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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0096

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81-

den Kölner Dom bequem 7 mal hineinstellen kann.
Steinsäulen, nicht gemauerte Pfeiler, wie man
bisher annahm, stützten die horizontale Decke.
Laut der arabischen Überlieferung, die H. in Über-
setzung samt Kommentar im zweiten Teil seines
Buches zusammenstellt, kamen Bauleute und Mate-
rial aus dem in Steinarbeit geübten Syrien, aus
Antiochia und Seleucia. Genau in der Längsachse,
aber außen vor der Nordseite des Moscheehofes
steht heute noch an GO m hoch aufrecht das
Minaret, die allermerkwürdigste Buine in Samarra,
«el-Malwije», d. i. die (spiralförmig) Gedrehte:
ein richtiger Schneckenturm. Über einem qua-
dratischen Sockel erreicht eine gleichmäßig auf-
steigende Bampe in fünf Kehren das oberste
zylindrische Stockwerk des Turmes, steigt in
dessen Innerem als Wendeltreppe weiter empor
und mündete einst in einer jetzt verschwundenen
hölzernen Kapelle, die die Spitze des Turmes
krönte (Tafel 3). Der ganze Komplex, Moschee
samt Minaret, war außen noch von einer nach
drei Seiten herumgehenden Säulenhalle umgeben,
die im Halbkreis das Minaret umzog. Drei breite
Bazarstraßen für die fürstlichen Festaufzüge mün-
deten von Süden her aus der Stadt kommend
auf das dreitorige Hauptportal.

Über all diese neuen Ergebnisse werden die
Arabisten und Kunsthistoriker sich auszusprechen
haben. Ich möchte hier nur von der Antike her
ein Weniges sagen zu der retrospektiven Bedeutung
Samarras, die H. mit Becht hervorhebt. H. hat
sicher recht mit der Betonung der starken sy-
rischen Einflüsse auf Mesopotamien, mit der Vor-
bildlichkeit der alten Hilanis für die großen
islamischen Portal-iwane, mit der dekorativen
Übersetzung hellenistischer, reich gegliederter
Steinfassaden (Petra!) in flachen BJendarkaden-
behang, mit dem sassanidischen «Feuerturm» von
Gur und den altmesopotamischen Zikkurats als
Vorläufern der Malwije. Stellt es sich wirklich
heraus, wie es nach H. in der Tat den Anschein
hat und mir auch sehr wahrscheinlich ist, daß
die Zikkurats Bampen- und nicht pyramidal
aufgebaute Stufentürme waren, für die man sie
bisher hielt, so wäre damit eine besonders ver-
dienstliche Korrektur unserer Kenntnisse und eine
befreiende Tilgung vieler phantastischer Astro-
logien, die sich an diese Türme geheftet, angebahnt.
In einem Punkte aber sind H. ein paar grobe

Irrtümer unterlaufen, in seinen Vorstellungen vom
alexandrinischen Pharus, den er mit vollem Becht
als das eigentliche Vorbild des Minarets der Ibn
Tulun-Moschee in Kairo anspricht. Da ich in
einer eben im Druck befindlichen größeren Arbeit
über den alten Leuchtturm von Alexandria aus-
führlich auf all diese Fragen zu sprechen komme,
beschränke ich mich hier auf die notwendigsten
Berichtigungen. 1) Es ist ganz sicher, daß der
Aufgang zur Pharosspitze eine im Innern dieses
Turmes angelegte, nicht außen um diesen herum-
gelegte Bampe war. Die von H. Fig. 18 gegebene
Grundrißskizze ist in diesem Punkte demnach
verfehlt. 2) Die S. 34 aus Qazuchi übersetzte
Stelle über den Bampenaufgang ist in demselben
Sinne mißverstanden und unrichtig übersetzt.
Aus vielen anderen arabischen Nachrichten folgt
ganz evident, daß nicht nur in antiker, sondern
auch in arabischer Zeit der Aufgang immer im
Innern des Pharus gelegen hat. 3) Ebenso folgt
nach diesen Nachrichten, daß die von H. auf
S. 33 ff. aus Qazuchi genommenen Ellenmaße sich
ganz unmöglich auf die Breite der einzelnen Stock-
werke beziehen können, wie H. will; daß sie nur
von ihren Höhen verstanden werden dürfen. —
Die Malwije von Samarra hat einen noch weiter-
gehenden Einfluß ausgeübt, als H. erraten läßt.
Sie hat ihren Weg nach China gefunden (vergl.
Paleologue, L'Art Chinoise, p. 104) und durch
frühe Beisebericbte offenbar vermittelt zu uns
nach Europa: sie gab den Typus ab für den
«babylonischen Turm» in unsren Sintflutbildern.

H. TMersch.

Chronik.

Ein Zweigverein des Bheinischen Ver-
eins für Denkmalpflege und Heimatschutz
hat sich unlängst in Kol n gebildet. Als besondere
Aufgabe hat sich der Verein die Erforschung und
Erhaltung der geschichtlichen, der kunst- und
kulturhistorischen Denkmäler im Stadtbezirk und
im Landkreis Köln gesetzt. Näher interessiert an
dieser Stelle sein Bestreben, zu einer bis heute
gänzlich fehlenden Darstellung der römischen
Architektur in den Bheinlanden beizutragen, ferner
zu Monographien der romanischen Kölner Kirchen
sowie der Profanbauten, die den Anforderungen
unserer Zeit an quellenkritische Untersuchung
 
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