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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Schulz, Bruno: Die Ergänzung des Theodorich-Grabmals und die Herkunft seiner Formen
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0210
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gegebenen Horizontallinie, also entweder des oberen Abschlusses der Wand oder des
oberen Paneelrandes.

Man kann nun aber zunächst überhaupt nicht sagen, das Bauwerk habe außen
zwei Geschosse — wenn es auch auf den ersten Blick jetzt so aussieht —, von denen
das obere dann in halber Höhe in ein vollkommenes Rund übergeht, sondern man muß
genau genommen den oberen runden Teil, den Tambour der Kuppel, als ein drittes
Geschoß ansehen. Das ist deswegen nicht gleichgültig, weil nur so die unterste vor-
springende Schicht dieser runden Wand richtig verstanden wird, nämlich als ihr Fuß-
profil, dem als Kopfglied das schöne Kranzgesims unter der Kuppel entspricht, nicht
als ein Gesimsband, das willkürlich in beliebiger Höhe der Geschoßwand herumgelegt
ist. Und so sitzen auch die bogenförmigen Ausarbeitungen nicht in willkürlicher Höhe,
sondern am obersten Teil der Geschoßwand.

Diese Ausarbeitungen sieht nur Dürrn1 als spätere Zutaten an; die älteren Be-
arbeiter der Frage (Rahn, Mothes u. a.) haben versucht, an diese Spuren eine Ring-
halle auf Säulen anzuschließen, Haupt ergänzt in ihnen einen herumlaufenden Bogenfries.
Der Rekonstruktion der Ringhalle stehen unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen in
dem Fehlen von Höhe und Anschlußspuren für ein Dach der Halle und in der Lösung
der Überdachung der Tür sowohl wie des Interkolumniums, das dabei statt einer Säule
an der Ecke auftritt. Aber auch der Bogenfries ist nicht möglich.

Der Bogenfries auf Konsolen tritt in Italien nicht vor dem 8. Jahrhundert auf,
wo er dann in den folgenden Jahrhunderten das beliebteste Modemotiv für die Bekrönung
von Außenwänden wird. An den syrischen Denkmälern und in Spalato lassen sich am
besten die Vorstufen zu seiner Entwicklung verfolgen. Sie bestehen in einem allmäh-
lichen Vereinfachen der ursprünglich zur Nischendekoration bestimmten Ziersäulenreihe
mit Rundbogengebälk darüber. Aber auch in Syrien kommt die Form des reinen
Ruudbogenfrieses auf Konsolen ohne Säulen an christlichen Denkmälern, also bis zur
Zeit der arabischen Invasion, noch nicht vor. Es wäre also ein verwunderlicher Sprung
in der Entwicklung, wenn uns hier der Bogenfries in rein ausgebildeter Form bereits im
Anfang des 6. Jahrhunderts begegnen sollte.

Bei Annahme des wenig vortretenden Bogenfrieses wirkt auch der ganze Bau wie
in seinein heutigen Zustande als eine schwere wenig gegliederte Masse, und zu dieser
harmonieren die zierlichen filigranartigen Aachener Bronzegitter schlecht. Recht unschön
und unglaubwürdig ist vor allem aber die sich bei Annahme des Bogenfrieses ergebende,
von Haupt leider nicht besonders dargestellte Lösung der Außenerscheinung für die an
der Ostseite vorspringende «Altarnische». Eine Nische von der inneren Größe der
jetzigen ist dort sicher ursprünglich, aber der von Haupt darüber außen an der Wand
angenommene Bogenfries gestattet es nicht, den Nischenaufbau außen über den jetzigen
formlosen und verstümmelten Zustand hinaus auch nur notdürftig oben abzuschließen,
was man mit Dürrn als unbedingt notwendig ansehen muß. Der Gewölbescheitel
schneidet von dem Bogenfries nicht bloß die mittlere Konsole der Ostwand, sondern
auch den Kämpferstein weg, ein bloßes Abgleichen des Vorbaues bis zu dieser Höhe
würde also diese beiden Teile und ihre Einbindungslöcher auch an den Seiten zudecken,
ja auch nur ein geringes bloßes Abschlußgesims der Wand würde die seitlichen Kon-
solen anschneiden. Aber abgesehen von dem Fehlen eines oberen Abschlusses stört

1 Zeitschrift f. bild. Kunst, 1906, S. 245—259.
 
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