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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 8
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Schalk, Karl: Die historische Waffensammlung der Stadt Wien im Zusammenhange mit der militärischen Organisation der Stadt, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0322

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3°6

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

fuess, ganz wol gerust in irer Ordnung» den Platz
bewahrten. «Diese kriegsleut, so under den fendiein
gelegen, waren bey 3000, vast alle versuchte
khriegsleut, welche in aller früe von der statt in
gueter Ordnung hinausgangen und das (beim Schar-
mützel verwendete) geschütz mit inen gefuert.»
Bei den Scharmützeln waren unter den Be-
rittenen auch vertreten «Ihrer Rö. Kay. Maj. härt-
schiere ».
Das Rossturnier, das am 16. Juni seinen Anfang
nahm, war ein Rennen «über die planckhen».
Nun kaufte die Stadt am 6. August 1560, also
nach beendetem Turnier, für die städtische Plarnisch-
kammer eine ganze Turnierrüstung1) von «einem
der Kön. würde hartschier, Stephan Khitzinger, ge-
nannt, so von der Röm. Kais. Mt. mit dinsten in
ander weg versehen worden, mit aller zugehörung
um 10 thaler', in geld 11 fl 5 sol. 10 den». Es
scheint also nicht unwahrscheinlich, dass wir in
dieser Rüstung den sogenannten «Löwenritter»
des Inventars vom Jahre 1821 (Kat.-Nr. 592),2) einen
Harnisch mit Schraublöchern zum Anbringen für die
Verstärkungsstücke zum neuen wällischen Gestech
über die Pallia («die plankhen»),3) zu erblicken
haben.
Ausserdem kaufte die Stadt im selben Jahre
von einem jungen Edelmann, «Röm. Kais. Mt hard-
schär, Wolf Rabitz genannt, aus der Schlesy eine
schöne reiterische rüstung mit aller zuegehörung,
so seinem anzeigen nach 18 taler gestanden, um
9 taler, in geld 10 fl 4 sol. den.»,4) und am 4. No-
vember «ein schönes, poliertes, gestreiftes Nürn-
bergerisch harnusch mit aller zugehörung von einem
trabanten der Röm. Kais. Mt, so angezeigt, er hab
ims selbs zu Nürnberg lassen schlagen, das 16 taler
gekost, um 4 taler, in geld 4 fl 5 sol. 10 den.».5 *) Wir
wagen nicht zu behaupten, dass unter diesen beiden

») UhlirZ, 1. c. Bd. XXX, S. 126.
-) Manuskript im Wiener St.-A. Rep. 184, Xr. 46,
S. 46 Xr. 11. «Dieser stellet einen deutschen Löwenritter
vom Jahre 1623 vor. Er hat lederne Brusttaschen und
ledernes Schurz mit blauen Bandeln eingefasst und eine
lederne Kuppel. Sein Harnisch ist blank mit gelben Xagerln
und bestehet aus einem Helm mit Visier, Halskragen, Brust
und Rücken, Achsel-, Arm-, Schenkel- und Knieschienen,
eiserne Handschuhe, mit Leder gefüttert und Beintaschen.
Der ganze Brustharnisch enthält einen vergoldeten, eingeätzten
Löwen. Das Visier, die Achsel, Ellenbogen, Handschuhe, Bein-
taschen und Knieschienen haben ebenfalls vergoldete Theile
hievon. Zur linken Seite hanget ihm ein eisernes Schwert
in der Scheide, in der rechten Hand haltet er eine grosse
Turnierlanze, und hat Sporen an Stiefeln.» Auf diese Art
Beschreibung bezieht sich wohl Demmins abfälliges Urteil
über das bürgerliche Zeughaus in Kriegswaffen 2. Aufl. S. 14.
Eine Rüstung mit Löwenköpfen, l'armure aux lions im
Artilleriemuseum in Paris, Robert, Cat. Bd. II, S. 56, Xr. G. 50,
sie wird als italienisch aus der Mitte des 16. Jahrhunderts
bezeichnet. Ueber die Hartschiere siehe Ottenfeld und
Teuber, Die österr. Armee, S. 7.
3) Böheim, Handbuch der Waffenkunde S. 564.
4) Uhlir2, 1. c. Bd. XXX, S. 127.
5) Ebenda.

Rüstungen die Prunkharnische der Sammlung Kat.-
Nr. 593 und 594 zu begreifen seien.0)
Im Jahre 1563.fand am 16. März der feierliche
Einzug König Maximilians in Wien,7 *) und gleich-
zeitig mit der Eröffnung des grossen Herrenschiessens
in Wiens) die Abreise von 6 Fendln Bürger nach
Pressburg zur ungarischen Krönung des römischen
Königs Maximilian unter dem Bürgermeister Herrman
Bäir,-«veltobrister iber sechs fendlen burger»
statt. Auch aus diesem Jahre besitzt die Stadt vier
Trabantenhelmbarten mit F. R. und Reichsadler (Kat.
in Gr. Nr. 643—645 und Nr. 647).
Anlässlich der Hochzeit des Erzherzogs Carl
von Steiermark mit Herzogin Maria von Bayern im
Jahre 1571 in Wien9) zog der Rat «mit zehn
fendlen; wolgeziert» unter Hans von Thaw,
Bürgermeister und Obrister, einem Leutenambt und
10 Hauptleuten dem Erzherzog, der von Wiener-
Neustadt kam, entgegen. Auf Wirrichs Abbildungen
befindet sich je ein Berittener (der Bürgermeister
und die Plauptleute) umgeben von Bürgern mit
Sturmhauben und Helmbarten. Die Bürger waren
nach den Darstellungen überhaupt nicht in Rüstung,
oder «diese lag unter dem goller, der zerschnitten
war, so dass der harnisch durchscheinen konnte».10)
Jeder Gruppe schreitet aber ein Bewaffneter in
Halbrüstung mit Sturmhaube, Brust- und Rücken-
harnisch, Bauchschienen und an diese geschnallten
geschobenen Schenkelschienen (Krebsen)11) und
langem Spiess voran.

°) Ein mit Jahreszahl 1560 versehener Harnisch aus der
Zeit des Turniers, der höchst wahrscheinlich dem Caspar von
Vels gehörte im Landeszeughaus von Graz, Graf Meran,
D. L. Z., S. 26 ff; im Inventar von 1590: «Geezter khyris»
genannt.
7) UhliräS, Jahrb. d. a. K. Bd. XVIII, Reg.-Nr. 15778.
Er wurde «von der burgerschaft mit freidenschüssen, zwaien
gegenziigen alter und junger kriegsleut ganz ansechenlichen
empfangen». Lanzknechtische Form «zu claidung»
wurden in der Zahl von 385 von Haus zu Haus geschickt
und ausgeteilt.
s) Flexel, Das grosse Herrenschiessen, herausgegeben
von Camesina, S. 45 und 75.
9) Wir rieh, Ordentl. Beschreibung des christl. Bey-
lags des Erzherzog Karolen mit Maria, Herzogin zu Bayern
den 26. Augusti 1571.
10) Xach der Beschreibung der Turnierrüstung Erz-
herzog Carls in Francolin 1. c. Fol. Xlb.
u) Xach dem Sprachgebrauche der Wiener Kammeramts-
rechnungen bezeichnet Krebs einen Theil der Rüstung,
und zwar die geschobenen Brust- oder Schenkelschienen
oder beide zusammen. Zum erstenmale ist die Bezeichnung
erwähnt in der Rechnung des Jahres 1456: «Krebs oder
halbplatten». In der Rechnung Uber die Zeit vom 24. Ok-
tober 1552 bis 1553 sind ausgewiesen als angekaufte «harnasch
von den lantzknechten in herzog Maritzen abzug an zahl
153, zum tail stuck und krebs, diechling', zum tail armbzeug
und Sturmhauben» (UhlirZ, 1. c. Bd. XXX, S. 118). Im
fahre 1559: «Harnasch mit aller zugehörung als: rück und
krebs mit paintaschen, stählen kragen und Sturmhauben».
(Ebenda S. 125.) Die ganzen Krebse sind im ganzen
geschobene Harnische, vgl. Böheim, Führer durch die
kaiserl. Waffens. Nr. 237, 243, 290, 293.
 
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