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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Schulz, Bruno: Die Ergänzung des Theodorich-Grabmals und die Herkunft seiner Formen
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0211

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I

Die Ergänzung des Theodorich-Grabmals und die Herkunft seiner Formen. 199

auch die außen vorspringende Nische an sich für den Blick von Norden oder Süden
den symmetrischen Umriß des zentralen Bauwerks in recht empfindlicher Weise und
wirkt über dem bereits vollständig zentral ausgebildeten Untergeschoß unorganisch als
ein häßlicher Auswuchs.

Auch irn einzelnen erregen die zur Rekonstruktion verwandten Formen Bedenken.
Die einfache schmucklose Form der Konsole will zu dem verzierten und nur als ver-
zierte Form berechtigten Bogenfries nicht recht passen, während gerade Konsolen ebenso
wie Säulenkapitelle sonst dem Künstler am allerersten Veranlassung zu ornamentaler
Ausbildung geben.

Bei einem rings um einen Polygonbau laufenden Bogenfries sollte man auch
erwarten, daß jedesmal an der Ecke eine Konsole säße, nicht eine Lücke. Die über
dieser Lücke rekonstruierte Ecklösung, eine stalaktitenartige Bildung, die aussieht, wie
eine nach oben stark verjüngte antike Tür en ininiature, die dann in der Mitte ihres Sturzes
in horizontaler Richtung umgeknickt ist, kommt sonst nicht vor. Das dafür angeführte
und Seite 18 abgebildete Beispiel auf dem Diptychon des Boetius zu Monza ist ein
horizontales Gesims in perspektivischer Darstellung. Ebenso ist die ganz ähnliche Form
in der Stuckdekoration im Innern des Baptisteriums der Orthodoxen in Ravenna eine
perspektivische Darstellung. In beiden Beispielen sind die vorn, in der Perspektive
also höher liegenden Gebälkstücke an den Ecken durch Säulen gestützt.

Schon deswegen wäre also der Bogenfries selbst dann kaum glaublich, wenn
die vorhandenen Spuren mit größerer Notwendigkeit zu seiner Rekonstruktion zwingen
würden, als es tatsächlich der Fall ist.

Die Ausarbeitungen gehen nur in der Höhe von 5—6 cm unter der vorsprin-
genden Rundschicht um die Ecken des Gebäudes herum (mit Ausnahme je eines Strei-
fens an den beiden Ecken der Türwand, die nachher behandelt werden müssen). Der
um die Ecke gekröpfte Friesstreifen würde also gerade da, wo er Beschädigungen am
ersten ausgesetzt ist und darum ein gutes Einbinden am nötigsten hätte, nur mit einem
schmalen Streifchen einbinden.

Uber den Konsolen ist die vertiefte Einarbeitung in der Wand geradeso breit
wie die Konsole selbst. Das über der Konsole rekonstruierte, gewissermaßen darauf
balanzierende sattelholzartige Steinstück hätte also gar nicht oder nur gerade da, wo es
bereits genügend unterstützt war, in die Wand eingebunden, aber an den weit über-
stehenden Enden, wo es eine Befestigung sehr nötig gehabt hätte, hätte es nicht ein-
gebunden und wäre, wenn die Ausarbeitung über der Konsole überhaupt einen Wert
gehabt hätte, hinten dazu noch besonders künstlich ausgeklinkt gewesen. Das ist beides
nicht glaublich. Die später angebrachten Stützeisen, die nur viermal vorhanden sind
und ein recht neues Aussehen haben, hätte dieser Stein dann richtiger gleich beim Bau
bekommen müssen, und man sieht nicht ein, weshalb der Architekt dann nicht lieber
zwei Konsolen oder eine breitere unter den Stein gesetzt hat, oder ganz einfach den
Stein nicht in seiner ganzen Länge hat einbinden lassen. Daß er im Steinschnitt eher
zu ängstlich als liederlich war, beweist doch der ganze Bau.

Auch die Form der Einbindung bei den Bogensteinen selbst ist wunderlich:
Halbkreisbögen, aber nicht konzentrisch mit den außen sichtbaren und nicht von gleichem
Radius. Gewiß «wurden diese vertieften Bögen von den aufgelegten Bögen so bedeckt,
daß ihre Form ganz gleichgültig war», und «sie brauchten nur anzudeuten, wohin die

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