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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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12. Heft
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Stöcklein, Hans: Eine bisher unbekannte Augsburger Ätzerfamilie
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Gohlke, Wilhelm: Versuche zur Erleichterung der Feldgeschütze im 17. und 18. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0416

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12. HEFT W. GOHLKE, VERSUCHE ZUR ERLEICHTERUNG DER FELDGESCHÜTZE 387

die Münchner Archive für waffengeschichtliche
Forschungen noch gar nicht bearbeitet sind, hege
ich die Hoffnung, bei meinen Studien noch diesen
letzten Schlufsstein aufzufinden.
Im Bayrischen Nationalmuseum ist über die
Herkunft g'ar nichts bekannt, zumal bei Herstellung
des Inventars leider versäumt wurde, die Pro-
venienzen festzustellen. Hoffentlich wird bei Be-
arbeitung des, im dunkelsten Schofse der Zukunft

ruhenden Waffenkataloges diesem Übelstand ab-
geholfen, soweit dies jetzt überhaupt noch mög-
lich ist.
* * *
Zum Schlüsse erübrigt mir noch, Herrn Kon-
servator Dr. Schmid für gütige Unterstützung sowie
photographische Aufnahme des Harnisches an
dieser .Stelle meinen verbindlichsten Dank aus-
zusprechen.

Versuche zur Erleichterung der Feldgeschütze
im 17. und 18. Jahrhundert
Von W. Gohlke

Trotz der Bestrebungen Karls des Kühnen
von Burgund (1467 —1477) und Karls VIII.
von Frankreich (1483 — 1498), eine beweg-
liche Artillerie zu schaffen, die dem Heere in
die Feldschlacht zu folgen vermochte, blieben diese
Bemühungen so lange ohne Erfolg, als die Geschütz-
konstrukteure sich nicht entschliefsen konnten, das
Gewicht ihrer Rohre zu erleichtern, d. h. die Rohre
kürzer und die Metallstücken derselben dünner
herzustellen. An ersterem hinderte sie die an und
für sich richtige Ansicht, dafs das Rohr so lang-
sein müsse, dafs sämtliches Pulver vor dem Ver-
lassen des Geschosses aus dem Rohr in Gas ver-
wandelt sei, an letzterem, dafs das Rohr für die
gebräuchlichen starken, ganzen oder zwei Drittel
kugelschweren Ladungen die nötige Haltbarkeit
und deshalb eine ganz bestimmte Stärke besitzen
müsse. Erst das Aufgeben dieser Ansicht konnte
zum Ziele führen.
Dies konnte aber ohne grofse Nachteile ge-
schehen, da bei den kleinen Entfernungen, auf
denen sich in dieser Zeit das Gefecht abspielte,
auch geringere Ladung-en ihren Zweck erfüllten,
besonders da in diesen Nahkämpfen das Streu-
geschofs, die Kartätsche, im wesentlichen aus-
reichte, und aufserdem das Gufsmaterial und der
Gufs der Rohre sich vervollkommnet hatten.
Obgleich schon frühzeitig Anläufe nach dieser
Richtung gemacht wurden, blieb die Artillerie
des Feldheeres noch lange nur eine Stellungs-
artillerie, deren Beweglichkeit und Feuergeschwin-
digkeit so gering war, dafs dem Sieger gewöhnlich
die ganze Artillerie des Besiegten in die Hände fiel.
Wenn auch die Venetianer unter Bartolomäus
Alviani bei Vicenza (1508) drei vierpfündige Fal-
konen mit der Reiterei vorschickten, um die Nach-

hut der Kaiserlichen anzugreifen, und es in der
Schlacht bei Cerisolles (1544) dem Herzog von
Enghien gelang, dafs drei Vierpfünder ebenso
schnell als die Reiterei marschierten und in den
Zwischenräumen der Geschwader zum Feuern
kamen, so scheint diese Art der Verwendung der
Artillerie bis zu den Zeiten Gustav Adolfs von
Schweden nur selten Nachahmung gefunden zu
haben. Man behalf sich mit Geschwindstücken
kleinsten Kalibers, von denen man mehrere auf
einem Gestell befestigte, den sogenannten Orgel-
geschützen, Igeln, Ribolden usw., die man im
Treffen vor und zwischen das Fufsvolk stellte.
Sie können als Vorläufer unserer Maschinenge-
wehre betrachtet werden.
Gustav Adolf stellte im Jahre 1624 auf Vor-
schlag- des Obersten Siegroth Versuche mit ver-
kürzten Sechspfündern an, die besonders auf
Kartätschwirkung berechnet waren und die
Pulverladung in einer hinteren Verengung der
Seele (Kammer) aufnahmen. Die Ladung befand
sich, um die Ladeschaufel entbehrlich und ein
schnelleres Laden möglich zu machen, in einer
dünnen hölzernen Büchse, an der das Geschofs
mit Draht befestigt war.
DieseSechspfünder wogen nur 625 schwedische
Pfund (265,7 während dasselbe Kaliber in
anderen Artillerien noch 1900 Pfund Gewicht hatte.
Die Versuche ergaben gute Resultate.
Graf Philipp von Mansfeld, früher in schwe-
dischen Diensten, brachte 1624 diese Erfindung
mit nach den Niederlanden, wo der spanische Feld-
zeugmeister Spinola sofort unter Aufsicht des
Grafen in Brüssel 30 sechspfündige Kanonen, 10
fünfundzwanzigpfündige Kanonen und 23 Mörser
giefsen liefs, die beträchtlich geringere Metall-
 
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