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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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12. Heft
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Reimer, Paul: Vom Schwarzpulver
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0404

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12. HEFT

PARL REIMER, VOM SCHWARZPULVER

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ginn des 19. Jahrhunderts ebenso wie zur Zeit
Maximilians I. Die grob zerkleinerten Kuchen-
stücke gelangten auf die Körnbank. Hier stand
ein Arbeiter vor einem Holztrog, über welchen
eine Leiste gelegt war, und setzte von Hand das
mit einem durchlöcherten Boden aus Pergament
versehene Sieb, in welchem sich die Kuchen-
stücke und eine linsenförmige, mit Blei aus-
gegossene Holzscheibe befanden, in eine halb
schüttelnde, halb rotierende Bewegung. Hier-
bei wurden die Kuchenstücke durch die Holz-
scheibe an den Rändern der Sieblöcher zerdrückt,
die Stücke fielen in den Trog. War dieser voll,
so wurde der Inhalt ausgesiebt, die groben Stücke
kamen wieder ins Körnsieb, der Staub unter die
Stampfen und der Rest war brauchbares Pulver.

wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts
nach und nach auch in der Berliner Pulvermühle
eingeführt7). Diese Mahlwerke, welche unter dem
Namen Kollergänge heute in zahlreichen Industrie-
zweigen Verwendung finden, bestanden damals
aus einem marmornen runden Lagerstein mit
Holzrand, durch dessen Mitte die Antriebsachse
senkrecht hindurchging. Diese trug an einer
Querachse die beiden marmornen Läufersteine,
deren Durchmesser mit Bezug auf den Radius
des Kreises, den sie auf dem Lagerstein be-
schrieben, so bemessen war, dafs sie nicht nur
auf letzterem rollten, sondern zugleich eine
mahlende Bewegung ausführten. Durch diese
Einrichtung war ein Mittel gegeben, den Pulver-
satz sehr fein zu zerkleinern, gut zu mengen und


Abb. 5. Fahrbare Pulverstampfmühle mit Handantrieb für den Handgebrauch.

Die Ausbeute dieses primitiven Verfahrens war
gering, auch mufs die Arbeit des Körnens sehr
anstrengend und wegen des unvermeidlichen
Staubes unglaublich schmutzig gewesen sein.
Das gekörnte Pulver wurde nun noch getrocknet,
zur Entfernung leicht abbröckelnder Spitzen und
Kanten in rotierenden Fässern rolliert und dann
durch Beuteln entstaubt. Zum Schlufs trennte
man das Pulver in zwei Korngröfsen, das feinere
Korn bildete das Gewehr-, das gröbere das Ge-
schützpulver.
Wohl mag man in dieser über drei Jahr-
hunderte umfassenden II. Periode manche Hand-
griffe bei der Pulverbereitung verbessert haben,
an wesentlichen Fortschritten ist aber nur einer
zu verzeichnen. Es ist das die Einführung der
Läufergänge an Stelle der Stampfen. Diese Er-
findung stammt aus Frankreich oder Holland und

die entstehenden Kuchen infolge des grofsen
Gewichts der Läufersteine sehr hart zu machen.
In gröberer Ausführung dienten diese Läufer
wohl ursprünglich zum Zerkleinern der Pulver-
materialien und hatten vielfach nur einen Stein.
Eine solche sehr einfache Mahlvorrichtung zeigt
Abb. 6 nach Leonardo da Vinci. Der Läufer wird


7) Die König! Pulvermühle in Berlin befand sich auf
dem Gelände des jetzigen Lehrter Hauptbahnhofes, des
Ausstellungsparkes und des Humboldthafens. Als Betriebs-
kraft dienten Pferdegöpel (sogenannte Rofswerke).

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