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Zeitschrift für christliche Kunst — 28.1915

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Schröder, Alfred: Pazaureks Prachtwerk über kirchliche Goldschmiedekunst (mit Tafel 3)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4335#0077

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64

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 4

nur einigermaßen reich geschmückter Stücke fast auf ein Jahrfünft bestimmen
läßt, zumal da der „Augsburger Geschmack" jetzt tonangebend wird und ihm
gegenüber nur wenige Schulen einige Selbständigkeit bewahren. Pazaurek ist,
wie schon angedeutet, nicht mit ganz sicheren Schritten dem Entwicklungsgang
gefolgt, und so sind seine Zeitangaben nicht so scharf begrenzt, als es der
rasche Formenwechsel gestattet. Vielleicht ist es mir möglich, das wertvolle Werk
durch einige genauere Bestimmungen noch brauchbarer zu machen. Ich stelle
meine auf Anschauung zahlreicher Werke fußenden Zeitangaben nach der
Reihenfolge der Tafeln möglichst kurz hier zusammen.

Taf. 45. Langenburger Taufschüssel (s. Abb. 4b) und Kruzifix von Scheer: um
1675.

,, 47. Ulmer Taufkanne: um 1709.

,, 50. Die Weinsberger Abendmahlskanne ist trotz entgegenstehender äußerer
Anzeichen, die auf 1735 weisen, um 30 Jahre früher anzusetzen; es scheint
mir unmöglich, daß ein Augsburger Meister in so veralteten Formen ge-
arbeitet hätte. Wie eine Augsburger Kanne aus der Zeit um 1735 aus-
sieht, lehrt das dritte Stück auf Taf. 63, das übrigens auch noch nicht das
Modernste von damals darstellt.

,, 52. Rosenkranzrehef: um 1710.

,, 55. Die beiden Ehinger Leuchter (s. Abb. 5): um 1715.

,, 56. Kelch des Frh. v. Ulm: um 1707. Kelch von Isny: um 1705.

,, 57. Von den drei Kelchen des Augsburgers Mich. Mayr sind die zwei ersten
um 1705, der dritte um 1714 entstanden; dieser jüngste zeigt, wie gewissen-
haft der viel in Anspruch genommene Meister, der übrigens mit datierten
Arbeiten nicht erst seit 1691, sondern schon von 1680 ab nachweisbar ist,
bis zu seinem Tode dem Wandel der Schmuckformen gerecht wurde.

,, 58. Mergentheimer Kelch: um 1720. Weingartner Kelch: um 1715.

,, 75. Kelch aus Zwiefalten: um 1755.

In der Deutung der Meisterzeichen (sie bestehen im Süden Deutsch-
lands in der Regel aus den Anfangsbuchstaben des Vor- und Zunamens der
Meister) folgt Pazaurek dem bekannten Werke Rosenbergs. Aber Rosenberg hat
die allein zu einem sicheren Ergebnis führende Methode der Zeichenfeststellung
nicht angewendet, weshalb viele seiner Bestimmungen, wie er selbst andeutet,
unsicher sind, manche sogar falsch. Es kann nicht stark genug betont werden,
daß für die Forschung über Goldschmiedekunst erst dann eine völlig brauchbare
Grundlage geschaffen ist, wenn einmal die Meisterzeichen zuverlässig und sicher
zugeteilt sind. Dazu gibt es — wenigstens für Augsburg, wo sehr oft zu gleicher
Zeit mehrere Meister Namen mit den gleichen Anfangsbuchstaben führten — nur
eine Methode, nämlich die, nach sorgfältiger Feststellung der Meistermarke am
Stück selbst aus den Rechnungsbüchern des Besitzers (den Stiftungsrechnungen
der Kirchen) oder aus gleichzeitigen chronikalischen Nachrichten den Namen des
Meisters festzustellen. Nur die so gewonnene Gleichsetzung eines Meisterzeichens
mit einem Meisternamen hat wirklichen Wert und gestattet wissenschaftliche
Folgerungen. Dieser Weg ist freilich mühsam und erfordert noch viel der oft so
geringschätzig beurteilten „Kärrnerarbeit"; aber gerade Pazaureks Werk drängt
von neuem die Überzeugung auf, daß er allein zum Ziele führt.
 
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