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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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8. Heft
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Potier, Othmar: Die Waffenkammer des Stiftes Kremsmünster[5]
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Liebe, Georg: Waffenbeschwörung
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0257

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G. LIEBE, WAFFENBESCHWÖRUNG

DEM BÜRGERCORPS, GEWIDMET VON
IHREM SCHÄTZER I. M. 1806. Das Mono-
gramm weist auf den Bürger der Marktgemeinde
Josef Margelik, welcher hochbetagt 1848 starb,
als den Stifter dieser Fahne hin. Die Revers-
seite des Blattes trägt in einem ovalen Medaillon
dasBild der Unbefleckten Maria, in den natürlichen
Farben ausgeführt, und in Kartuschen die oben
aufgezählten heraldischen Embleme. Die Fannen-
stange ist in Schneckenlagen mit rot-weifs-grünen
Farbstreifen bemalt. Das grün-weifse Fahnenband
ist in Golddruck mit dem Doppeladler und den
Initialen des Kaisers Franz als Kaiser von Öster-
reich (F. I.) geziert.
Anmerkung. Das „K. k. privilegierte uniformierte
Bürgerkorps des Marktes Kremsmünster“ wurde 1642 er-
richtet. Der Fahne und den Offizieren des Korps, welche
mit den Offizieren des Heeres dieselbe Feldbinde und das
gleiche Portepee zu tragen das Vorrecht besitzen, gebüren
die reglementmäfsigen Ehrenbezeigungen seitens der An-
gehörigen der bewaffneten Macht. Vgl. Dienstreglement
für das k. u. k. Heer, I., Punkt 356, Wien 1904.
359. Österreichische Reiterstandarte,
M. 185g. Das 65 cm hohe und 72 cm breite Blatt
aus gelber Seide zeigt auf beiden Seiten den in
flachem Hochrelief in dasselbe hineingewebten

IV. BAND

österreichischen Doppeladler, dessen Brustschild
das kleine Reichswappen, umhängt von dem Orden
des Goldenen Vliefses, dem Militär-Maria-Theresia-
Orden, dem St. Stefans- und Leopoldorden, dem
Orden der EisernenKrone,enthält. Ein rot-schwarz-
weifs-gelber Flammenzungenrahmen von 7,5 cm
Höhe umgibt das Standartentuch. Die 270 cm
messende, aus zwei der Länge nach Überzopf
zusammengeleimten Stücken Lärchenholzes be-
stehende Stange wird durch vier je 3 mm breite,
in das Holz der Stange eingelassene Eisenschienen
verstärkt, zwischen welchen die Stange in Längs-
streifen rot-schwarz-weifs-gelb gestrichen ist. Eine
lindenblattförmige Spitze krönt den mit einem
Eisenschuh und einer Reitstange versehenen
Fahnenschaft.
Anmerkung. Diese Standarten wurden mit dem
k. k. Armeeverordnungsblatt Nr. 67 vom 9. Mai 1859 ein-
geführt und bei der Monturkommission in Stockerau
hinterlegt. Als im Jahre 1868 die k. k. Kavallerie, mit Aus-
nahme des 14. Dragonerregimentes, überhaupt ihre Standarten
verlor, wurden die noch in Stockerau vorhandenen un-
geweihten Blätter an das Artilleriearsenal in Wien ab-
geführt. Von dort kamen dieselben ins k. u. k. Heeres-
museum, aus welchem das Stift 1905 diese Standarte im
Tauschwege erwarb.

Waffenbeschwörung.
Von G. Liebe.

So mächtig ist der Trieb der Selbsterhaltung
im Menschen, dafs man seine Überwindung
zu allen Zeiten durch übernatürliche Mittel
erklären zu müssen glaubte. So entstand
die naive Vorstellung der Unverwundbarkeit von
Helden wie Achilles und Siegfried, und das
Suchen nach geheimnisvollen Schutzmitteln zieht
sich durch alle Kämpfe des Menschengeschlechts.
Teils sind es^greifbare Dinge, denen man solche
Kraft beimafs, teils zu bestimmten Formeln ge-
prägte Worte, durch die man den Beistand höherer
Mächte zu erzwingen wähnte. Für deutsche An-
schauungen hat Gustav Freytag in seinen Bildern
beim Dreilsigjährigen Kriege eine lehrreiche Über-
sicht gegeben; die dem Volkstum zug'ewandte
Forschung gewährt dazu reiche Ergänzungen,
besonders für spätere Zeiten.
Die erste Nachricht hat uns wie so oft die
unvergleichliche Beobachtungsgabe des Römers
erhalten. Tacitus berichtet von dem Stamme der
Aestyer, dafs diese Verehrer der Göttermutter
Nachbildungen von Ebern bei sich tragen zum

Schutz gegen Feindes waffen1)- Aus dem Mittel-
alter sind bei dem Charakter seiner Quellen Nach-
richten kaum zu erwarten, zumal sie überwiegend
geistlichen Ursprungs sind, indessen bei der
Lebenszähigkeit des Aberglaubens ist sicher an-
zunehmen, dafs von den späteren Bräuchen nicht
wenige auf ein hohes Alter zurückblicken können.
Das Christentum bewirkte keine grofse Änderung,
denn die Kirche befolgte auch hier die kluge
Politik, das allzu fest Gewurzelte nicht zu be-
kämpfen, sondern umzudeuten. Mit Recht wohl
läfst Scheffel im Ekkehard den streitbaren Abt
der Reichenau einen festen Harnisch mit dem
Nothemd vergleichen, das eine Jungfrau spann,
denn der Glaube an die Macht der reinen Jung-
frau ist uralt germanisches Eigen. Solche Hemden
waren noch Jahrhunderte später im Gebrauch,
auch nach S. Georg' genannt. Auf Bilder und

9 Germania cap. 45 Insigne superstitionis formas
aprorum gestant. Id pro armis omnigue tutela, securum
deae cultorem etiam inter hostes praestat.
 
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