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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 9
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Sixl, P.: Zur Geschichte des Schiesswesens der Infanterie: Vortrag gehalten im militär-wissenschaftlichen Vereine zu Kaschau im Wintersemester 1900/01
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0345
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Zur Geschichte des Schiesswesens der Infanterie.*)
Vortrag- geh alten im militär-wissenschaftlichen Vereine zu KaschauimWintersemester 1900/01
von P. Sixl,
k. u. k. Oberstleutnant im Infanterie-Regiment Ferdinand IV,
Grossherzog von Toscana Nr. 66.


gespannte Aufmerksamkeit
mit welcher die militä-
rische Welt die Bewaff-
nung und Schiessaus-
bildung der Infanterie
verfolgt, sowie die grosse
Bedeutung, welche die-
sen beiden Gegenständen
zukommt, drängen von
selbst zu dem Versuche,
den geschichtlichen Aufbau dieses wichtigen Dienst-
zweiges festzustellen und das Schiesswesen längst
vergangener Tage näher kennen zu lernen.
Eine allgemeine Uebersicht über die Entstehung
der Infanterie-Bewaffnung und über die Fortschritte
in der Schiessausbildung lässt mehrere, durch be-
stimmte Erscheinungen charakterisierte Zeitabschnitte
unterscheiden, deren erster und frühester bis zum
grossen Kriege heranreicht und dessen eigentüm-
lich-interessanten Verhältnisse auf dem angedeu-
teten Gebiete zur näheren Besprechung gelangen
sollen.

Das Schiesswesen mit Handschiesswaffen reicht
hinauf bis in die klassische Zeit des Altertums.
Schon in der Ilias, im 23. Gesänge und später im
5. Buche der Aeneide findet man die genaue Be-
schreibung eines festlichen Wettschiessens.
In beiden Fällen wurde ein Mast aufgestellt,
eine lebende Taube oben befestigt; die Helden
traten in den Kreis, schüttelten die Lose im Erz-
helm und bestimmen die Reihenfolge für die Schützen;
wer die Taube abschiesst, bekommt den ersten Preis;
als Schiesswaffe diente der Bogen.

Dieselbe Schiessübung findet man in späterer
Zeit bei den Völkern der alten Welt; dieselbe Schiess-
übung hat als «Vogelschiessen» alle Veränderungen
der Bewaffnung überdauert und in der ursprünglich
einfachen Art durch das Mittelalter, die neuere und
neueste Zeit, ja selbst bis in unsere Tage sich er-
halten, wobei nur die lebende Taube durch einen
hölzernen Vogel ersetzt wurde.
Im königl. bayer. Münzkabinett befindet sich eine
Silbermünze, welche auf der Vorderseite einen Bogen-
schützen im knieenden Anschlag, auf der Rückseite
einen Vogel mit ausgebreiteten Flügeln zeigt. Die
Münze stammt ungefähr aus dem 5. Jahrhundert
v. Chr. und soll auf das Vogelschiessen von Stym-
phalus Bezug haben. Fig. i.1)
Im 13. Jahrhundert war in der Niederlande, in
Flandern und im nördlichen Frankreich das Vogel-
schiessen nach einem hölzernen bunt angestrichenen
Papagei weit verbreitet.2) Die Chronisten erzählen von
grossen Schiess-
festen , welche
von zahlreichen
Schützen be-
sucht wurden.
Antwerpen hatte
schon zu Anfang
des 1 Tahr-
, f1' J , Fig. 1. Münze auf das Vogelschiessen
hunderts sechs von stymphalos in Arkadien.
Waffenbrüdei- (Kgl. Münzkabinett in München.)


*) Dr. Hanns Riggauer, Einige Festmünzen früherer
Stuck-, Armbrust- oder Btichsenschiessen. Festzeitung für
das siebente deutsche Bundesschiessen in München. 1881. 191.
2) L.-A. Delaunay, Etüde sur les anciennes com-
pagnies d’archers, d'arbaletriers et d’arquebusiers. Paris
1879. I, 32 ff-

*) Es gereicht der Schriftleitung zu besonderer Freude, an die Spitze dieses Heftes, welches in drei Beiträgen zur
Anwendung der Waffe die Ausdehnungsfähigkeit des Gebietes der historischen Waffenkunde zeigen soll, eine Abhandlung
stellen zu dürfen, die etwas ganz Neues bietet. Denn ihres Wissens fehlt bisher in der Litteratur eine derartige allgemeine
und methodische Behandlung des Themas. Dem treuen, stets bewährten Mitarbeiter der Zeitschrift, Herrn Oberstleutnant Sixl,
gebührt dafür besonderer Dank. Zu bedauern ist nur, dass der Platzmangel verbietet, in einem Heft den ganzen Vortrag
zum Abdruck zu bringen. Die Schriftleitung.

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