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Zoepfl, Heinrich
Deutsche Staats- und Rechts-Geschichte: compendiarisch dargestellt zum Gebrauche bei akademischen Vorlesungen (3) — Heidelberg: Oßwald, 1836

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https://doi.org/10.11588/diglit.47342#0195
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remtorische, bei Strafe der Präclusion, auf einmal vor-
schützen (Ebenda §. 37).4) Dem Missbrauche, welcher
mit den vielfachen Rechtsmitteln (§. 112) getrieben wurde,
wurde wenigstens einigermassen durch eine genauere Be-
stimmung über die Nullitätsquerel und die unheilbaren Nich-
tigkeiten entgegengewirkt (Ebend. §. 121. 122).5) Regel-
mässig waren in ordentlichen Prozesssachen drei Instanzen
zulässig, und desshalb die Reichsstände, welche das Pri-
vilegium de non evocando hatten, verpflichtet, eigene Ge-
richte dritter Instanz zu unterhalten. 5) Particularrechtlich
wurde die Zahl dieser Instanzen aber häufig vermehrt, in-
dem sich in manchen Ländern die Ansicht von der Noth-
wendigkeit dreier gleichlautenden Urtheile (tres conformes}
bildete7) und das in dem Deputations-Abschied v. 1600,
§. 16, für die Fälle, in welchen keine Berufung an die
Reichsgerichte statt finden konnte, verstattete Rechtsmittel
der Revision mit Versendung der Acten an eine auswärtige
Juristenfacultät oder Schöppenstuhl diese Vervielfältigung
sehr begünstigte. Die in dem J. Reichsabschied aufge-
stellten prozessualischen Grundsätze sollten auch von den
Territorialgerichten beobachtet werden, jedoch wurde den-
selben verstauet, wenn bisher schon ein anderer fester
Modus procedendi eingeführt oder ausgebildet wäre, den-
selben beizubehalten. (Ebend. 137).8) Der J. Reichsab-
schied blieb somit fortwährend eine unmittelbare practi-
sche Quelle des gemeinen deutschen Prozessrechtes, welches
sich eben so wie das gemeine deutsche bürgerliche Recht
als eine Mischung römischer, canonischer und reichsge-
setzlicher Bestimmungen in einer durch Doctrin und Praxis9)
bewirkten Verschmelzung darstellet. Lange Zeit hindurch be-
gnügten sich die Landesgesetzgebungen, mit Beibehaltung
der in demselben aufgestellten Grundansichten den in der
Praxis fühlbar gewordenen Lücken und Mängeln durch
einzelne Verordnungen nachzuhelfen, oder Umarbeitungen
zu veranstalten, in welchen neben den Grundsätzen des
gemeinen Prozesses, die Eigenthümlichkeiten der Landes-
Praxis eine gesetzliche Anerkennung fanden. 10) Bis zur
Auflösung des deutschen Reiches hatte nur die Preussische
Gesetzgebung die bisherigen gemeinrechtlichen Principien
gänzlich verlassen, und auf neue abweichende Grundan-
sichten eine neue Prozessordnung gebauet. ll)
 
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