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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 8
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Fachnotizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0339

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8. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

?21

Annäherung gänzlich unmöglich machend, sind seltenste
Stücke zum Teil sehr unvorteilhaft untergebracht. Auf
einem ca. 3 m hohen Schrank stehen offen nebeneinander
etwa 7 Helme des 13. und 14. Jahrhunderts. Nicht allein,
dass die überaus seltenen Eisenhauben nur von einer Seite
zu sehen sind, durch die Höhe wird es selbst dem besten
Auge unmöglich gemacht, etwas im einzelnen zu erkennen.
An einer Wand gegenüber hängen in Höhe von 3—5 m die
Stangenwaffen älterer Art zum Teil so, dass die Beilformen
sich gegenseitig überschneiden und so uns nicht nur die
Marken oder Beschauzeichen nicht erkennen, sondern
auch selbst die Hauptform unklar erscheinen lassen.
In den kleineren Schränken herrscht starke Ueber-
füllung und keinerlei System für eine bestimmte Zu-
sammengehörigkeit vorhandener Arten. Es wäre dringend
wünschenswert, wenn die wertvollen Bestände in einer
übersichtlicheren Form vorgeführt würden, in flachen
aufrechtstehenden Schränken, möglichst von beiden Seiten
sichtbar. Die Abteilung „Jagd“, die im zweiten Stock
gesondert Aufstellung erhalten, ist in diesem Sinne klar
und verständig geordnet. Es könnten in der Waffenhalle
viele der weniger guten Stücke rein dekorativ verwendet,
dagegen die wissenschaftlich wertvollen möglichst chrono-
logisch nach Gruppen geordnet so aufgestellt werden,
dass der Beschauer jede Form und ihre intimen Details
zu studieren in der Lage ist. Hoffentlich ist manches
provisorisch und noch zu ändern. Jedes Provisorium, ob
für kurze oder lange Zeit, dem Publikum wie dem Forscher
zu zeigen, ist aber immer von Uebel; ungünstige Eindrücke
sind immer schwer wieder los zu werden, und es wäre
aufrichtig zu bedauern, wenn die kostbaren Schätze nur
für das schöne neue Haus vorhanden wären, während
doch die umgekehrte Forderung Anspruch auf Erfüllung
hat. Also, hoffen wir auf baldige Besserung.
E. Doepler d. j.

Turnier- und Feldrüstung eines fürstlichen Hofes
am Ende des 16. Jahrhunderts. Die aus Inventaren ge-
zogenen Schlüsse auf die praktische Verwendung gewisser
Waffenbestände pflegen kritischen Bedenken zu unter-
liegen, weil nirgends mit soviel Pietät Urväter-Hausrat
fortgeschleppt wird. Hier gilt recht das alte Sprich-
wort: Eine böse Axt verleurt sich nit. Anders steht es,
wenn die Bildung eines solchen Bestandes sich im hellen
Lichte der Gegenwart vollzogen hat: wir werden dann
annehmen können, dass er gerade den Bedürfnissen des
Tages entspricht. Der seltene Fall der Neubegründung
eines fürs.lichen Haushaltes mit seinen mannigfachen Be-
dürfnissen trat ein, als Heinrich Julius, der Sohn
Herzogs Julius von Braunschweig, 1564 geboren, 1578
nominell das Regiment des Bistums Halberstadt antrat,
das er nach des Vaters Tode mit dem eines braun-
schweigischen Herzogs vereinigte. Herzog Julius, der
ausgezeichnete, bis zur Pedanterie genaue Haushalter, hat
der Einrichtung des jungen Hofhalts die grösste Auf-
merksamkeit gewidmet, er hat auch die Rüstung zu Schimpf
und Ernst nicht vergessen. Hielt er doch auch darauf,
dass sogar sein Kanzleipersonal, vom Rat bis zum
Schreiber, je nach seiner Besoldung mit vorgeschriebener
Rüstung versehen war. Das Inventar über die für seinen
Sohn bestimmte Ausrüstung wurde 1578 anlässlich der
Spedition durch Fuhrleute aufgestellt, die Verpackung
erfolgte, von den Sätteln abgesehen, in vier Kasten:1)

Erster Kasten. 6 blaue und weisse halbe Kürasse
mit doppelten Hauben, als Stech- und Sturmhauben, auch
Bärten, so insgesamt 3 Centner wiegen. — 6 blaue und
gelbe halbe Kürasse, auch mit doppelten Hauben von
demselben Gewicht. — 12 Paar kurze Sattelbüchsen mit
eisernen Laden in den Halftern, alle auf den Platten
mit ausgegrabenem H. I., so zwei Löwen halten, jedes
Paar auf 15 Pfund mit der Halfter angeschlagen. — Ein
halber Kürass für den Herrn Postulierten, ganz blau mit
Visier und Sturmhaube. — Ein halber Kürass für Herrn
Magnus mit Visierhaube, blau mit weissem Geätze. —
Ein halber Kürass für Herrn Joachim, weiss mit blauem
Geätze, mit Visierhaube. — 12 Dreiecker mit halben
Scheiden und geschwärztem Kreuz und Knauf, wiegen
60 Pfund. — 24 grosse, 6 kleine Turnierschwerter, alle
mit geschwärztem Kreuz und Knauf.
Zweiter Kasten. 12 blanke halbe Kürasse, jeder
mitVisier und Sturmhaube und Bärten, wiegen 6 Centner.—
12 rote und gelbe Trabharnische mit Sturmhauben, Hand-
schuhen und Kragen, je 40 Pfund. — 3 Stellbogen mit
zugehörigen Winden, je 15 Pfund. — 4 kurze Kriegs-
wärterstangen (so!), eine gelb und rot, eine gelb und
schwarz, zwei blau und weiss gestrichen. — 12 Turnier-
spiesse, schwarz und gelb. — 12 solche, weiss und
blau. — 6 blau und weisse Pferdedecken zum Turnier
samt 6 Halskappen und Fürbügen. — Ein blau und
weisser Rock dem Kriegswärter (so). -—- 6 blau und
weisse Schürzen. — 6 schwarz und gelbe Pferdedecken
samt 6 Halskappen und Fürbügen. — Ein schwarz und
blauer Kriegswärter-Rock. — 6 schwarz und gelbe Schür-
zen. — 6 Schürzen für die jungen Herren, eine rot und
gelb, zwei schwarz und gelb und drei blau und weiss. —
6 kleine Turnierspiesse, drei gelb und schwarz, drei blau
und weiss.
Dritter Kasten. 395 Hufeisen zu 3^ Centner. —
12 rot und gelbe Trabharnisch mit Sturmhauben, Bein-
schern (so), langen Achseln, Handschuh und Rossstirnen,
jeder 40 Pfund. — 12 Hinterzeuge, Vorbüge, Zügel. —
12 Paar Stangen und Mundstücke. -—- 12 Paar Steigreife.
— 1 Paar Steigleder, darin die Bügel zusammengeheftet.
Vierter Kasten. 12 Halftern. — n Paar Steig-
leder. — 12 Paar Puckeln. — 6 neue Striegel. — 12 Heft-
zügel. •— 6 doppelte rote Kutschdecken. — 12 neue be-
schlossene Sättel. — 12 Feldsättel. — 27 Böcke.
Die Ausrüstung lässt die kräftige Nachblüte des
Turniers als höfisches Spiel in der zweiten Hälfte des
16. Jahrhunderts erkennen. Auch werden wir der Nach-
richt des Touristen Samuel Kiechel aus dem Jahre 1583
über die Braunschweiger Industrie gedenken: Es werden
auch in gemeldeter Stadt viel Zeug und Rüstungen ge-
macht als Harnisch und dergleichen Sachen, wie auch
Mundstück, Stegreif, Sporn. G. Liebe.

Die Ausrüstung sächsischer und thüringischer
Schlösser mit Feuerwaffen im Jahre 1436.
«Meissen und Sachsen verderbt,
Schlesien und Lausitz zerscherbt,
Baiern ausgenärbt,
Oestreich verheert,
Mähren verzehrt,
Böheim umgekehrtl»
(Theobald, Hussitenkrieg I, a66.)
So schildert ein gleichzeitiger Reim die Thaten der
fanatischen Hussitenhaufen. Besonders Meissen und Sachsen
hatten die Wut der rache- und beutegierigen Czechen
auszuhalten (1429—1430). Durch einen Waffenstillstand

*) Staatsarchiv Magdeburg-Halberstadt II, 338.
 
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