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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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12. Heft
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Reimer, Paul: Vom Schwarzpulver
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0403
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374

PAUL REIMER, VOM SCHWARZPULVER

IV. BAND

mufste es abhängen, ob die Körner eckig oder
mehr rundlich ausfielen. Zum Mengen des Satzes
und zur Bildung der Kuchen bediente man sich
der Pulverstampfe, die bereits am Ende des
15. Jahrhunderts fast genau so aussah wie im 18.
In einem wagrechten, starken Eisenbalken be-
fanden sich in einer Reihe eine Anzahl Löcher
von bimförmigem Längsschnitt, die engere Seite
nach oben. In jedem Loch steckte eine Stampfe,
welche oben in einem Gerüst Lührung hatte und,
von einer Daumen welle angehoben, durch ihr
eigenes Gewicht die Arbeit des Stampfens leistete.
Abb. 2 zeigt das Prinzip einer solchen Stampfe


Abb. 2. Pulverstampfe mit je einem Stempel
in jedem Stampfloch.
mit je einem Stempel in jedem Stampfloch. Wie
aus Abb. 3 zu ersehen, vereinigte man mitunter


Abb. 3. Pulverstampfe mit mehreren in einem Stampf loch
vereinigten Stempeln.
auch mehrere Stempel in einem länglichen Stampf-
loch. Der Antrieb der Welle erfolgte durch
Wasserkraft, durch Göpel oder auch von Hand.
Abb. 4 gibt eine solche durch ein Wasserrad an-
getriebene Stampfmühle mit 2x6 Stempeln wieder.
Dem Bilde hat eine Zeichnung des Werkes „Novo
Teatro di Machine et Edificii“ von Vittorio Zonka,
erschienen in Padua 1607, als Vorlage gedient.
Es gab auch fahrbare derartige Pulverstampfen

für denLeldgebrauch, bereits die genannten „Zeug-
bücher“ bilden eine solche ab (Abb. 5).
Diese von Wendelin Boeheim auszugsweise
herausgegebenen Zeugbücher geben die kaiser-
liche Artillerie in ihrem Bestände gegen Ende
des 15. Jahrhunderts wieder. Wir sehen zwei Mann
mittelst einer Räderübersetzung die Stempel be-
wegen. Auf Sicherheitsmafsnahmen wurde da-
mals augenscheinlich nicht viel gegeben, denn die
Beschläge, auch der Stampf löcher, sind als Eisen
(blau) angemalt. Die zugehörige poetische Er-
läuterung sagt:
„Wenn mangel an gemachtem pulver ist,
„So bin ich bereit zu jeder frist,
„Das man in veld und überall
„Mog machen pulver nach der wall.
Die Löcher der Stampfe wurden mit einer
gewissen Menge angefeuchteten Satzes beschickt
und die Maschine in Tätigkeit gesetzt. Natürlich
wich der Satz allmählich dem Schuh der Stampfe
aus und wurde an den Wandungen der Löcher


Abb. 4. Pulverstampfmühle mit Wasserantrieb.

emporgetrieben. Infolge der oben engeren Form
der Löcher fiel er aber immer wieder unter die
Stampfe, wurde gemengt und verdichtet, bis sich
schliefslich am Boden des Loches eine feste Kruste
ansetzte, die durch neues Material schliefslich zu
einem Pulverkuchen verdickt wurde. Dieser
Kuchen wurde herausgebrochen und bildete das
Material für die Bildung der Körner. Durch
Änderung des Anfeuchtungsgrades des Satzes
und der Fallhöhe der Stampfen hätte man es in
der Hand gehabt, die Festigkeit des Kuchens
und damit die Verbrennungsgeschwindigkeit und
Verwertung des Pulvers in gewissen Grenzen zu
ändern, indessen hatte die damalige Zeit noch
kein Verständnis für die innerballistischen Vor-
gänge beim Schufs, auch wohl nicht die Mittel,
Beobachtungen hierüber anzustellen.
Auch die Tätigkeit des Körnens wurde sehr
konservativ gehandhabt und war noch am Be-
 
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