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Zeitschrift für christliche Kunst — 28.1915

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Arntz, Ludwig: Mittelalterliche Feldzeichen (mit Tafel 13)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4335#0193

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170

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 11

im Trichnium des Lateran, wo Kaiser Karl die dreizipfehge Reichsfahne hält,
eine Darstellung, die allerdings im XVI. Jahrh. ergänzt bzw. erneuert wurde,
und daher wohl in Einzelheiten nicht ganz verläßlich ist. Ob Karl der Große, wie
vielfach angenommen wird, die ihm verliehene Standarte des hl. Petrus bei seinen
Feldzügen mitgeführt, steht nicht fest. Nach zeitgenössischen Berichten hat der
Kaiser im spanischen Kriege gegen die Mauren im Reichsbanner das Bild des
Mauritius entrollt, dasselbe, das später Hugo Capet dem Könige Edelstan von
England verehrt haben soll. Daß die deutschen Stammesherzöge nach alter Über-
lieferung mit der Stammesfahne in die Schlacht zogen, wird man annehmen dürfen;
führt doch die Streitmacht der Sachsen als vererbtes Bannerzeichen das weiße
Pferd im roten Felde. Kleinere Heeresabteilungen bedienten sich, nach Ausweis
zeitgenössischer Abbildungen, zur Zeit der sächsischen Kaiser ebenfalls der
Reichslanze mit viereckigem Fahnentuch, das durch angesetzte oder angeschnittene
Wimpel verlängert wurde. (Abb. 3a u. b.) Eine ganz verwandte Form ist auch
auf dem bekannten Steinbildwerk der Externsteine (um 1115) sichtbar (Abb. 3c).

Gleichzeitig aber er-
scheint das Standarten-
tuch auch mit einem
langen dreieckigen Wim-
pel, so auf den Wand-
malereien von Brauweiler
(nach 1050) und von
St. Gereon in Köln, wo
in der Taufkapelle an
das viereckige Adlerfeld
ein dreieckiger Spitz-
wimpel angeschnitten ist.
(Abb. 4.) In dem hortus
deliciarum der Herrad
Landsberg sind drei verschiedene Formen der Streitfahnen erkennbar:
das lange rechteckige Fahnenfeld mit zweiteiliger Endung, das einfache Feld
im Geviert und das hochgestellte, rechteckige Feld mit angesetzten Zacken,
(Abb. 5.) Dieselben Grundformen bleiben auch im XIII. Jahrh. gebräuchlich,
nur wird das nahezu quadratische Hauptfeld bevorzugt, an das in der Regel
drei, vier, oder fünf längliche Wimpelstreifen angeschnitten sind. In dem
Skizzenbuch des Vilars de Honecourt sind uns zwei zeitgenössische Fahnen-
formen wiedergegeben: die kleinere Standarte mit drei spitzen Wimpeln und ein
größeres Banner mit fünf angeschnittenen Wimpelstreifen. (Abb. 6.) Letzteres
stimmt in der Form nahezu überein mit dem vom französischen Marschall Hein-
rich von Metz (1249—1250) geführten Feldzeichen, das unter dem Namen Ori-
flamme (aurea flamula) schon im Jahre 1124 als Hauptfahne die französischen
Truppen begleitet hat. (Abb. 7a.) Dieses berühmte Banner führte zuerst der
Graf von Vexin als Schirmvogt von St. Denis, bis unter Ludwig dem Dicken
(1108—1127) die Grafschaft mit der Krone vereinigt wurde. Die „Oriflamme"
ist später unter Karl VI. (1412) durch die „banniere royale" (weißes Kreuz auf
blauem Grund) ersetzt und seitdem in St. Denis aufbewahrt worden, bis sie im
XIX. Jahrh. bei einem Brande der Sakristei zugrunde ging.

Abb. 4. St. Gereon in Köln.

von

Abb. 5.
 
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