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Zeitschrift für christliche Kunst — 28.1915

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Arntz, Ludwig: Mittelalterliche Feldzeichen (mit Tafel 13)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4335#0191

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168

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr.

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noch lange nachwirkt, wie beispielsweise auf einer Seidenstickerei im Dom-
schatz von Bamberg. (Abb. 1c.) Im Lauf der Zeit schrumpft der kaiserliche
Speer mit dem angehängten rechteckigen Ehrenzeichen oder Fahnenschmuck zum
Herrscherstab mit entsprechendem Schlußstück zusammen. Das überlieferte
Hoheitszeichen wird von dem Herrscher selbst, oder auch von seinen Dienern bei
feierlichen Anlässen getragen. Dieser Gebrauch kehrt häufig auf zeitgenössischen
Bildern wieder, so auch im übertragenen Sinne bei der Darstellung des christ-
lichen Weltenherrschers, beispielsweise am Triumphbogen von San Apollinan (in
Classe in Ravenna) oder im Dom von Torcello; während die begleitenden Erz-
engel Michael und Gabriel in ihren Händen das übliche Herrscherzeichen mit der
Inschrift AI'IOC tragen (Abb. 1 d, e), Die rechteckig umrandete Schlußform des
Herrscherstabes hat sich anscheinend als Schlagbrett (ferula) in dem Chorstabe
der Mönche noch länger erhalten, während die altertümlichere Form des Zepters
im XII. Jahrh. allgemein durch den jüngeren Lilienspeer ersetzt worden ist.
j\ Über die Feld-

'' zeichen der nordi-

schen Völkerstämme,
welche das Erbe der
römischen Weltherr-
schaft antreten soll-
ten, sind wir durch
zerstreute Nachrich-
ten einzelner Schrift-
steller nur unvoll-
kommenunterrichtet.
Nach Tacitus hätten
die Fahnen der Bar-
baren Bilder wilder
Tiere des Waldes ge-
zeigt; ein gallisches Feldzeichen am Triumphbogen von Orange weist den Eber,
am Lanzenschaft aufgespießt. Die Angeln und Sachsen unter Hengist und Horsa
haben bei der Landung an der englischen Küste (445) die Stammesfahne mit dem
Bilde des weißen Streitrosses entrollt. Eine römische Reiterstandarte (der ala
Longiniana) trug auf dem Fahnentuch das Bild des dreiköpfigen gallischen Stieres,
wie Hans Lehner auf einem Grabmal im Bonner Provinzialmuseum nachgewiesen
hat0. Gewiß hat die gallisch-germanische Mythe aus dem Reiche der Fabelwelt
für die Fahne das eine und andere Vorbild geliefert, das vielleicht später eine
Abwandlung erfuhr. So wird beispielsweise in dem Psalterium aureum der
Abzug des Heeres Josuas dargestellt, wobei als Feldzeichen ein Riesenfisch von
phantastischem Umriß an langer Lanze vorangetragen wird.

Auch zum germanischen Feldzeichen gehört als wesentlicher Bestandteil der
Speer oder die Lanze, an deren Schaft das Abzeichen befestigt, aufgerollt werden
konnte, und beim Gebrauch der Waffe nicht hinderlich war. In Erinnerung an
den wunderbaren, siegverleihenden Speer des Odin, galt die Lanze den nor-
dischen Völkern von alters her als Zeichen der Herrschergewalt; Besitzergreifung

0

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Abb. 1.

Bonner Jahrbücher 1908, Heft 117, 2.
 
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