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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Georg, Johann: Kunstschätze im Sinaikloster, [2]
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Georg, Johann: Beiträge zur Kenntnis der Hl. Grabeskirche in Jerusalem
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0073

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113

1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

114

(siehe Abb. 3 bis 6). Matthäus, ein alter Mann
mit kurzem Barte, halt sein Evangelium mit
beiden Händen so, daß es etwas nach rechts
geneigt ist. Markus ist mit dunklen Haaren dar-
gestellt. Auch er hält das Buch mit beiden
Händen so, daß es nach links geneigt ist. Lukas
hat einen ausgesprochen römischen Typus. Er
hält das Buch nur mit der linken Hand; die
rechte ist etwas erhoben. Johannes ist, wie
immer im Orient, als alter Mann dargestellt.
Er hat das Buch in der linken Hand und
segnet mit der rechten. Diese sieben Minia-
turen erscheinen mir sehr großzügig in der
Ausführung und gemahnen noch an die antike
Kunst. Als Vermutung möchte ich aussprechen,
daß sie aus Konstantinopel stammen, und daß
das Evangeliar das Geschenk eines Kaisers war.
Ich füge hier noch zwei Aufnahmen bei, die
ich von dem Einbandkasten eines Evangeliars
des XI. Jahrh. aufgenommen habe. Er ist in
Goldblech sehr fein ausgeführt. Die Vorder-
seite (siehe Abb. 7) zeigt die Kreuzigung in
der üblichen Darstellung. Christus ist nur mit
dem Lendentuch bekleidet. Die Dornenkrone
fehlt. Die Füße ruhen, wie immer in der
orientalischen Kunst, auf dem Suppedaneum.
Die Inschrift ist etwas breiter als das Kreuz.
Maria hat die Hände klagend erhoben.
Johannes lehnt sein Gesicht auf die rechte

Hand; die linke stützt diese. Auf der oberen
Schnittfläche (ebenfalls Abb. 7) erkennt man
Maria als Orans, das Kind vor der Brust, also
die sogenannte Platytera. Zu ihren beiden
Seiten sind Moses und die hl. Katharina dar-
gestellt. Das spricht dafür, daß dieses Evan-
geliar oder wenigstens der Kasten für das
Kloster angefertigt worden ist. Die seitliche
Schnittfläche weist in runden Reliefs die vier
Evangelisten auf. Sie sitzen vor Schreibpulten,
auf denen man die Evangelien erkennt. Drei
sind anscheinend an der Arbeit. Johannes
ruht sich aus. Die dritte Schnittfläche ent-
hält eine griechische Inschrift. Leider habe
ich es übersehen, davon eine Aufnahme oder
einen Abklatsch zu machen. Die Rückenfläche
enthält keine besondere Darstellung. Auf der
Rückseite ist die Höllenfahrt Christi dargestellt
(siehe Abb. 8). In der griechischen Kunst
wird diese Darstellung Anastasis genannt. Sie
weist hier alle typischen Züge auf. Christus
zertritt die Pforten der Hölle und reicht Adam
die Hand.

Diese Reliefs sind gute Werke der Gold-
schmiedekunst jener Zeit, wenn man sie auch
nicht gerade als erstklassige bezeichnen könnte.
Als Ort der Entstehung vermute ich auch hier
Konstantinopel.

Johann Georg, Herzog zu Sachsen.

Beiträge zur Kenntnis der Hl. Grabeskirche in Jerusalem.

(Mit 9 Abbildungen.)

0JHT2I eber cue Grabeskirche ist in alter
Wal Und neuer Zeit von berufener und
fjlJMn unberufener Seite soviel geschrieben
■I worden, daß es fast unmöglich er-
scheinen könnte, noch etwas Neues zu bringen.
Und doch glaube ich, daß mir dieses gelungen
ist, wenn auch nur in bescheidenem Maße.

1. Miniatur aus dem Salvatorkloster
(siehe Abb. 1). Bei meinem ersten Besuche
in der Bibliothek dieses Klosters sah ich mir
die Antiphonare des XV. Jahrh. an, die mit
zum Teil sehr guten Miniaturen geschmückt
sind. Eine, die ich hier publiziere, fiel mir
gleich so auf, daß ich den hochwürdigsten
Pater Custos bat, eine Aufnahme machen zu
dürfen. Diese Miniatur stellt, wie man sich
sofort überzeugen kann, das Hl. Grab dar.
Auf der uns zugekehrten Seite erblickt man
fünf Säulen, die durch Bogen verbunden sind.

Die Kapitale derselben gemahnen fast an
Zeiten, die vor den Kreuzfahrern liegen. Der
Vorbau, der dann nach rechts folgt, wird von
einer niedrigen Türe durchbrochen. Das ganze
bekrönt eine kleine Kuppel, die ebenfalls von
Säulen getragen wird. Wenn auch vielleicht
nicht alles architektonisch genau dargestellt ist,
so gibt die Miniatur bestimmt ein ziemlich
genaues Bild, wie das Hl. Grab damals aussah.
So hat es wohl auch noch zur Zeit von Quares-
mius ausgesehen. Es gibt ja auch andere Dar-
stellungen des Hl. Grabes, die schon publiziert
sind. Diese gewinnt aber an Interesse, da sie
bestimmt für das Kloster gemalt worden ist,
wenn nicht in demselben.

2. Kapitale im Abrahamskloster. Den
meisten Besuchern der Grabeskirche werden
sicher die Kapitale im Vorraum des griechischen
Abrahamsklosters aufgefallen sein. Viele werden
 
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