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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0076
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Ö2

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

IV. Band.


Beiträge zur Geschichte der Landsknechte,
von Prof. Dr. Wilhelm Erben. Aus den Mit-
teilungen des k. u. k. Heeresmuseums im Artillerie-
arsenal in Wien, 3. Heft, Wien 1905.
Diese Arbeit bezeichnet eine weitere Etappe auf dem
mühevollen Wege der Sammlung einwandfreier Grund-
lagen zur Beurteilung des deutschen Landsknechtwesens.
Der Verfasser betont, dafs die Aufgabe zunächst darin
besteht, eine Quellensammlung anzulegen, da eine solche
noch nicht existiert und die Fronspergerschen Werke, wie
schon Jähns betont hat, durchaus nicht als irgendwie zu-
verlässige Quelle angesehen werden können. Denn Erons-
perger war nur ein unkritischer Kompilator, „ihm war der
Begriff literarischen Eigentums so fremd, dafs er sich nicht
scheute, ganze Bücher anderer Autoren ohne Nennung
ihres Namens an jener Stelle seines Werkes einzureihen
und abzudrucken, wo sie ihm eben zu passen schienen“.
Es ist ein Verdienst des Verfassers, auf diesen geringen
Wert der Fronspergerschen Publikationen abermals hin-
gewiesen zu haben, denn dieser Schriftsteller geniefst trotz
Jähns noch immer hier und da eine höhere Wertschätzung,
als ihm zukommt. Insbesondere für die wichtige Frage,
welchen Anteil Maximilian an der Wiedererweckung einer
tüchtigen deutschen Fufstruppe tatsächlich gehabt hat,
nachdem erwiesen ist, dafs die Aufstellung des ältesten
Artikelbriefes nicht mehr als sein Verdienst aufrecht er-
halten werden kann1), soyde für die Untersuchung der
organisatorischen Entwicklung des Landsknechtwesens vor
Maximilian läfst uns Fronsperger im Stiche. Hier tritt
Erbens Schrift zum Teil ergänzend ein.
Seine Beiträge zur Geschichte der Landsknechte sind
folgende:
1. Kriegsordnung der Schweizer in dem Feldzug
von 1499 nach zwei gleichzeitigen Abschriften im
Cod. Durlacensis 18 der grofsherzogl. Hof- und Landes-
bibliothek in Karlsruhe und in der Handschrift „Muste-
rungen 1434 bis 1504“ des Kgl. allg. Reichsarchivs in
München.
2. Kriegsordnung des Markgrafen Christoph von
Baden nach einer gleichzeitigen Abschrift im eben-
genannten Cod. Durlacensis 18.
3. Kriegsordnung des Grafen Andreas von Sonnen-
berg vom 2. Mai 1504 nach einer gleichzeitigen Ab-

r) Vgl. W. Erben in den Mitteilungen des Instituts für
österreichische Geschichtsforschung, 6. Ergänzungsband,
S. 475 ff-

Schrift im Band „Musterungen Nr. 1“ im Kgl. allg. Reichs-
archiv in München.
4. Kriegsordnung des Reinbrecht von Reichen-
berg vom 24. Jänner 1505 nach einer gle chzeitigen
Abschrift in dem sub 1 genannten Band „Musterungen etc.“
5. Kriegsartikel in dem „Treuen Rat“ von 1522,
Papierhandschrift der herzogl. Bibliothek zu Gotha.
Am frischesten aus der Praxis des Krieges selbst
herausgewachsen ist 4, welches während der erfolgreichen
Unternehmungen des Kaiserlichen Feldhauptmanns Rein-
brecht von Reichenberg gegen die pfälzischen Truppen in
Niederbayern Ende Januar 1905 entstand: hier beginnt
Artikel 1 mit den Pflichten der Angehörigen des Heeres,
„so man nun auf die veindt raisen oder ziehn würde“,
dann folgen Vorschriften für die Aufrechterhaltung der
Ordnung, Beutemachen, Straf- und Gerichtsverfahren in
verschiedenen Fällen, offenbar lauter Bestimmungen, deren
erneute Festsetzung das augenblickliche Bedürfnis in jenem
Kriegszug als notwendig erwiesen hatte. Die übrigen
Kriegsordnungen sind ersichtlich sorgfältig theoretisch
durch- und überarbeitet worden. So zeigt 1 eine peinlich
genaue Differenzierung aller der Eide, die vom Hauptmann
bis herab zum Knecht jeder einzelne zu schwören hat;
2 berücksichtigt aufserclem die Besoldung; 5 dürfte jedoch,
als Auszug aus dem verdienten Ruf geniefsenden „Treuen
Rat“ und auch mit Rücksicht auf die Zeit seiner Abfassung^
in der die organisatorische Entwicklung des Landsknechts-
tums schon weit gediehen war, die gröfste Autorität be-
anspruchen.
Mancher Artikel mutet uns kultur- und sittengeschicht-
lich höchst eigentümlich an, so die treuherzige Begrenzung
nach Lebensjahren in 5, 10: zum zehenden schweren wir
. kein kint unter 14 jaren zu ermorden, keinen
man der über 70 jar alt, zu entleiben“. Interessant und
bedeutsam ist auch die Auffassung des Gottesfriedens in
3, 4: „zum andern soll kainer kain kirchen frävenlich auf-
prechen noch der kirchen gut nit daraus nehmen; es wär
dann sach, das der vint gut darin wäre, möcht man mit
rautt des obersten hauptmans darus nemen“. In 2, 16 ge-
schieht auch der Stärke der Waffengattungen Erwähnung:
„Item zu acht spissen gehört ein bussenn und ein helm-
part. Item zu hundert person einen wagen geordent, item
II streytbussenn und X hockenbussenn.“ Ein Wagen auf
hundert Mann kann übrigens nicht als übermäfsiger Trofs
bezeichnet werden, durch den ja sonst die Landsknechte
berüchtigt sind: es wird wohl aber seit- n bei nur einem
geblieben sein.
Der Verfasser hat sich die Grundlagen für seine Arbeit
aus München, Karlsruhe und Gotha beschafft und betont,
dafs eine endgültige Herstellung der Texte nicht zu bieten
sei, solange nicht noch weitere Überlieferungsformen dieser
Stücke zu Tage treten. Es ist dies nur wiederum ein An-
lafs- für uns, den Wunsch zu äufsern, es möchte sich ein
gröfserer Kreis von Quellenforschern dem Werke der Grund-
legung zur Geschichte des mittelalterlichen und nachmittel-
alterlichen Heerwesens in Mitteleuropa gemeinsam widmen.
Meyer, Hauptmann u. Adjutant der 46. Inf.-Brig.
 
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