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Zoepfl, Heinrich [Editor]
Das alte Bamberger Recht als Quelle der Carolina — Heidelberg: Groos, 1839

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https://doi.org/10.11588/diglit.47514#0200
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eines Raufhandels, wobei ein Mensch getödtet worden ist, so wie
man nur nicht weiss, von wessen Hand der Entleibte gestorben ist.
Die Gründe, aus welchen man den Thäter nicht weiss, zählt die
Carolina nicht auf, noch weniger gründet sie eine rechtliche Fol-
gerung an deren Unterscheidung: es muss daher als gleichgültig be-
trachtet werden, ob man den Thäter nicht weiss, weil man ihn unter
den mehreren, von welchen einer offenbar den Todschlag verübt haben
muss, nicht herausfinden kann, odei ob man die sonderliche Hand
deshalb nicht bestimmen kann, weil alle Wunden tödtlich waren,
und auch vielleicht nicht zu ermitteln ist, welche zuerst oder zuletzt
beigebracht wurde. Man möchte nun vielleicht freilich einwenden,
dass es eine grosse Härte wäre, wenn man in dem ersten Falle, wo
man nicht weiss, welcher von Mehreren, deren einer der Thäter sein
muss, die Wunde beibrachte, alle als Thäter resp. Todschläger strafen
wollte: allein wir antworten darauf, dass es nicht minder hart ist,
alle als Todschläger zu strafen, so wie man nicht weiss, an welcher
Wunde der Getödtete gestorben ist: und dass das Gesetz durch diese
Härte wohl nichts anderes beabsichtigte, als die Theilnehmer der
Rauferei durch die Vorstellung der sie alle bedrohenden Todesstrafe
von frevelhaftem Läugnen und Verhehlen des wahren Thäters unter
ihnen abzuschrecken, und die Nichtschuldigen zur Ablegung wahrer
Aussagen und Angabe von Indizien gegen den wahren Thäter zu
bestimmen. Ueberdies scheinet diese härtere Bestimmung von Schwar-
zenberg nach dem Muster von Ruprecht von Freisingen und in
dessen Sinne mit grossem Vorbedacht und absichtlich aufgenommen
worden zu sein, wie sich besonders daraus ergeben möchte, dass die,
dem Joh. v. Schwarzenberg wohl ohne Zweifel bekannte und von ihm
in einer der wichtigsten Materien benützte, und theilweise fast wört-
lich ausgeschriebene Wormser Reformation in Buch VI. Thl. II. tit. II.
im letzten §. unstreitig mit grösserer juristischer Consequenz, und
dem von ihr aufgestellten, auch von Schwarzenberg adoptirten
Prinzipe, dass nur voller Zeugenbeweis oder Geständniss die Ver-
urtheilung in eine peinliche Strafe rechtfertigen könnten, vollständig
getreu, sich für die mildere Meinung entschieden und verordnet hatte,
dass, wenn vier, fünf oder mehr in einem Aufruhr (Rauferei) wären,
und einer unter ihnen todt bliebe, und Niemand wüsste oder beweisen
könnte, welcher solches gethan hätte, und auch auf der Folter keiner
bekennen würde, mit seiner Hand die That verübt zu haben — keiner
peinlich gestraft werden sollte.
Zwischen dem Strafen von Keinem oder Allen schwankte also
damals die Praxis, und Schwarzenberg hat für das Letzte entschie-
den : offenbar inconsequent, da hier nach seinem eigenen Prinzipe
 
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