, daß die Gruft unter dem 2,20/«
breiten Altar, mit dem farbenprächtigen, von
Schneiders & Schmolz ausgeführten, Auf-
erstehungs-Glasgemälde, für den Stifter be-
stimmt ist. In den beiden Innennischen stehen
die Figuren der Maria dolorosa und des
hl. Rochus. — Hinter der Kapelle verzieit
die obere Seite bereits ein Dutzend großer eigen-
artiger in Barockformen gehaltener Steinkreuze,
welche die Familiengrabstätten bezeichnen.
Ein mächtig aufragendes Holzkreuz in der
Mitte bildet mit den beiden hölzernen Toren
eine Ergänzung zu der einfachen aber male-
rischen Anlage und Ausstattung des auf der
halben Berghöhe gelegenen Friedhofes, der
weithin eine prachtvolle Aussicht bietet über
mehrere Bergketten hinüber bis in die Gegend
von Helden und Bilstein.

Köln. Schnütgen.
 
Annotationen