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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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8. Heft
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Baarmann: Die "Faule Magd" der Königlichen Arsenalsammlung zu Dresden: Vortrag, gehalten im Dresdner Waffengeschichtlichen Seminar in der Sitzung vom 2. März 1907
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Potier, Othmar: Die Waffenkammer des Stiftes Kremsmünster[5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0252

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8. HEFT

BARON POTIER, DIE WAFFENKAMMER DES STIFTES KREMSMÜNSTER

235

mit Hinterladung versehen waren, Vogler oder
Kammerbüchsen.
Zur Konstruktion dieser langen Büchsen gab
vor allem Veranlassung, dafs man den direkten
Schufs, wie ihn die grofsen Armbrüste ermög-
lichten, bei dem Feuergeschütz schmerzlich ver-
mifste, welcher Umstand auch hemmend auf
dessen allgemeinere Einführung einwirkte. Je
mehr man mit der neuen Waffe vertraut wurde,
um so mehr erkannte man, dafs eine stärkere
Ladung in Verbindung mit einem verlängerten.
Rohr zur Erreichung dieses Zieles geeignet seien,
und so kam man gegen Beginn des 15. Jahr-
hunderts zu den verlängerten Rohren der
Terras-Steinbüchsen. Im zweiten Viertel des
15. Jahrhunderts verliert sich diese Benennung
allmählich und die Bezeichnung Terrasbüchse
bleibt nur noch für Lotbüchsen von vier Zoll
Kaliber abwärts. Für die frühere gleiche Be-
zeichnung- auch schwerer, zum Breschieren ge-
eigneter Geschütze ist in gewissem Grade auch
die Stelle in der Emeis des Geilers von Kaiser-
berg beweisend: „Es ist nicht löblich ein Turn,
das er steif steht, da nie kein Darrasbüchse
daran gericht ist gewesen“. (Köhler a. a. O.)
Ein sonderbarer Zufall ist es, dafs das
Artilleriearsenal zu Wien eine gleichfalls ge-
schmiedete grofse Terrasbüchse von genau dem-
selben Kaliber von 34,5 cm besitzt, die in ihrem
Aufbau der „Faulen Magd“ so nahe kommt, dafs
man vermuten könnte, sie seien an gleicher Stelle
gefertigt1). Denn, abgesehen vom gleichen Ka-
liber, ist der Flug- bei beiden Geschützen nur
wenig kürzer als die doppelte Kammerlänge,
auch Durchmesser und Länge der Kammer sind
fast genau die gleichen; die äufsere Länge des
Flugs und des Kammerstückes kommen einander
gleichfalls sehr nahe. Nur die Auflagerung der
b Dargestellt und beschrieben von Böheim in den
Mitteilungen der K. K. Zentralkomm. Jahr 1883, desgl.
Köhler a. o. a. O., Tafel IV, Fig. 13.

Querringe ist bei der Wiener Terrasbüchse ein-
facher gehalten; es ist nur eine Lage vorhanden
und die Abstände wie Stärke der Ringe sind
auf Flug und auf der Kammer fast durchweg
in sich gleich. Aufserdem besitzt die Wiener
Büchse am Flug- wie am Kammerstück je ein
Paar kantige Einlagerungs-Schildzapfen, was —
sofern diese nicht später angeschmiedete Zutaten
sind — für ein etwas jüngeres Alter des Rohres
sprechen würde. Nach Böheim hat sich in den
eisenreichen Gegenden Österreichs die Herstellung
schmiedeeiserner Geschütze länger erhalten als
anderwärts2).
Dafs wir in der „Faulen Magd“ keine Bom-
barde vor uns haben, als welche sie die Tra-
dition bezeichnet, auch nicht eine der aus dieser
hervorgegangenen Haufnitzen, eine kurze Stein-
büchse oder Steinbüchse im eng'eren Sinne, be-
weisen die Angaben des bereits erwähnten Feuer-
werksbuches (Germ. Mus. 1481 a), da bei diesen
die Kammer zwei, der Flug dagegen nur it/2
Kug'eldurchmesser lang war und erst allmählich
bis auf drei, später, gegen Mitte des 15. Jahr-
hunderts, noch mehr verlängert wurde.
Nach alledem dürfte kaum noch ein Zweifel vor-
liegen, dafs wir in dem Rohr der „Faulen Magd1
eine der damals so genannten Terras-Stein-
büchsen aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts
vor uns sehen.

2) Kurfürst Friedrich der Streitbare nahm 1421 beim
Entsatz von Brüx den abziehenden Hussiten aufser zwei
Feuermörsern und 14 kleineren Geschützen zwei grofse
Büchsen ab. Auch in Leipzig gab es früher eine gleich-
falls als Städtewahrzeichen geltende „Faule Magd“, die bei
der Belagerung durch die Schweden 1637 beim Abschlagen
eines Sturmes auf die Ostfront — wohl durch Streu-
geschosse — mit Vorteil vet wendet wurde Über diese und
ihren Verbleib habe ich bisher nichts feststellen können.
Alle diese Tatsachen lassen jedoch die Möglichkeit einer
an und für sich wenig wahrscheinlichen aufsersächsischen
Herkunft der „Faulen Magd“ nicht völlig von der Hand
weisen. Vielleicht geben diese Zeilen Anregung zu weiteren
Nachforschungen an einschlägigen Stellen.

Die Waffenkammer des Stiftes Kremsmünster.
Systematisch dargestellt von Dr. Otmar Baron Potier.

(Fortsetzung aus Heft
304/306. Pechpfannen zu Beleuchtungs-
zwecken. Die Pfannen bestehen aus 10 cm tiefen,
2 5 cm im Durchmesser haltenden Schalen aus Eisen-
blech, welche mittels zweier Zapfen in eisernen
Gabeln aufgehängt sind. Diese wieder sitzen mit

S. 222 und Schlufs.)
Dillen auf hölzernen nicht originalen Schäften
1,1 kg. 16. Jahrh.
307. Pech kr an z aus in Pech getränkten
Luntenstricken gedreht. Der äufsere Durchmesser
beträgt 36 cm, der innere 25 cm. 1 kg. 17. Jahrh.
 
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