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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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10. Heft
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Diener von Schönberg, Alfons: Der Bestand der chursächsischen Zeughäuser zu Ende des 16. Jahrhunderts
DOI Artikel:
Potier, Othmar: Eine sprachlich-waffengeschichtliche Verwechslungsposse
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0332

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10. HEFT BARON POTLER, EINE SPRACHLICH-WAFFENGESCHICHTL. VERWECHSLUNGSPOSSE 311

Der Umstand, dafs die in dem Inventarium
aufgeführten Posten mit gründlicher Genauig-keit
ihrem Geldwerte nach taxiert sind, bietet einen
doppelten Vorteil: Einmal vermittelt er uns eine
ungefähre Kenntnis von den Kosten, die die An-
schaffung des einen oder des anderen .Stückes
verursachte. Sodann zeigt er uns aber auch, wie
wertvoll der Inhalt der Zeughäuser in seiner
Gesamtheit war. Mit der als Gesamtwert derselben
angegebenen Summe von 5736050. allein können
wir aber nicht viel machen. Suchen wir sie uns
näherzubringen!
Der Wert eines Guldens betrug im Jahre 15801)
in unserer heutigen Währung ausgedrückt 4,66
bis 4,75 M., rund also 4,70 M. Hiernach um-
gerechnet würde der Inhalt der Zeug'häuser einen
Wert von 2695943,50 M. gehabt haben.
Genau genommen haben wir damit aber nur
den Münzwert, den Metallwert der damaligen
Guldenwährung errechnet, nicht den „lebendigen
Wert“, den Vermögenswert, den das kostbare
Besitztum im Vermögen seines Landes und seiner
Zeit darstellte. Mit anderen "Worten: Die Frage,
„welchen Aufwand müfste heute ein Staat machen,
um einen gleichwertigen, den heutigenVerhältnissen
entsprechenden Rüstungsbestand zu schaffen?“
ist noch nicht beantwortet. Hierüber gewinnen
wir ein viel klareres Bild, wenn wir das Verhältnis
der Lebensmittelpreise der damaligen und unserer
Zeit zur Grundlage der Berechnung machen, und
diesen Weg weist uns das Wort „pecunia“ selbst,
indem es auf den Tauschwert des Geldes gegen-
über den Lebensmitteln hinzeigt. Die Preise der
Lebensmittel aus einer der genannten sehr nahe-
9 Gütige Mitteilung des Herrn Prof.Wuttke, Dresden.

liegenden Zeit sind uns aber genau erhalten2),
und so mag eine Gegenüberstellung der damaligen
und der heutigen Preise zum Vergleiche hier
Platz finden:

Damalige Heutige
Preise. Preise.

Polnisch Rindfleisch des besten
Pfd
. -
1 Gr.
I
00
M.
Schöpsenfleisch ,, „
1 »
-
9 Pf
0
90
55
Kalbfleisch ,, ,,
1 >,
-
1 Gr.
I
00
55
Schweinefleisch „ ,,
1 »
-
1 Gr.
I
00
55
1 gemästete Gans = 8
— IO
Gr.
ca. 8,00
M.
1 jung. Huhn -
18
Pf.
,, 1,80
1 Paar Tauben = 18 Pf.
— 2
Gr.
„ 1,20
Ein Schock Eier = 8
— IO
Gr.
„ 4,20
55
Ein Pfund Hecht -
2
Gr.
0 °)9°
55
„ „ Karpfen -
18
Pf.
0,90
5)
,, „ Lachs -
IO
Gr.
,, 4>°°
5 >

Diese Liste liefse sich noch beliebig verlängern.
Wenn man daraus den Durchschnitt nimmt, so
greift man durchaus nicht zu hoch, wenn man
den Wert eines damaligen Groschen in seiner
„Kaufkraft“ heute gleich 1 M. setzt. Mit anderen
Worten: Was dem damaligen Menschen im Ver-
mögen 1 Gr. bedeutete, ist für uns heute 1 M.
Daraus ergäbe sich für den fl. ein Wert von 24 M.
Und das damals auf 573605 fl. taxierte Inventar
würde in unseren Verhältnissen einen Wert von
annähernd etwa 13766520 M. repräsentieren. Für-
wahr eine Kriegsrüstung, deren sich auch heute
kein Staat von der Gröfse Kursachsens zu schämen
brauchte!

2) Taxordnung des Kurfürsten Johann Georg II. vom
31. VII. 1623. [Codex Augusteus II. pag. 783.] Da hierin
ausdrücklich gesagt ist, dafs rnan „sich bey solcher Taxa,
so viel möglich, nach den alten Zeiten beqvemen“ wolle,
so geht daraus hervor, dafs die angegebenen Preise auch
in der vorhergehenden Zeit ungefähre Geltung hatten,
jedenfalls nicht wesentlich andere waren.

Eine sprachlich-waffengeschichtliche Verwechslungsposse
Von Dr. Otmar Baron Potier

Wer sich mit dem Studium des Kriegs-
gerätes längst zu Staub gewordener
Geschlechter befafst, stöfst oft auf
Schwierigkeiten, sobald es sich um die
Deutung der Schriftbänder auf Waffen morgen-
ländischen Ursprunges handelt. Nicht jedem'
steht immer ein sprachkundiger Helfer zur Seite,
und nicht immer finden Orientalisten, etwa viel-
beschäftigte Professoren an Universitäten, Zeit
oder haben Lust, ihr Wissen in den Dienst dieser
Kleinarbeit zu stellen, so dafs nur zu häufig die

orientalischen Inschriften auf Waffen selbst in
grofsen, öffentlichen Sammlungen durch Jahre
hindurch vergeblich auf ihre Enträtselung harren.
Beim privaten Sammler tritt noch ein Moment
dazu, welches die Ursache ist, dafs die Lesung
dieser Inschriften immer auf die lange Bank ge-
schoben wird: Die Delikatesse. Der einzelne
Sammler ist oft zu zurückhaltend, er scheut sich,
seiner Liebhaberei wegen diese Männer der
Wissenschaft mit einer dahin gehenden Bitte zu
behelligen.
 
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