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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Schmid, Andreas: Osterkerze und Osterleuchter
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0112

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187

1911. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

188

Weil die Spendung der hl. Taufe rechtlich von
der Einwilligung des Bischofs abhings) und
tunlichst von ihm vollzogen wurde9), so erhielt
auch die Osterkerze eine rechtliche Bedeutung
und stand ihr Gebrauch nur den Tauforten
und Pfarrkirchen zu, wie das Papstbuch im
Leben des Papstes Zosimus andeutet10). Daß
jedoch die Osterkerze nicht den Zweck hatte,
nur allein an die Bedeutung der Taufe zu
mahnen, beweist der Umstand, daß an den
anderen zwei Taufzeiten an Epiphanie im
Orient und an Pfingsten von dem Gebrauche
einer besonderen Kerze nichts bekannt ist.

2. In dem zuletzt angeführten Papstbuch ist
bemerkt, Papst Zosimus habe um 417 ange-
ordnet, daß in den einzelnen Pfarreien eine
Kerze (cereum) geweiht werde. Wohl denken
Duchesne und Grisar bei cereus (cera) an die
Agnus Dei; allein die Weihe der letzteren
fällt auf den Samstag vor dorn, in albis und
wird vom Papste alle sieben Jahre vorge-
nommen, während die Weihe des cereus den
Pfarrkirchen obliegt. Es ist gar nicht mehr
notwendig, für den Gebrauch und das Alter
der Osterkerze auf das Zeugnis des Papst-
buches hinzuweisen, da in einem Briefe des
Diakon Präsidius aus Piacenza an den hl. Hie-
ronymus ein Zeugnis aus dem Jahre 384 vor-
liegt. In diesem Briefe bittet nämlich der
genannte Diakon, ihm ein „laus cerei" zu ver-
fassen11). Wenige Dezennien darauf verkündet
dieses Lob auch Prudentius in einem Gedichte
ad incensum lucernae.

3. Im Exultet, welches das Lob der Oster-
kerze in feierlicher Melodie ausspricht, wird
die Osterkerze mit der Feuersäule verglichen,
welche den Israeliten beim Auszug aus
Ägypten voranleuchtete und heißt geradezu
columna. Es lag daher nahe, auch die
Osterkerze in größter Dimension herzustellen.
In der Lateransbasilika brannte ein Exemplar
80 Pfund schwer. Da ein solches Gewicht
selbst in dem wachsreichen Italien für die
Kirchen zu große Kosten verursachte, so
ging man daran, eine kleinere Kerze auf ein
hohes Postament oder auf eine steinerne
Säule zu stellen. Muster dieser Art finden
sich noch vielfach in den Basiliken Roms.
Es mögen genannt sein: S Agnese fuori le

8) Com. Tolet. 694 can. 2.

9) Matth. 28,19.

10) Lib. pont. ed. Duchesne I 225.

")Xäh. Kirchenmusikalisches Jahrbuch 1893 S. 7-'! ff.

mura, S. Cecilia in Trastevere, S. Cesareo,
S. demente, XII. Jahrh., verziert mit Mosaik
in Kosmatenarbeit, S. Lorenzo von 1148,
S. Maria in Trastevere, S. Nereo, S. Paolo
fuori le mura. Die Höhe des Kandelabers
beträgt.in S. demente 3,18 vi und in S. Paolo
5,10 m.

Ein anderes Mittel, um nicht alle Jahre
eine moles cerei aufstellen zu müssen, bestand
darin, neben der großen Kerze eine kleinere
in Gebrauch zu nehmen. Selbst für diesen
Behelf hatten die Symboliker eine Auslegung;
die große Kerze stellte nämlich Christus dar
und der cereus minor die Apostel12). Am
15. September 1753 genehmigte die Riten-
kongregation dieses Mittel einer größeren
(alten) und kleineren Kerze auch für die
Gegenwart.

4. Es besteht keine direkte kirchliche Vor-
schrift über die Farbe der Osterkerze; jedoch
die Geschichte und die Symbolik spricht für
weißes gebleichtes Wachs; denn es soll ja
das Wachs den verklärten Auferstehungsleib
Christi darstellen, und diesen Zweck erfüllt
gebleichtes weißes Wachs besser als cera
communis oder rot gefärbtes.

5. Im XIII. Jahrh. redet der Liturgiker
von einer Verzierung der Osterkerze18).
Diese bestand in einer angehängten Tafel
(charta) mit 1. N. R. I., Angabe des Jahres
seit der Schöpfung, der Geburt Christi oder
mit der laufenden Jahreszahl, Beigabe von
Alpha und Omega. Woher dieser Gebrauch ?
Bekanntlich bestand schon seit Ende des
I. Jahrh. ein Streit zwischen Morgen- und
Abendland über die Feier des Osterfestes.
Selbst das allgemeine Konzil von Nicäa 325
war nicht imstande, diesen Streit ganz aus
der Welt zu schallen. Nun mußte der
Patriarch von Alexandrien alljährlich eine
Wachskerze nach Rom senden, auf welcher
jährlich die Feier des Osterfestes und die
Zeit der beweglichen Feste, wie sie im Morgen-
lande fielen, verzeichnet war.

I). Eine kirchliche Weihe der Osterkerze,
wenn man von den fünf eingelegten Weihrauch-
körnern absieht, findet nicht statt; denn das
Exultet ist nur ein praeconium und nicht eine
benedictio. Das Wachs symbolisiert den ver-
klärten Leib Christi, und dieser soll so wenig
gesegnet werden als der Wein, welcher bei

") Dur. ration. VI. 80 n. 11.
") Ration. VI. 80.
 
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