Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

DOI Heft:
7. Heft
DOI Artikel:
Rambaldi, Karl von: Paradewaffen der Wittelsbacher
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0224

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
7. HEFT

v. RAMBALDI, PARADEWAFFEN DER WITTELSBACHER

207

Paradewaffen der Wittelsbacher.
Von Karl Grafen v. Rambaldi, Major a. D.

Ermuntert durch den Aufsatz des Dr. Otmar
Baron Potier in Heft io, Band III der
Zeitschrift für historische Waffenkunde
gestatte ich mir an dieselbe die Abbildung
einer Prunkpartisane zu übersenden, welche sich
in meiner kleinen W Äffen Sammlung befindet. Die
Stofsklinge dieser Partisane durchzieht, wie uns
Abb. i ersehen läfst, ein kräftiger Grat. Das Blatt
zeigt, in Hochätzung ausgeführt, auf geschwärztem
Grunde das Wappen des Herzogs Philipp Ludwig
von Pfalz-Neuburg (1569 — 1614) der Wittelsbach-
schen Nebenlinie Neuburg mit Hilpoltstein zwischen
Laubranken und Nelkenmustern. Unter dem
Wappen befindet sich die Jahreszahl 1589. Die
Dille ist achtkantig und es ziehen sich zwei 42 cm
lange Federn am Schaft hinab. Eine weifsblaue
mit rotem Samt unterlegte Seidenquaste ziert
den Schaft.
Mit dem Herzogtum Bayern kam Neuburg
an die Wittelsbacher. Bei Teilung der Wittels-
bachischen Lande 1255 erhielt Herzog Ludwig
der Strenge Oberbayern und die Rheinpfalz;
zum ersteren gehörte auch Neuburg. 1329 ward
der Wittelsbacher Besitz im Llausvertrag von
Pavia neuerlich zwischen Ludwig dem Bayer
und seines Bruders Rudolf I. Söhnen geteilt:
Ludwig — der spätere deutsche Kaiser mit dem
Beinamen „der Bayer“ — erhielt Bayern mit
Neuburg. Ende des 14. und Mitte des 15. Jahr-
hunderts wurde unter den LIerzögen der ver-
schiedenen bayerischen Linien mehrmals um den
Besitz von Neuburg gekämpft. Der Erbfolge-
streit nach dem Tode des Herzogs Georg des
Reichen (1503) fand sein Ende durch Schieds-
richterspruch des Reichstags zu Cöln a. Rh. vom
30. Juli 1505, welcher für die zwei unmündigen
Söhne (Otto Heinrich und Philipp) des Schwieger-
sohnes (Pfalzgraf Rupprecht von der Pfalz) des
Erblassers ein eigenes fürstliches Gebiet: „die
junge Pfalz“ oder „Pfalz Neuburg“ mit der Haupt-
stadt Neuburg schuf, deren Hauptstadt noch heute
das ihr von dem Vormunde der beiden Herzoge,
Friedrich Pfalzgrafen am Rhein, verliehene Wappen
führt. Auf Grund Vertrages von 1535 regierte
Otto Heinrich, der schon ab 1522 eigentlich allein
herrschte, als einziger Pfalzgraf; unter ihm ent-
stand die Residenz (Otto Heinrich - Bau). Otto
Heinrich ging 1542 zur Reformation über, führte
diese auch bei seinen Untertanen ein, übergab
die katholischen Kirchen dem von ihm berufenen

protestantischen Klerus und hob die Klöster in
seinen Landen auf. 1544 schlofs er sich dem
schmalkaldischen Bunde gegen Kaiser und Reich
an. 1546 wurde Neuburg erobert, Otto Heinrich
flüchtete, wurde mit der Reichsacht belegt und
sein Fürstentum durch einen kaiserlichen Statt-
halter verwaltet, der wieder die katholische Reli-
gion dem Volke oktroyierte. Als 1552 Herzog
Otto Heinrich nach Lösung der Reichsacht wieder
nach seiner Residenz zurückkehrte, nahm er so-
fort den Religionswechsel seiner Untertanen zum
Protestantismus abermals vor. 1556 erbte Otto
Heinrich die Kurpfalz und verlegte seine Resi-
denz nach Heidelberg, woselbst er die schönsten
Teile des noch in seinen Ruinen grofsartigen
Heidelberger Schlofsbaues (Otto Heinrich - Bau)
herstellte.
Die junge Pfalz aber, oder die neuburgischen
Lande schenkte er am 30. Juni 1557 mit dem Vor-
behalt lebenslänglicher Regierung daselbst dem
Pfalzgrafen Wolfgang von Z weybrücken-Veldenz,
woselbst er vom 3. Dezember 1532 bis 2. Juni 1569
regierte. Seit dem Jahre 1566 regierte derselbe
auch in der hintern Grafschaft Sponheim, welche
ihm Kurfürst Friedrich III. infolge Heidelberger
Vertrages vom 2. November 1553 abtrat. Nach
seinem Tode (2. Juni 1569) folgte sein erstgeborener
Sohn Philipp Ludwig (geb. 2. Oktober 1547 in
Zweybrücken), welcher vom 2. Juni 1569 bis
22. August 1614 regierte und als Besitzer dieser
Prunkpartisane für uns in Betracht kommt.
Derselbe hatte die Beinamen: Optimus pater
familias, Pius Sapiens Patiens Pacificus, Erz-
lutheraner (?) usw. Seine Gemahlin war Anna,
Tochter Herzogs Wilhelm IV. (des Reichen) von
Jülich, Kleve und Berg.
Wegen seiner Gemahlin erhob er im Jahre
1609 Erbansprüche auf Jülich, Kleve und Berg,
die durch Vertrag vom 31. Mai gl. J. mit Kur-
brandenburg vorläufig anerkannt wurden. Dieser
Vertrag bestimmte, dafs über die beiderseitigen
Ansprüche ein Schiedsgericht definitiv erkennen,
bis dahin aber die Regierung der Herzogtümer
eine gemeinsame sein sollte. Erst am 19. September
1666 folgte der Teilungsvertrag von Kleve, wo-
nach an Neuburg die Herzogtümer Berg und
Jülich nebst den Herrschaften Winnendahl und
Brexsant fielen, während Kleve, dann die Graf-
schaften Mark und Ravensberg an Brandenburg
gediehen. Ravenstein blieb noch ungeteilt, kam
 
Annotationen