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Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

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Bardenhewer, Anton: Der Praktiker bei der Erhaltung alter Wandmalereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.4307#0164
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Nr. 11/12 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. \5\

einer Emulsion verrührt, indem man letzteres zutropfte und mit Essig verdünnte.
Es ist wichtig, daß die Farbe mit Wasser zu einem dicken Brei gerieben
und dann erst das Bindemittel zugesetzt wird. Mit denselben Bindemitteln habe
ich die vorzüglich erhaltenen Reste eines Jüngsten Gerichtes über den Gewölben
des Domes zu Freising kopiert. Hier waren die Schatten nicht mit dem noch
nassen Lokalton verrieben, sondern man hat sie nach dem trocknen mit vollem
Pinsel aufgesetzt und nach den Übergängen durch Verminderung des Druckes wie
Schraffuren auslaufen lassen. Ein gutes Kasein erhält man, wenn man einen
Eimer Käsequark mit einem Liter Kalk verreibt. Dadurch wird er seimig, dazu kann
man noch ein paar Eßlöffel Leinöl oder Petroleum geben. Das Ganze wird nun
mit mindestens zwei Eimern Wasser verdünnt, da das Kasein sonst schon nach
einigen Stunden dicklich wird, d. h. unlöslich. Nach einem anderen Rezept
erreicht man das Seimigwerden des Käsequarks durch Kochen mit starken Alkalien
und man kann dann mehr öl und Lack darin verseifen. Der letztgenannte Kasein
ist jedoch für Wandmalereien ungeeignet, da er wegen seines ölgehaltes die Poren
der Wände verstopft.

Wichtig und gefährlich sind die Aufdeckungs- und Sicherungsarbeiten der
alten Wandmalereien. Niemand soll sich daran wagen, der nicht vorher Studien
unter der Leitung eines erfahrenen Malers gemacht hat. Keine Schriften können
eine genügende Anleitung geben.

Wer eine Malerei aufdeckt, muß sicher sein, daß nicht das geringste verloren
geht und daß dieselben wieder so gut zutage treten, wie sie vor der Ubertünchung
gewesen sind. Ich benutze dazu einen 1 cm breiten Steinmetzmeißel, mit welchem
ich die Ubertünchung millimeterweise, Schicht für Schicht abscharriere. Denselben
nimmt man zwischen Zeige- und Mittelfinger und stößt leise auf die Schicht,
die man entfernen will, die beiden übrigen Finger dienen dabei als Bremse, damit
man nicht zu tief stößt und die alten Bilder verletzt. Sind dieselben mit Ölfarbe
überstrichen, so nehme man einen jetzt unter dem Namen Fridol, Pansol usw.
in den Handel gekommenen Benzinbeizer, streicht denselben mit einem Pinsel auf
die Ölfarben, lasse sie weichen und wasche unter leichtem Druck mit in Brenn-
spiritus getauchter Watte ab. Man darf aber nicht über die Farbe reiben, da man
sonst die zu erhaltende Schicht verstört. In derselben Weise kann man nicht be-
malte und mit poliertem Gold verzierte Skulpturen behandeln. Das leichte Gold-
häutchen wird dann nicht leiden. Noch gefährlicher als das Aufdecken ist das
Fixieren. Die meisten Bilder haben ein solches gar nicht nötig, wenn sie auch ein
wenig wischen. Es ist üblich, das neue Bindemittel darauf zu blasen, denn so bleibt
es an der Oberfläche hängen, und die Farben, die noch fest waren, blättern dann ab.
Wie die aufgedeckten Wandmalereien behandelt weiden müssen, kann nur von Fall
zu Fall entschieden werden. Manchmal ist das alte Bindemittel kieselich, spröde ge-
worden und muß wieder geschmeidig gemacht werden. Dies gelingt meist mit
absolutem Alkohol. Blättert die Farbschicht, so legt man ein mit Dextrin be-
strichenes Druckpapier darüber und klebt damit die Schuppen fest, das Papier
muß mit reichlich Wasser abgeweicht und der Klebstoff von der Oberfläche ent-
fernt werden. Alte Mauerschäden werden mit dem früher beschriebenen Putz
ausgebessert. Es ist nicht möglich, eine alte schadhafte Malerei wieder in ihren
ursprünglichen Zustand zu versetzen; ein jeder Versuch würde eine Entwertung
und Fälschung sein, da, wie ich schon früher ausgeführt habe, jeder alte Maler
 
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