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Zoepfl, Heinrich
Die Regierungs-Vormundschaft im Verhältnisse zur Landes-Verfassung: ein publicistischer Versuch mit besonderer Rücksicht auf die zwischen ... dem Herzoge von Braunschweig und Höchst-Dessen Landständen über die Rechtsbeständigkeit der erneuerten Landschafts-Ordnung vom 25. April 1820 obwaltenden Differenzen ; mit einem Anhange von Urkunden — [Heidelberg]: [Groos], 1830

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https://doi.org/10.11588/diglit.45293#0109
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107

Ordnung ausdrücklich angenommen, und hierdurch die
Sck'öpfuug der neuen Repräsentativ - Monarchie im
Geiste der Bundesgesetze vollendet. E)

Cs ist beinahe unglaublich, wie man in der Feststellung
der Wiederkehr der landstäudischen Versammlungen auf einen
sjährigen Zeitraum, und in der Bestimmung, daß jedes Re-
script, um nickt als erschlichen zu gelten, von einem Mitglieds
des geheimen Raths-Collegs contrasignirt seyn muffe, eine Ver-
letzung der fürstlichen Rechte des Herzogs habe finden können.
Hatte Braunschweig auch früher eine Verfassung gehabt, nach
welcher kein regelmäßiger Zusammentritt der Stande statt fand,
sondern nach welcher sie der Fürst nur dann berief, wenn er
sie absolut nöthig zu haben glaubte, so liegt keineswegs darin
die N o t b w e n d i g ke i t, ja nicht einmal die Z u l ä ssi g k e i t
der Fortdauer eines solchen Verhältnisses, da die deutsche
Bundes-Acte will, daß überall Verfassungen iit"s Leben
treten, nicht aber nur dem Namen nach vorhanden seyn
sollem Eine Verfassung, nach welcher der Fürst Landstände
zur Leite hat, die er nicht zu berufen braucht, wenn er nicht
will, ist so gut, wie keine. Deßhalb hatte auch die alte Braun-
schweiger Landschaft das Reckt der Selbstversammlung.
Dieses Recht ist der neuen Landschaft gleichfalls eingcräumt.
Ist es aber nicht schon der Politik und Ehre eines regierenden
Hauses gemäß, solchen Selbst-Versammlungen, die immer Auf-
sehen machen und häufig auf beiden Seiten unangenehme Auf-
tritte zur Folge haben, durch die Verstattung einer regel-
mäßigen Versammlung vorzubeugen? Welcher Regierung,
die cs redlich mit ihrem Volke meint, kann es unangenehm
sevn, seinen Repräsentanten die Früchte ihres aufrichtigen
Strebens vvrzulegen? — 'Auf gleiche Weise verhält es sich mit
der zweiten angeblichen Verletzung der Rechte des Herzogs
durch die Notbwendigkcit einer Contrasignatur durch einen ge-
heimen Rath. Vor allem muß man es als ganz unrichtig rügen,
wenn diese Bestimmung der Landschafts - Ordnung als eine
neue Beschränkung aufgeführt wird. Sie ist uraltes Staats-
Herkommen in Braunschweig, der Herzog also ohnehin an diese
Beschränkung gebunden. Ueberdies gewährt diese Contrasignatur
und dle damit verbundene Verantwortlichkeit deS Contrasignan-
ten für die Gesetzmäßigkeit des Inhaltes des Rescriptes den
unberechenbaren Vortheil, daß dadurch die Person des Mo-
narchen allen politische» Discussionen entzogen ist, indem bei
vorgefallenen, oft unvermeidlichen Mißgriffen die Verantwort-
lichkeit sowohl als auch die Schuld lPukstiea invi-lia) nur immer
dem eppedirenden Ratbe beigcmeffen wird. Etwas Gutes durch-
zusetzen , wird cs dem Regenten nie an Personen fehlen, die
sich zur Contrasignatur bereit erklären werden; würdeaberdem
Regenten durch Verweigerung der Contrasignatur von Seite
sämmtlicher hierzu aufgefordcrter Personen die Ausführung ei-
ner Gesetzwidrigkeit unmöglich gemacht, so kann wohl niemand
dieß eine Beschränkung der Regenten - Rechte nennen, da der
Regent kein Recht hat, Unrecht zu thun.
 
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