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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 1
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Reimer, Paul: Die älteren Hinterladungsgeschütze, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0018
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Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

mit Drall gezogene Geschützrohre, deren ballistisch
und taktisch vollkommenste Ausnutzung nur die
Hinterladung ermöglichte. Im Mittelalter suchte
man das Verwendungsgebiet der Feuerwaffe, die in
der ersten Zeit vorzugsweise durch Mörser schwer-
sten Kalibers vertreten war, durch grössere Beweg-
lichkeit zu erweitern und schuf kleinere Kaliber,
deren Geschosswirkung durch vermehrte Anfangs-
geschwindigkeit gesteigert werden musste.. Diese
konnte indessen nicht ohne weiteres durch ein-
fache Ladungssteigerung erreicht werden, da das
damalige mehlförmige Pulver zu langsam verbrannte
und seine Kraft nur zum Teil an das Geschoss
abgegeben hätte. Dass in der ersten Zeit der Feuer-
waffe überhaupt die Ladungen reichlich gewählt
wurden, könnte man vielleicht aus den gleichzeitigen
Darstellungen entnehmen. Während bereits vom
16. Jahrhundert ab bis heute die Feuererscheinung

also auch im Mittelalter lediglich ballistische Ueber-
legungen, welche zur Hinterladung führten. Die mit
dieser verbundenen taktischen Vorteile der schnelle-
ren und gesicherteren Bedienung Hessen die Hinter-
ladung in manchen Fällen noch beibchaltcn, nach-
dem durch Verbesserung des Treibmittels der
eigentliche Grund der Hinterladung fortgefallcn war.
Man kann also bei den älteren Hintcrladungs-
geschützcn zwei Arten unterscheiden, nämlich
1. solche, deren Konstruktion durch Forde-
rungen der Ballistik bedingt ist, und
2. solche, bei denen die taktischen Vorteile
massgebend waren.
Im folgenden sollen die hauptsächlichsten Kon-
struktionen beider Arten besprochen und vorzugs-
weise an den im Königlichen Zeughausc zu Berlin
befindlichen Typen der betreffenden Art erläutert
werden.


einer abgefeuerten Kanone oder Büchse als scharfer,
gerader Feuerstrahl gezeichnet wird, lassen die Dar-
stellungen der älteren Zeit, vornehmlich des 15. Jahr-
hunderts, aber auch noch in den Zeugbüchern
Kaiser Maximilians, eine mehr oder weniger lodernde
Flamme aus der Mündung schlagen. Wenn man
eine einigermassen richtige Beobachtung des Zeich-
ners voraussetzt, so könnte man aus dieser Dar-
stellungsweise auf starkes Nachflammen des Pulvers,
also zu grosse Ladung schliessen. — Um also die
Vergrösserung der Ladung ausnutzen zu können,
musste man die Rohre verlängern, um dem Pulver
Gelegenheit zu geben, längere Zeit auf das Geschoss
zu wirken. Wie bereits in einem früheren Artikel
ausgeführt, trat nun die Schwierigkeit auf, durch das
lange Rohr hindurch die Ladung einzubringen und
mit dem Plolzpflock zu verkeilen. So trennte man
einfach den hinteren Thcil des Rohres ab, lud ihn
mit Pulver und verkeilte ihn, während das Geschoss
wohl meist in das Rohr gesetzt wurde. Es waren

1. Die Kammcrschlangen.
Unter Kammerschlangcn versteht man Geschütze
mit beweglicher Pulverkammer, welche, mit der
Pulverladung versehen, an dem vorderen Rohrteil
angesetzt wurden. So bequem diese Einrichtung
für das Laden war, zumal man' durch Verwendung
mehrerer Kammern bei einem Geschütz eine erhöhte
Feuergeschwindigkeit erzielen konnte, so schwierig
war es, Rohr und Kammer für den Schuss wieder
zu einem einzigen Stück werden zu lassen. Es
mussten zu diesem Zweck Massnahmen getroffen
werden, einerseits die Kammer fest gegen das Rohr
zu pressen, andererseits die unvermeidliche Fuge
zwischen beiden Teilen gasdicht zu schliessen, d. h.
modern gesprochen, eine Liderung herbeizuführen.
Die erste Forderung ist im allgemeinen zufrieden-
stellend gelöst worden, und zwar lassen sich hier
zwei Arten von Konstruktionen unterscheiden,
nämlich:
 
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