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Zeitschrift für christliche Kunst — 28.1915

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Arntz, Ludwig: Mittelalterliche Feldzeichen (mit Tafel 13)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4335#0188

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Nr. 11 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. 165

MITTELALTERLICHE FELDZEICHEN.

EINE KUNSTGESCHICHTLICHE STUDIE.
(Mit 1 Tafel und 15 Abbildungen.)

as in Fehde und Krieg vorangetragene und behauptete Feldzeichen
hat stets als Zeuge vaterländischer Geschichte gegolten: als
Sammel- und Erkennungszeichen in der Hand erprobter Führer,
T£>' als ein Ehren- und Siegeszeichen selbstloser Tapferkeit und Treue,
wie denn auch eine vom Feind erbeutete Standarte, Fahne oder
Flagge nachkommende Geschlechter an die Großtaten der Väter
gemahnt, die auf blutiger Walstatt ihr Leben einsetzten. So hat denn
schon in frühen Zeiten das Feldzeichen in reger und belangreicher Be-
ziehung zu den bildenden Kräften des Volkslebens gestanden, so daß es nach
Form und Inhalt in dem Kreise religiöser und bürgerlicher Vorstellung, wie in
der Volksdichtung entsprechenden Ausdruck gefunden hat. — Für die Ver-
herrlichung der Knegsfahne bietet auch die deutsche Literatur manche beach-
tenswerten Beläge, von den frühesten Denkmälern des altdeutschen Heldenge-
dichtes (z. B. als „gundfanon" in dem Ludwigshede) bis zu den epischen Kampf-
schilderungen eines Halb Suter oder Veit Weber und den lehrhaften Fahnen-
dichtungen eines Thomas Murner. Greifbarer ist uns die wechselnde Form des
Feldzeichens als zeitgenössisches Abbild erhalten in mannigfaltigen Werken der
Buchmalerei, der Elfenbein- und Metallarbeiten, in Holz- und Steinbildwerken,
in Darstellungen monumentaler Wand- und Glasmalerei. Diese weit zerstreuten
und ziemlich ungleichwertigen Urkunden bedürfen allerdings einer möglichst
umfassenden Sammlung und gründlichen Sichtung, um auf zuverlässiger Grund-
lage das Bild eines vielhundertjährigen Wandels wiedererstehen zu lassen. Eine
notwendige Ergänzung der genannten Erkenntnisquellen ist und bleibt der Be-
stand überlieferter Feldzeichen, da nur diese uns bestimmte Auskunft über die
angewandten Stoffe und technische Ausführung zu geben vermögen. Leider steht
uns dieses Hilfsmittel nur in bescheidenem Umfang zur Verfügung, denn wir
haben es hier im allgemeinen mit einem Stoffgebilde zu tun, das im Schlacht-
getümmel nicht geschont werden kann und darf, und das bei einer wenig sorg-
fältigen Aufbewahrung und nicht sachgemäßen Behandlung sehr bald der Zer-
störung anheimfällt. Dazu kommt, daß zu Kriegszeiten, wie das vom Feind be-
setzte Land auch die Bestände der erhaltenen Feldzeichen, im besonderen Maße
der Plünderung und Verschleppung ausgesetzt, stark gelichtet worden sind. Ge-
wiß bargen an der Wende des Mittelalters die deutschen Lande in Kirchen und
Kapellen, in herrschaftlichen Rüstkammern und städtischen Zeughäusern noch
manche wertvolle Kriegsfahne; aber in diesen älteren Beständen haben die langen,
andauernden Kriege, die Mitteleuropa und besonders das deutsche Reichsgebiet
im XVII. und XVIII. Jahrh. heimsuchten, sehr gründlich aufgeräumt. So be-
richtet beispielsweise die im Jahre 1626 begonnene Chronik von Jakob Trausch:
daß aus den Feldzügen gegen Karl den Kühnen (1474—1476) als Beutestücke
allein 36 burgundische Panner nach Straßburg heimgebracht und im dortigen
Münster aufgehängt wurden; von diesen Ehrenzeichen ist der einstigen deut-
schen Reichsstadt kein einziges Stück verblieben. Durch die Plünderung der
 
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