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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Haupt, Albrecht: Erwiderung
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0227

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Erwiderung. 215

Erwiderung.

Durch das freundliche Entgegenkommen des Herrn Verfassers und der Redaktion
bin ich in die Lage versetzt, auf den vorstehenden Aufsatz sofort erwidern zu können.

Wäre in diesem die Frage der Ergänzung des Theoderich-Grabmals endgültig ge-
löst — niemand könnte das mit aufrichtigerer Genugtuung begrüßen als ich, wenn auch
die Lösung von der von mir vorgebrachten abweicht. Leider ist jenes nicht der Fall; viel-
mehr besteht der Wert des Vorschlages von Bruno Schulz einerseits in seinem un-
leugbaren künstlerischen Reize, anderseits aber darin, daß es sich aus ihm endgültig er-
gibt, daß die Lösung auf diesem Wege nicht gefunden werden kann. —

Das konnte freilich nicht? Neues mehr sein für den, der Buchkremers (Aachen)
Vorschlag von 1903 kannte, der in den wesentlichen Grundzügen bereits den Kern des
Schulzschen enthält, nur der so höchst interessanten künstlerischen Durchbildung in
syrisch-oströmischen Formen entbehrt.

Selbstverständlich habe auch ich, ehe ich meinen Vorschlag als Ergebnis langer
Versuche fand, alle nur möglichen Hallen- und Säulenanordnungen von Mothes und
Essenwein an gründlich durchprobiert, bin aber zuletzt doch zum Ergebnis gelangt, daß
alle solche Lösungen zu verwerfen seien. Corrado Ricci hat dieser selben Überzeugung
Ausdruck gegeben.

Schon die Voraussetzungen, auf denen Schulz seinen Entwurf aufbaut, können
nicht als zutreffend anerkannt werden.

Schulz geht ausschließlich von seinen Studien in Baalbek und Syrien aus und
glaubt, das ravennatische Germanendenkmal allein von jenem Orient aus beurteilen zu
müssen. Er glaubt auch, daß die völlig gleichartige Bauweise in der fraglichen Zeit
(welcher?) im Bereiche des ganzen ungeheuren Römischen Reichs geübt und die syrische,
weil im ganzen noch am besten erhalten, für ihre Art völlig maßgebend sei. Doch
macht schon Holtzinger auf die starken Unterschiede der syrischen Kunst von der
gleichzeitigen italienischen, insbesondere im Detail, aufmerksam.

Dabei vergißt Schulz ferner, daß es sich nicht mehr um die Tage des weströ-
mischen Reiches handelt, um das 3. und 4. Jahrhundert, sondern um das 6., um eine
Zeit, wo Ostrom künstlerisch fast völlig in die Fesseln des Orients geraten war, und Syrien
nur noch gelegentlich Sendboten nach Westen ausgehen ließ, nicht aber mehr die
Architekten für die ganze Kulturwelt lieferte, wie vor der Völkerwanderung. —

Und so kann Jerusalem und der Haurän uns unmöglich für die letzte Zeit der
Herrschaft Theoderichs in Ravenna allein vorbildlich sein.

So ist es auch durchaus individuell, mit Anschauungen aus herkömmlicher
oströmisch-syrischer Kunst und auf Grund dort gefaßter ästhetischer Grundsätze unser
Bauwerk zu prüfen, das, was jenen nicht entspricht, als «souveräne Willkür» einfach
zu verwerfen und von selbstkonstruierten Regeln ausgehend davon zu sprechen, was
man «unseren Fachgenossen des 6. Jahrhunderts» zutrauen dürfe und was nicht.

Das Mausoleum Theoderichs ist keineswegs ein Schulwerk jener schon halb-
erstarrten Richtung, — das bewiese, wenn nichts anderes, schon sein berühmtes, ganz einzig
in der Welt dastehendes Friesornament; doch gar viel anderes noch, was auch Schulz
als neu anerkennt.

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