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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 8
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Sixl, P.: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [15]
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Fachnotizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0338
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320

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

Entstehungszeit dieser Hakenbüchse dürfte um die
Mitte des 15. Jahrhunderts zu suchen sein.
Endlich sei noch der Vollständigkeit halber eine
Hakenbüchse vorgeführt, welche dem Gewichte nach
zu den mittelschweren Hakenbüchsen, der Kon-
struktion nach zu den geschäfteten Hakenbüchsen
gerechnet werden muss. Die Ausführung des Laufes
verweist dieselbe jedoch in den Beginn des 16.
Jahrhunderts, in die Zeit des Kaisers Maximilian I.,
in welcher die Technik schon bedeutend vor-
geschritten war. (Fig. 77.)
Der Lauf ist aus Bronze, 83 cm lang und 12 kg
schwer. Derselbe verjüngt sich nach vorn und hat an
der Mündung eine breite, achtkantige Verstärkung;
oberhalb am Mündungskopf befindet sich ein längliches
Korn, welches mit dem Lauf aus einem Stücke erzeugt,
also weder angelötet noch eingeschoben ist. Am
hinteren Ende des Laufes, ebenfalls mit diesem aus
einem Stücke erzeugt, befindet sich ein Absehen-
stöckel, welches oben gespalten ist und an der
hinteren Seite ein muldenförmiges, nach vorn sich
verengendes Visierloch besitzt. Das Zündloch be-
findet sich rechts, hat Zündpfanne und Deckel;
der letztere fehlt, der Stift ist jedoch noch vor-
handen.
Unterhalb, beiläufig in der Mitte des Laiifes,
befindet sich ein breiter grosser Haken mit rundem
Loch nahe am Laufe; dieses, sowie das unterhalb
am rückwärtigen Laufende angebrachte Oehr dienen
zur Verbindung von Schaft und Lauf. Die Länge
der Seele beträgt 78 cm, das Kaliber 20 mm, daher
das Verhältnis des Kalibers zur Seelenlänge 1 : 39,
dem Kaliber entsprachen Bleikugeln yon 0,04 kg
Gewicht. Oben vor dem Absehen ist folgende
Marke: drei Rosetten, darunter ein Schild mit Fuchs

und Stern. Die vorliegende Hakenbüchse wurde
bei Karlstein in Böhmen gefunden. Eine ähnliche
Büchse befindet sich im Germanischen Museum zu
Nürnberg und ist mit 1550—1560 datiert,1) zwei
ganz gleiche im Stiftsmuseum zu Klosterneuburg,
zwei auf Schloss Kreuzenstein u. s. w.
Durch die Fortschritte der Wafifentechnik und
durch die zunehmende Verbesserung des Pulvers
wurde die Wirkung der eigentlichen Handbüchsen
gegen Ausgang des 15. Jahrhunderts immer mehr
und mehr verbessert, so dass mit der Zeit Hand-
feuerwaffen von der Grösse der Hakenbüchsen ent-
behrlich wurden.
Wohl waren die Handbüchsen noch immer so
schwer, dass der Anschlag aus freier Hand, wie
denselben der Feldkrieg forderte, den Schützen
bald ermüdete und dieser daher eine Stütze oder
Unterlage notwendig hatte, allein das Abschiessen
konnte schon ohne Haken erfolgen, da der Rück-
stoss für die geforderte Wirkung erträglicher wurde.
Der für das 15. Jahrhundert charakteristische
Haken reicht noch hinüber in das erste Viertel des
16. Jahrhunderts; dieselben sind noch zahlreich in
den Zeugbüchern und Waffeninventarien des Kaisers
Maximilian I. enthalten, in welchen jedoch gleich-
zeitig schon die Handbüchsen in bedeutend nume-
rischer Ueberzahl Vorkommen.
Um die Mitte des 16. Jahrhunderts werden die
eigentlichen Hakenbüchsen von den Handbüchsen
vollkommen verdrängt, dieselben verlieren ihre
einstige Bestimmung bei der Verwendung im Feld-
kriege und bleiben nur mehr als Ausrüstungsstücke
von Schlössern und befestigten Plätzen erhalten.
- - (Fortsetzung folgt.)
') Vgl. «Quellen» 115 und T. B. VIII.



Bayerisches National-Museum: Abteilung Waffen.2)
Als ich kürzlich München passierte, nahm ich die Ge-
legenheit wahr, wie stets dem National-Museum einen
Besuch abzustatten. Dieser Besuch war insofern, für mich
von grösserer Bedeutung wie früher, als inzwischen die

-) Da die Schriftleitung diese Fachnotiz erst erhielt, als
der Umbruch hes Satzes bereits begonnen hatte, und da es
ihr angezeigt schien, auch diese Mitteilung noch in dem vor-
liegenden Helte, wo der Stoff einmal besprochen wurde, zur
Kenntnis der Leser zu bringen, musste sie unter Verzicht
darauf, einen weiteren Anhang zum ersten Aufsatz zu geben,

neuen Räumlichkeiten im neuen Bau fertiggestellt worden
sind, und vieles von den Kunst- und Altertumsschätzen
durch die neue Aufstellung sich in anderem Licht zeigte.
So wunderbar der gesamte neue Bau wie auch die
Innenräume sind, so grossartig sich heute dem Beschauer
die meisten Teile dieser eminenten Sammlung zeigen —
so ist leider-die Aufstellung an einigen Punkten nicht
günstig. Besonders in dem Raume, der den Freunden
historischer Waffenkunde als besonderes Heiligtum gelten
mag — in der Waffenhalle — sah ich zu meinem Erstaunen
eine Anzahl hervorragender Stücke lediglich dem deko-
rativen Zt. als Ausschmückung des Raumes unter-
geordnet. Jeglichem Studium entzogen, dem Forscher eine

an dieser Stelle die zweifellos sehr zu beherzigenden Worte
des Herrn Prof. E. Doepler d. j. zum Abdruck bringen. Um
übrigens Missverständnissen vorzubeugen, sei bemerkt, dass
der Herr Verfasser dieser Notiz von dem Erscheinen des
Aufsatzes des Herrn Dr. Bassermann-Jordan keine Kenntnis
hatte. Die SchriftLeitung.
 
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