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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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6. Heft
DOI Artikel:
Potier, Othmar: Die Waffenkammer des Stiftes Kremsmünster, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0195

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6. HEFT

v. POTIER, DIE WAFFENKAMMER DES STIFTES KREMSMÜNSTER

181

Die Waffenkammer des Stiftes Kremsmünster.

Systematisch dargestellt von Dr. Otmar Baron v. Potier.
(Fortsetzung aus Heft 3, S. 78.)

C. Stangenwaffen.
93. Spiefs (Abb. 9) mit 56 cm
langem, an der breitesten Stelle
10 cm messendem Blatt, welches
von sechs Löchern durchbrochen
wird, und achtkantiger Dille. Das
Spiefseisen wiegt 1,6 kg, der Schaft
ist nicht original. Ende des 15. Jahrh.
Piken. An einem Exemplar ist die
Spitze blatt-, an den beiden anderen rautenför-
mig gestaltet, hier mit einem starken Grat durch-
zogen. 17. Jahrh.
Anmerkung. Die 5 bis 6 Meter langen Schäfte der
Piken bestanden aus Eschen- oder Föhrenholz. Trotz der
ausgedehnten Waldungen bereitete es oft Schwierigkeiten,
den Bedarf an Schaftholz zu decken. Viele Urkunden
erwähnen des Unfuges der Spiefsschnitzer in den Wäldern
und der Streitigkeiten, über die Befugnifs, Spiefsholz zu
schlagen. In Niederösterreich werden besonders die Wäl-
der bei Kirchschlag und Krumbach an der steierisch-
ungarischen Grenze wegen ihres Reichtums an Spiefsholz
um 1620 urkundlich erwähnt (Vgl. Josef Scheiger, Bei-
träge zur Landeskunde Österreichs unter der Enns, III.,
S. 51). Um das Werfen der Schäfte zu vermeiden, wurde
bessere Ware auch aus zwei Latten und zwar derart
erzeugt, dafs das Zopfende der einen sich mit dem Wur-
zelende der anderen deckte. Beide Latten wurden mit
einander verleimt und verschiftet und mit Öl getränkt.
Der Pikenier steckte gern Blumen, Eichhörnchenschwänze
oder Amulette an seine Waffe.
Das immer wirksamer werdende Feuergewehr ver-
drängte nach und nach die Pikeniere aus den kaiserlichen
Heeren, welche anfangs im Verhältnisse von 1:1 mit den
Musketieren gemischt die Regimenter der „deutschen
Knechte“ —- irn Reiche oder in den Erblanden geworbene
Mannschaft — und der „Wallonen“ — in den Niederlanden
gemusterte Leute — bildeten, bis sie Montecuccoli be-
deutend verminderte. Dieser General setzte den Stand
einer 150 bis 160 Mann starken Kompagnie auf 48 Pikeniere,
88 Musketiere und 8 Rondachiere fest.
97. Stuck knechtspie fs mit vierkantiger
geflammter Stofsklinge und zwei Luntenhähnen
auf originalem Schafte.
98. Luntenspiefs, g-emeiner, mit kurzer vier-
kantiger Klinge.
99/100. Sensen, gerad geschmiedet, aus der
Zeit der oberösterreichischen Bauernkriege.
101. Jagdspiefs, dessen 25 cm langes und
5,5 cm breites Blatt gleich der Dille mit Ätz-
malerei geziert ist. Auf einem Tüpfelgrund
bemerkt man zwischen Rankenwerk einen mit
einer Streitaxt bewehrten Trabanten und einen
Spiefsträger. Die vordere Fläche des jüngeren


Knebels zeigt tiefe, eingehauene Striche. Der
achtkantige mit vier Federn, von denen jedoch
eine abgebrochen ist, versehene „gepickte“ Schaft
ist oben mit einer Samthülse überzogen. 2,5 kg.
16. Jahrh. Ende.
102. Schweinsspiefs mit 47,5 cm langer
and 7 cm breiter Klinge, deren Knebel Schrau-
bengänge aufweifst. Am originalen Schaft waren
einst vier Federn, davon denen jedoch nur mehr
die zwei kurzen erhalten sind. Der Aufputz ist
eine spätere Zutat. 3 kg'. 17. Jahrh.
103. Saufeder mit 25 cm langem, 4,5 cm
breitem Blatt und einfachem Knebel. Am ge-
kehlten, ursprünglich zu einer Helmbarte ge-
hörenden Schaft ziehen sich vier Federn, zwei
längere und zwei kürzere; herab. Ö5 kg.
17. Jahrh.
104. Jag'dspiefs mit 41 cm langem, 6,5 cm
breitem Blatt, in dessen Flächen vier Kreuze
roh eingehauen sind. Der rot-weifse Aufputz
ist nicht original. 2 kg. 17 Jahrh.
105. Schwere Saufeder(Abb.io),
deren Blatt einschliefslich der Dille
45 cm lang ist; dasselbe trägt die
in Messing plattierte Schweizer (?) —--
Marke. Am Schaft sind vier Federn ^bb 10.
vorhanden. 2,5 kg. 17. Jahrh.
Anmerkung. Hatte die verwundete Sau die Hunde
abgeschlagen, dann ging sie ihrerseits angriffsweise vor,
sie „nimmt den Jäger an“, was bei dem mutigen Charakter
dieser Tiere keine geringe Gefahr für den Waidmann in
sich schlofs. Bei der schwerfälligen Ladeweise der alten
Vorderlader blieb dem Jäger dann nichts anderes übrig,
als blitzschnell die Saufeder zu fällen und den blindwütig
herannahenden Keiler oder das Hauptschwein auf die
Klinge der Feder autlaufen zu lassen, wobei der Spiefs
den Schwarzrock unterhalb der Kehle treffen mufste. Der
querstehende Knebel am Jagdspiefs sollte nur verhüten,
dafs das Stück Schwarzwild sich den Spiefs durch und
durch jage und den Waidmann durch einen Schlag seiner
Gewehre ernstlich gefährde; der Knebel setzt also, nach-
dem die Klinge „bis ins Leben“ eingedrungen ist, dem
weiteren Herannahen des Wildschweines an den Jäger
ein Ziel.
Vgl. A. Diener-Schönberg, Knebel an Jagdblank-
waffen, Zeitschrift f. hist. Waffenkunde, Bd 3, S. 345.
106. Helmbarte um 1515 mit vollem Beil
und Haken. Die 36 cm lange Stofsklinge weist
eine unleserlich gewordene Marke auf.
107. Helmbarte um 1515 mit vollem Beil
und Haken und 33 cm langer Stofsklinge.
 
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