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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 8
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Schalk, Karl: Die historische Waffensammlung der Stadt Wien im Zusammenhange mit der militärischen Organisation der Stadt, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0323
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8. Heft.

Zeitschrift fiir historische Waffenkunde.

3°7

Charakteristisch ist namentlich die Gruppe des
Hauptmanns und Fleischhauermeisters Stänzl (Stanis-
laus) Blaw. Der Harnisch des Bewaffneten in Halb-
rüstung' entspricht der Kat.-Nr. 595- Bei diesem Ein-
züge ist wie bei jenem im Jahre 1558 keine Spur
der Einteilung der Bürger nach dem taktischen
Viertelverbande zu finden, sondern er vollzog sich
in Gruppen nach Waffengattungen, wie «Die Ord-
nung der Bürgerschaft beim einzug» (Fol. Dz)
beweist:
«Ihr führer trugen knebelspiess,*) zwei glieder
schützen sah ich wol, zwei
spiel ich hie auch nennen sol,
darnach der glieder also vil,
wie ich hernach anzeigen wil:
Ein glied spiess, 2 glied hel-
barten; darnach sein geritten
etlich hauptleut, hernach wide-
rumb 2 glied helbarten, ein
glied hackenschützen, her-
nach widerumb 2 hauptmänner
mitsambtdem herrn obristen,
120 glied schützen, ein paar
spielleut, 38 glied spiess, 2 glied
knebelspiess, 2 glied schlacht-
schwert» u. s. w.
Aber diese von den Vier-
teln absehende Zugsordnung
beweist nichts gegen das Fort-
bestehen der Vierteleinteilung,
die uns ja anderweitig bezeugt
ist, da Wirrich selbst die vier
Fendriche, als deren ersten
Hans Schilmaier, abbildet.
Beim hochzeitlichen Einzug
Erzherzog Carls am 24. August
wurden nach dem Zeugnisse der
Kammeramtsrechnung der «Bür-
gerschaft harnisch und wöhrn
aus dem Zeughaus geliehen».* 2)
Mit Jahreszahl 1571 befinden
sich in der Sammlung eine
Helmbarte Kat.-Nr. 649, eine
zweite mit M(aximilian II.) und
Reichswappen Kat.-Nr. 604 und
Spiess Kat. in Gr. Nr. 60.
Der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gehören
neun reichgeätzte Helmbarten (Kat.-Nr. 960—965



Helmbarte aus der Zeit
Kat.-Nr. 968.

von 1571

1) Jahns, Trutzw. S. 183. Abb. Taf. X, Nr. 8 und 9.
2) Uhliris 1. c. Bd. XXXI, S. 72. Die Bürger veran-
stalteten auch dem König Mathias anlässlich seines Einzuges
als Statthalter Ungarns und des Erzherzogtums Oesterreich am
14. Juli 1608 einen feierlichen Empfang, bei dem sie aus-
rückten, Ber. und Mitth. d. A. V. Bd. IX, S. I23ff. Die
damals in zehn Fähnlein ausgerückte Bürgerschaft umfasste
nach dem Berichte Holzmüllers 5000 Mann und 300 deutsche
Handelsleute, dann die gleiche Zahl WälsChe und Nieder-
länder, die in Wien Niederlagen hatten, zu Pferde, «in einer
liberey geklaidt». Ueber die Ritterschaft der «löbl. burger-
schaft war herr Daniel Moser des innern stattraths rittmaister».

und 967—970) mit je einer Wappendarstellung auf
jeder Seite des Beiles an. Der gespaltene Schild
mit geharnischtem Ritter und Löwen dürfte vielleicht
das Wappen des Johann Kalenberger bei Wirrich
Fol. G2 sein, das unter den «Wapenmessig wapen
etlicher befelchsleut, so ihren hauptleuten nachgesetzt
sein sollten», sich befindet. Das vierfeldige Wappen
erinnert an das des Tiroler Geschlechts der Fueger
von Friedberg.3)
Ueber die Feldzüge der Wiener im 15. Jahr-
hundert haben Schlager und nach ihm Kutzlnigg
eingehend gehandelt. Hervor-
zuheben scheint dabei nur, dass
es sich bei den Kämpfen ausser
Wien wohl zumeist um von
der Stadt gedungene Söldner
handelt, und die Bürger haupt-
sächlich bei der Verteidigung
des heimischen Herds, der Stadt
selbst, in den Jahren 1477, 1485
und 1529 in Frage kommen.
Unter den Verteidigern der
Stadt gegen die Türken im Jahre
15294) befanden sich 19000
Mann zu Fuss und 2000 Reiter,
dann noch Spanier, deren Fahne
vom Jahre 1523 in die Samm-
lung gekommen sein dürfte und
subKat.in Gr. Nr. 3 88 auf bewahrt
wird, und tausend Wiener
Bürger. Von den vier Biir-
gerkompagnien standen an-
fänglich zwei unter Johann von
Greiseneck und Leonhart Hauser
beim Schottenthore in Verwen-
dung, während die anderen zwei
Kompagnien unter dem Bürger-
meister Wolfgang Treu und dem
Stadtrichter Paul Pernfuss für die
Aufrechthaltung der Ordnung,
die Pflege der Verwundeten und
die P’euerwache zu sorgen hatten.
Von den Waffen, die die
Bürger während der ersten Pe-
riode im Kriege trugen, kom-
men in Betracht als Trutzwaffen:
Armbrust, Feuerwaffen und Schwert, und als Schutz-
waffen: Harnisch und Setztartsche (letztere auch als
Söldnerwaffe). Von den Feuerwaffen fallen in die Zeit
Hand- und Hakenbüchsen und Musketen mit Lunten-
schlössern und Radschlössern.5) Die Sammlung besitzt

s) Siebmacher, Wappenbuch [1657] Teil I, S. 42. Das
letztere Wappen auch auf einem Spiess mit Jahreszahl 1573
im Grazer Landeszeughaus; Graf Meran 1. c. Taf. XXX,
Fig. 1, nicht erklärt.
4) Kutzlnigg 1. c. S. 336 und 342.
5) In Oesterreich seit 1518 nachweisbar, siehe Polizei-
ordnung im Archiv für österreichische Geschichte
Bd. XIII, S. 239.

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