Das eiserne Kampfbeil in der fränkischen Zeit
Von Wilhelm Wilbrand
Die Meinung Osbornes (Das Beil, Dresden i887)'
dafs bei den germanischen Völkern die Axt
sich nicht aus dem Kelt entwickelt habe —
die Abbildungen i, 2, 3, 4 stellen Kelte der Hall-
statt- und La lene-Zeit dar und zeigen uns, wie
sehr die Form des Keltes sich von derjenigen des
Beiles (Abbildung 5) unterscheidet —, sondern dafs
die Axt, welche die germanischen Völker durch
die Berührung mit den Römern wohl erst kennen
gelernt hatten, anstelle des Keltes, dessen sie sich
vorher bedient hatten, getreten sei, sowohl als
Werkzeug wie als Waffe, dürfte auch nach dem
heutigen Stande der Forschung durchaus richtig
sein.
Ebenso richtig ist seine Behauptung, dafs,
wenn die Form der Axt seit ihrem ersten Auf-
treten in prähistorischer Zeit bis auf unsere Tage
sich auch etwas verändert hat, doch diese Ände-
rung nicht von wesentlicher Bedeutung gewesen
sei; in seinem Habitus sei das Gerät dasselbe ge-
blieben.
Es läfst sich aber trotzdem bei dem Beil oder
der Axt — beide Worte bedeuten dasselbe Gerät
— eine gewisse Entwicklung, die eine Einteilung
ermöglicht, feststellen. Der Form nach unter-
scheiden sich augenfällig zwei Gruppen.
I. Die Schmalaxt
Diese Axt eignet sich ihrer Form nach zum
Wurf, sie ist in den meisten Fällen deshalb als
Wurfbeil zu bezeichnen.
Bei der Schmalaxt müssen wir wieder zwei
Formen unterscheiden,
a) die gerade Schmalaxt,
b) die geschwungene Schmalaxt oder Fran-
ziska.
II. Die Breitaxt
Diese Axt ist zum Wurf ungeeignet, sie wird
deshalb im Gegensatz zum Wurfbeil als Streit-
axt bezeichnet.
I. Die Schmalaxt
a) Die gerade Schmalaxt
Die Abbildungen 6, 7, 8, 9 zeigen uns römi-
sche Werkbeile, die in der Saalburg gefunden
wurden (Jacobi, Das Römerkastell Saalburg).
Die Abbildung 10 gibt ein im Rhein bei Mainz
gefundenes Beil wieder, dessen römischerUrsprung
sich aus der Inschrift N.R.I. ergibt; wahrschein-
lich ist es auch ein Werkbeil.
Die Abbildung 11 stellt ein in Reichersdorf,
Kreis Guben, gefundenes Beil dar, von dem es
zweifelhaft ist, ob es römisch oder deutsch ist.
Da es ein Urnenfund ist und dabei ein Schwert
mit Inschrift gefunden wurde, das römisch ist, so
ist dieses Beil als Kampfbeil anzusprechen. Ist
das Beil deutschen Ursprungs, so würde das Schwert
ein Beutestück darstellen. (Bemerkenswert an
diesem Beil ist die Anschweifsung der Rückseite
an die Vorderseite.)
b) Die geschwungene Schmalaxt
Die Abbildung 12 zeigt uns ein Beil, das aus
einem germanischen Grabfund der Völkerwande-
rungszeit stammt. Dieses Beil mit schwacher
Schweifung schliefst sich noch dem Typus rö-
mischer Werkbeile an (Lindenschmit, Die Alter-
tümer unserer heidnischen Vorzeit).
Lindenschmit beschreibt diese Axt folgender-
mafsen:
„Axt aus Eisen 17 cm lang, am Helm 4 cm
breit. Die Fläche der Axt zeigt fast gar keine
Schweifung*, die Schneide weist eine starke Nei-
gung nach rückwärts auf. Eine durch die Mitte
der Schneide nach dem Helm gezogene Linie trifft
diesen an seinem unteren Rande. Das Schaftloch
ist vom Axthelme ziemlich abgerückt, wie dies
häufig bei römischen Äxten der Fall ist. Die seit-
lich von der unteren Öffnung des ovalen Schaft-
loches stehenden höckerartigen Ansätze erinnern
an die charakteristischen eckigen Lappen, welche
bald oben, bald unten am Schaftloch des römi-
schen Beiles angebracht zu sein pflegen, doch er-
scheinen sie eben nur als verkümmerte Über-
Von Wilhelm Wilbrand
Die Meinung Osbornes (Das Beil, Dresden i887)'
dafs bei den germanischen Völkern die Axt
sich nicht aus dem Kelt entwickelt habe —
die Abbildungen i, 2, 3, 4 stellen Kelte der Hall-
statt- und La lene-Zeit dar und zeigen uns, wie
sehr die Form des Keltes sich von derjenigen des
Beiles (Abbildung 5) unterscheidet —, sondern dafs
die Axt, welche die germanischen Völker durch
die Berührung mit den Römern wohl erst kennen
gelernt hatten, anstelle des Keltes, dessen sie sich
vorher bedient hatten, getreten sei, sowohl als
Werkzeug wie als Waffe, dürfte auch nach dem
heutigen Stande der Forschung durchaus richtig
sein.
Ebenso richtig ist seine Behauptung, dafs,
wenn die Form der Axt seit ihrem ersten Auf-
treten in prähistorischer Zeit bis auf unsere Tage
sich auch etwas verändert hat, doch diese Ände-
rung nicht von wesentlicher Bedeutung gewesen
sei; in seinem Habitus sei das Gerät dasselbe ge-
blieben.
Es läfst sich aber trotzdem bei dem Beil oder
der Axt — beide Worte bedeuten dasselbe Gerät
— eine gewisse Entwicklung, die eine Einteilung
ermöglicht, feststellen. Der Form nach unter-
scheiden sich augenfällig zwei Gruppen.
I. Die Schmalaxt
Diese Axt eignet sich ihrer Form nach zum
Wurf, sie ist in den meisten Fällen deshalb als
Wurfbeil zu bezeichnen.
Bei der Schmalaxt müssen wir wieder zwei
Formen unterscheiden,
a) die gerade Schmalaxt,
b) die geschwungene Schmalaxt oder Fran-
ziska.
II. Die Breitaxt
Diese Axt ist zum Wurf ungeeignet, sie wird
deshalb im Gegensatz zum Wurfbeil als Streit-
axt bezeichnet.
I. Die Schmalaxt
a) Die gerade Schmalaxt
Die Abbildungen 6, 7, 8, 9 zeigen uns römi-
sche Werkbeile, die in der Saalburg gefunden
wurden (Jacobi, Das Römerkastell Saalburg).
Die Abbildung 10 gibt ein im Rhein bei Mainz
gefundenes Beil wieder, dessen römischerUrsprung
sich aus der Inschrift N.R.I. ergibt; wahrschein-
lich ist es auch ein Werkbeil.
Die Abbildung 11 stellt ein in Reichersdorf,
Kreis Guben, gefundenes Beil dar, von dem es
zweifelhaft ist, ob es römisch oder deutsch ist.
Da es ein Urnenfund ist und dabei ein Schwert
mit Inschrift gefunden wurde, das römisch ist, so
ist dieses Beil als Kampfbeil anzusprechen. Ist
das Beil deutschen Ursprungs, so würde das Schwert
ein Beutestück darstellen. (Bemerkenswert an
diesem Beil ist die Anschweifsung der Rückseite
an die Vorderseite.)
b) Die geschwungene Schmalaxt
Die Abbildung 12 zeigt uns ein Beil, das aus
einem germanischen Grabfund der Völkerwande-
rungszeit stammt. Dieses Beil mit schwacher
Schweifung schliefst sich noch dem Typus rö-
mischer Werkbeile an (Lindenschmit, Die Alter-
tümer unserer heidnischen Vorzeit).
Lindenschmit beschreibt diese Axt folgender-
mafsen:
„Axt aus Eisen 17 cm lang, am Helm 4 cm
breit. Die Fläche der Axt zeigt fast gar keine
Schweifung*, die Schneide weist eine starke Nei-
gung nach rückwärts auf. Eine durch die Mitte
der Schneide nach dem Helm gezogene Linie trifft
diesen an seinem unteren Rande. Das Schaftloch
ist vom Axthelme ziemlich abgerückt, wie dies
häufig bei römischen Äxten der Fall ist. Die seit-
lich von der unteren Öffnung des ovalen Schaft-
loches stehenden höckerartigen Ansätze erinnern
an die charakteristischen eckigen Lappen, welche
bald oben, bald unten am Schaftloch des römi-
schen Beiles angebracht zu sein pflegen, doch er-
scheinen sie eben nur als verkümmerte Über-