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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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10. Heft
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Forrer, Robert: Waffenschmied und Goldschmied
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0337

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316

R. FORRER, WAFFENSCHMIED UND GOLDSCHMIED

IV. BAND

Waffenschmied und Goldschmied
Von Dr. R. Forrer

In Heft 9 unserer „Zeitschrift“ ist auf Seite 288
bis 290 durch Fortunat v. Schuber t-Sol-
dern die Schrift von Max Geisberg: „Die
Prachtharnische des Goldschmiedes Heinrich
Cnoep aus Münster i. W.“ besprochen worden.
Geisberg plädiert dafür, dafs die Prunk-
rüstungen von Goldschmieden angefertigt wurden,
v. Schubert entgegnet, dafs die Kunst des Eisen-
treibens Vorkenntnisse erfordert, die von einem
„beliebigen Goldschmied doch nicht ohne weiteres
zu erwarten waren“, und dafs daher nur an Spe-
zialisten in solchen Arbeiten zu denken sei,
„mögen diese nun Goldschmiede oder Plattner
gewesen sein“. Dieser Entgegnung fehlt insofern
die Ursache, als v. Schubert, wie man sieht, die
Goldschmiede nicht ausschliefst und selbst Geis-
berg natürlich nicht jeden „beliebigen Gold-
schmied“ solcher Arbeiten für fähig erklärt; das
Wort „beliebig“ fügt erst Dr. v. Schubert ein und
erst dadurch wird seine Kritik möglich. — Dafs ein
hoher Herr, wenn er sich eine Prunkrüstung be-
stellen wollte, seinen Auftrag nicht jedem „be-
liebigen“ Goldschmied gab, sondern einem solchen,
der in dergleichen Dingen speziell bewandert
war, ist doch aber ein Ding der Selbstverständ-
lichkeit.
Auch der Satz v. Schuberts wäre besser
unterblieben „und es unterliegt daher keinem
Zweifel, dafs ein gewöhnlicher Goldschmied noch
viel weniger imstande war, einen Harnisch zu
treiben, als ein Plattner“, weil Geisberg nirgends
behauptet hat, jeder gewöhnliche Goldschmied
sei im Eisenplattentreiben dem Plattner über-
legen gewesen. Man beachte aufserdem, dafs
hier im Referat wieder von einem „gewöhnlichen“
Goldschmied die Rede ist, während Geisberg den
Goldschmied Heinrich Cnoep durchaus nicht als
einen „gewöhnlichen“ Goldschmied bezeichnet
oder ihn als solchen behandelt haben will, sondern
jedenfalls eben als einen jener Goldschmiede, wie
sie v.Schubert selbst anerkennt, nämlich als einen
mit Spezialkenntnissen in solchen Arbeiten.
Wenn man ferner g-egen die Goldschmiede
ins Feld führt, dafs sie in der Kunst des Eisen-
plattentreibens zweifellos weit weniger geübt
waren, so mufs anderseits doch auch hervor-
gehoben werden, dafs die Hand des Goldschmiedes
wieder geeigneter und geübter war, wenn es sich,
wie bei vielen Prunkharnischen, um besonders
reiche Gold- und Silberanwendung in Gestalt von
gravierten Ein- und ziselierten Auflagen handelte.

Aus dem bisher Gesagten ergiebt sich zweier-
lei: 1. dafs kritische Prüfungen, d. h. kritische
Referate, oft etwas mehr Selbstkritik verlangen
und 2. dafs bei der Frage der Autorschaft von
Prunkrüstungen, ob Goldschmied oder Plattner,
mit allgemeinen Argumenten wenig anzufangen
ist, dafs da nur eine Menge eingehender Einzel-
unter suchungen zum Ziel führen kann.
Tatsächlich ist die Frage „ob Goldschmied
oder Plattner“ weder durch die bemerkenswerten
Untersuchungen Geisbergs, noch durch die an-
regenden Bemerkungen v. Schuberts im einen
oder anderen Sinne entschieden.
Die Frage ist auch keine so leichte, denn sehr
richtig bemerkt v. Schubert, dafs eine strenge
Scheidung von Prunkharnisch und Gebrauchs-
harnisch nicht möglich ist, dafs es zahlreiche
Zwischenstufen gibt. Ich habe echtes Plarnisch-
zeug der Spätzeit (17. Jahrhundert) gesehen, dessen
sich jeder „Plattner“ des 16 Jahrhunderts ge-
schämt hätte; Ware, die man kaum mehr als
Plattner-, weit eher als „Blechnerware“ be-
zeichnen könnte, hervorgegangen aus Werkstätten,
die mehr „Fabrik“ denn „Plattnerei“ waren und
ersichtlich das Rüstzeug rasch und billig zu liefern
hatten, dieses ganz fabrikmäfsig herstellten. Von
da führen mannigfache Stufen zur vollendeten
Plattner wäre, vollendet und kunstvoll nicht
etwa durch schmückendes Beiwerk, sondern durch
die Güte des Materials, die Schönheit der Formen,
durch die Zweckmäfsigkeit der Gefüge und durch
die wohlberechnete Verteilung der Gewichts- und
Stärkeverhältnisse, Für den wahren Kenner liegen
in einer solchen Rüstung Schönheitsreize, die oft
weit höher einzuschätzen sind als reiches Orna-
mentwerk und sicher auch von den alten Plattnern
und ihren Bestellern sehr wohl einzuschätzen ge-
wufst wurden. Dafs es Plattner, Künstler im
Reiche der Plattner waren, die diese hervor-
ragenden Gebrauchsharnische fertigten, ist zwei-
fellos.
Nun aber beginnt sofort das Rätsel: Wenn
wir eine Rüstung der letztg'eschilderten Art sehen,
diese mit geätzten und oft noch vergoldeten
Ornamenten ausgeziert, sind dann Plattnerei und
Ätzornamentik vom gleichen Künstler aus-
geführt, oder waren für die genannte Auszierung
besondere Ätzmaler zur Stelle? Gar vielen
mag die Frage sehr leicht zu beantworten er-
scheinen und sie werden rasch im einen oder im
anderen Sinne entscheiden. So einfach liegt die
 
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