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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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5. Heft
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Literatur
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Vereins-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0170

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VEREINSNOTIZEN

156

IV. BAND

d’Este“ und einen erfreulichen Beweis für die unermüdliche,
so überaus fruchtbringende Forschertätigkeit unseres ver-
ehrten Vereinsmitgliedes Buttin.
Die Arbeit zerfällt in zwei Teile, deren erster uns
mit dem Aussehen der Waffe bekannt macht. Schon der
Griff unterscheidet diesen Dolch von seinen Brüdern: Der
scheibenartige Knauf, mit seinen herzoglich badischen
Wappen, erinnert an denjenigen am Degen Caesar Borgias,
wie auch die Auszierung des eigentlichen Griffes in der
Manier des Hercules de Fideli, des Konvertiten Salomon
Sesso, gehalten ist. Buttin macht aber aufmerksam, dafs
im Anfang des 19. Jahrhunderts in Venedig der Antiquar
San Quirtco den Styl dieses Meisters täuschend nachahmte.
Die um ein Drittel ihrer urspünglichen Länge verkürzte
und später nachgeschliffene Klinge zeigt reich in Gold
dekorierte Gravierungen (Thomyris oderJudith oder Salome);
einfach erscheint die neue Erklärung, welche Buttin für die
an der Klinge bemerkbaren Nietlöcher gibt, und die schon
Leute vom Fach zu den haarsträubendsten „Erklärungen“
verleitet hatten.
Der zweite Abschnitt dieses Schriftchens ist der
kritischen Würdigung dieser Waffe gewidmet. Buttin kommt
zu dem Schlufs, dafs diese Ochsenzunge zwar italienischen
Ursprunges sei, jedoch niemals von Fideli auf Bestellung
gemacht worden sein konnte. Fideli, welcher nur für das
Haus Este arbeitete, starb 1552, während alle Einzelheiten
der Waffe darauf hindeuten, dafs dieselbe frühestens in der
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstanden sein konnte.
Aufserdem unterscheiden sich die Details in der Aus-
schmückung dieser Waffe von unzweifelhaft echten Arbeiten
de Fidelis: Bei diesem sind alle Figuren bartlos, während
die Goldschmidtsche Klinge mehrere bärtige Männer er-
kennen läfst; dort erscheinen die Gestalten stets en face
oder höchstens im dreiviertel Profil und nur in Medaillons
im Profil; hier dagegen stehen mehrere Personen aus-
gesprochen im Profil usw. Wenn auch mancher dem Ver-
fasser den Vorwurf nicht ersparen werde, er zerstöre, ohne

VEREINS-NACHRICHTEN

Moritz Thierbach f am 20. Dezember 1906
und
Otto Müller f am 26. September 1906.
Über den Verein für historische Waffenkunde ist eine
schwere Zeit gekommen. Im Herbste wurde ihm der frühere
Schatzmeister Otto Müller entrissen und jetzt, um die
Weihnachtszeit, hat er sein Ehrenmitglied Moritz Thier-
bach verloren. Beide Verluste sind nicht wieder auszu-
gleichen; denn in beiden Männern sind Persönlichkeiten
von ausgeprägter Eigenart dahingegangen.
Lange bevor die Waffenkunde organisiert war, hat
Moritz Thierbach ihr in einer Weise gedient, wie es seit
ihrer Begründung als Wissenschaft bisher keinem wieder
vergönnt war. Denn er war in der Lage, sein Leben ganz
der Arbeit im Fache zu widmen. Nicht als Gelehrter,
sondern als Mann der Praxis ist er zur Waffenkunde ge-
kommen, und wenn man sein Schaffen gerecht beurteilt,
so wird man sagen müssen, dafs er auch nie im Laufe der

aufzubauen, so rechtfertigt sich Buttin dagegen mit dem
Hinweise, dafs ihm sein wissenschaftliches Gewissen nach
genauer Prüfung der ja recht interessanten Waffe keine
andere Wahl lasse. Dr. v. Potier.
Kurze Darstellung der geschichtlichen Entwick-
lung der Handfeuerwaffen, zugleich als Führer
durch die „Thierbachsche Sammlung“ in der
Königl. Arsenalsammlung zu Dresden.
Dafs die Kenntnis des historischen Werdegangs auch
bei rein technischen Erzeugnissen aufserordentlich zum Ver-
ständnis des betreffenden Gegenstandes in seinen wirklichen
Gebrauchswerten beiträgt, kommt uns heute immer deut-
licher zum Bewufstsein. Man braucht nur an eine Tatsache
wie die Gründung des Deutschen Museums von Meister-
werken der Naturwissenschaft und Technik in München
zu denken, um die aufserordentliche Bedeutung dieser Er-
scheinung voll zu würdigen. Wenn die vorliegende Schrift
als Teil des Kataloges dieser neuen Sammlung einen höchst
ehrenvollen Platz einnehmen würde, so ist damit auch ihr
Wert für die Königl. Arsenalsammlung und weiterhin für das
besondere Gebiet der allgemeinen historischen Waffenkunde
gekennzeichnet. Auf der Grundlage von Thierbachs an-
erkanntem Hauptwerk, der „Geschichtlichen Entwicklung
der Handfeuerwaffen“ fufsend, gibt sie in zwölf gut ge-
gliederten Abschnitten eine vortreffliche Übersicht über die
nicht einfachen Vorgänge, die vom Luntenschlofsgewehr
bis zum modernen Armeegewehr geführt haben. Die be-
rühmte, von Thierbach geschaffene Sammlung von Gewehr-
schlössern bietet ein fast lückenloses Jlllustrationsmaterial
für diesen historischen Kurs. Doch wird das handliche
Heft auch jedem nützlich sein, der sich, ohne die Objekte
selbst sogleich bei der Hand zu haben, auf dem genannten
Boden schnell orientieren will. Und darin liegt sein über
die nächstliegende Bestimmung hinausgehender Wert für
die allgemeinere Forschung. Haenel.

langen Jahre zum Gelehrten geworden ist. Er wollte es
auch gar nicht sein. Obwohl er an Studien in Archiven
und in der Literatur, so weit hier überhaupt von einer
solchen gesprochen werden kann, es nicht hat fehlen lassen,
so waren ihm doch die Erfahrungen und Beobachtungen,
die er an den Gegenständen selbst machte, immer die Haupt-
sache. Nichts glaubte er erfafst zu haben, was er sich nicht
durch Nachschaffen — in der eigentlichsten Bedeutung dieses
Wortes — zu eigen gemacht hatte. Thierbach hat mir ein-
mal erzählt, dafs er als junger Offizier sich zur Winter-
arbeit die Entwicklung der Handfeuerw affen gewählt habe
und dafs dies weniger auf Grund sorgsamer Überlegung
geschehen .sei, als weil er eben irgend ein Thema habe
finden müssen. Wie immer dachte Thierbach auch hier über
seine Tätigkeit zu bescheiden. Es mufs doch etwas in ihm
gewesen sein, das ihn zu diesem Stoffe in einer Zeit zog —
es handelt sich um die ersten fünfziger Jahre des vorigen
Jahrhunderts —, in der er nur wenigen genauer bekannt
war; jedenfalls würde er sonst nicht mit so zäher Ausdauer
mehr als 50 Jahre ihm gewidmet haben. Denn seine Reisen
— ui d er hat ihrer sehr viele unternommen — galten nur
diesem Zweck, seine MuGestunden wurden nur von ihm
in Anspruch genommen, und der junge Offizier scheute
sich nicht, nur um seinetwillen in die Schlosserwerkstatt
 
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