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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 4.1910/​11

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Pomtow, Hans: Die beiden Tholoi zu Delphi
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https://doi.org/10.11588/diglit.22224#0213
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Die beiden Tholoi zu Delphi. 201

Regulalänge auf 4—5 cm veranschlagen wollen, damit die soeben auf 18—19 taxierte
Länge der rechten Regula erreicht werde, analog den Regulae des Steins g.

Architrav t (vergl. oben Abbildung 3). — Von ihm ist nur die linke Seitenfläche
sichtbar, welche die bekannte hintere Einschneidung aufweist; auch ein kleines linkes
Stück der Vorderseite ist mit Mühe zugänglich und läßt die Regula erkennen. Letztere
ist von Wenzel mit 21,1 gemessen worden, scheint aber etwa 3 cm kürzer angenommen
werden zu müssen.1 Der Stein, der ebenso wie s oben etwas abgearbeitet ist (etwa
10 mm), verdient noch genauere Untersuchung an Ort und Stelle; auch in ihn hat man
hinten einen ähnlichen Steinbalken gepackt wie bei g.

Aus diesem Material läßt sich zunächst folgendes erschließen. Daß wir nicht Wand-,
sondern Säulenarchitrave vor uns haben, ergibt die glatte Unterseite sowie die bei
keinem dorischen Wandarchitrav in Delphi erreichte, relativ bedeutende Größe der Höhen-
und Längenmaße (z. B. haben die Stücke beim Thesauros von Athen nur 37 Höhe X
96 Breite, bei dem von Theben nur 42 X 85). Auch schließt der glatte untere Teil
der Rückseite von f die in Aegina bei Wandarchitraven vorkommende und darum von
Fiechter hier vorgeschlagene Gegenpackung eines umgekehrt ausgeschnittenen Anti-
themasteines aus (Bd. III, S. 115, Abbildung 19). — Die Anzahl der erhaltenen Stücke
beträgt wenigstens 4. Das Gebäude kann also kein templum in antis (3 Frontarchitrave)
gewesen sein, sondern war ein Prostylos. Als solche kommen Hexastyloi in Delphi bei
so kleinen Bauten nicht vor und sind bei ihnen an sich unwahrscheinlich. Wir haben
also mit einem viersäuligen Prostylos zu rechnen. — Für einen solchen sind
5 Architrave nötig. Es ist nach Art der Verbauung der 4 erhaltenen Blöcke mehr
wie wahrscheinlich, daß man bei Herstellung des sikyonischen Fundamentbaues, zu
dessen zwei nach dem Ostabhang hin liegenden Ecken wegen der größeren Stabilität
gerade Stücke (nicht Rundarchitrave) verwendet wurden (s. Bd. III, S. 109), an die
Enden der Süd- und Nordwand je 2 unserer Architrave unter die Anten setzte. Im
übrigen baute man diese Seiten aus runden Epistylien auf, klemmte zuletzt den übrig-
bleibenden fünften geraden Architrav (s) dicht am nördlichen Ende der Ostfront ein
und schlug von ihm zu diesem Zwecke links einen Teil ab. Danach hätten wir den
noch fehlenden geraden Architrav (v) in der Nordwand zu suchen, wo er an t ebenso
anschließen wird wie in der Südseite /' an g.

Wie oben gezeigt, ist g das Eckstück der linken Pronaosseite. Da f und t links
gerade Anschlußflächen haben, können sie weder an die linke Ecke der Vorderfront,
noch an die der rechten Pronaosseite gehören, sie kommen also nur für den Mittel-
architrav und die rechte Ecke der Front in Betracht. Bleiben noch s und der ganz
unbekannte Stein v. Beide hätten, um die Fundamentlücke zwischen r und t zu
schließen, links verkürzt werden müssen, und man darf annehmen, daß hierzu derjenige
gewählt wurde, bei dem am wenigsten weggehauen zu werden brauchte. Das war aber
der g entsprechende Stein der rechten Längsseite, der gleich diesem 1,23 lang sein
mußte, also nur 3 cm zu verlieren brauchte, um unsere 1,20 breite Lücke zu füllen.

1 Im Bull. 35, S. 144, Fig. 17, wird nur 10,7 als gemessenes Teilmaß der Regula angegeben, jedoch
diese selbst noch breiter voll gezeichnet, so daß wieder die dort bevorzugte Regulalänge von 14,3 genau
erreicht wird. Diese angebliche Wiederkehr einer irrigen Länge — 14,3 ist das jetzige, durch Abarbeitung
entstandene Maß bei Block s, siehe vorige Anm. — macht gegen die Richtigkeit der Messung mißtrauisch.
 
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