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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Ermers, Max: Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Architekten Raffael
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0148
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134 Max Ermers.

(Abbildung .3) gegliedert, die in rhythmischem Wechsel drei Nischen zwischen sich auf-
nehmen, die oben halbrund geschlossen sind; jede Nische erscheint hierdurch beider-
seitig durch Pilasterpaare gerahmt. In der Rundung jeder Nische, ein wenig aus der
Fluchtlinie der Wand vortretend, steht eine etwas überlebensgroße Marmorstatue; wie
sich uns überhaupt das Material des ganzen Baues als Marmor präsentiert. Unter den
Nischen sind Relieftafeln in die Wand eingelassen. Ein hohes Gebälk (Abbildung 4)
dient den Pilastern als Abschluß und der Tonne gleichzeitig als Auflager, Die Deko-
ration des Tonnengewölbes bilden sieben Reihen von ungleichseitigen Sechseckkassetten,
die mit den längeren Seiten aneinandergelegt sind. Sechs Reihen quadratischer Kassetten,
die mit den Spitzen aneinanderliegen, füllen die Zwischenräume der Sechseckkassetten.
Wo die Tonnen — axial genommen — ihr äußeres Ende erreichen, liegt noch nicht
die Front des Gebäudes. Mit den Kreuzflügelwänden parallel, doch um einen halben
Meter ca. rückspringend, laufen die inneren Wände der Fassaden-
risalite. Diese Fassadenrisalite geben den Kreuzflügeln einen mäch-
tigen Abschluß und tragen durch ihren gewaltigen Vorsprung zur
Gliederung der Front bei. Um ihre Maße für das Auge zu erleich-
tern, sind zwischen einfachen Pilastern Nischen vertieft und darunter
Reliefs eingelassen; Kapitell und Basis dieser Pflaster zeigen Ab-
bildung 3 und Abbildung 4. Die Basen stehen auf den oberen Ge-
simsflächen des Sockels, der als Fortsetzung aus den Kreuzflügel-
wänden anscheinend um die ganzen Fronten herumläuft. Zwei Re-
liefs, gerade unterhalb der obenerwähnten, zieren ihn. In der Nische
des linken Frontrisalits steht der lyratragende Apoll, in der des
rechten die bewaffnete Athene. Über den oberen Abschluß dieser
Risalite werden wir nicht gut aufgeklärt. Jedenfalls läuft um sie —
wahrscheinlich sogar als oberer Abschluß — das Gebälk herum, das
Abbildung4 Gebälk a's Tonnenauflager dient; auf ihnen findet das Tonnengewölbe keine
und Pilasterkapitell. Fortsetzung. Yon den Gliederungen der Frontwand seitlich der Ri-
salite sehen wir nur noch je eine statuenbesetzte Nische. An der
Kreuzungsstelle der zwei Hauptaxen ruht die Kuppel auf vier großen Pendentifs. Große
Tondi schmücken die letzteren, um sie nicht zu leer erscheinen zu lassen. Unter den
Zwickeln sind die Mauerkarrees abgeschrägt, die Mauerschrägen durch statuenbesetzte
Nischen belebt. Über den Zwickeln läuft das weitausladende Tambourauflager; im
Tambour selbst sind Fenster ausgespart, die durch zwei eingestellte Säulen gegliedert
werden. Die Kalotte bleibt unserem Auge verborgen.

Völlig abgetrennt vom Hauptbau und in ziemlicher Distanz zieht ein zweiter Bau-
körper parallel zur Bildebene; vielleicht ein Hallenbau, der die ganze innere Zentral-
anlage umlaufen sollte. Doch sehen wir nur den Teil, der im Lichten der rückwärtigen
Tonnen erscheint. Links und rechts sind Pflaster, in der Mitte ein Torbogen. Über
das Ganze zieht ein triglyphengeschmückter Fries hinweg. Allem Anscheine nach steht
dieser Bauteil nicht mehr auf dem vierstufigen Unterbau, auf dessen Höhe sich erst die
kreuzförmige Hallenarchitektur erhebt.

Wer ist nun der Urheber der Architektur der Schule von Athen? Die Frage
klingt eigentlich verwunderlich und man sollte glauben, daß der Schöpfer des Bildes
auch der Schöpfer dieser so organisch hervorgewachsenen Architektur sein müßte.
 
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