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Zoepfl, Heinrich
Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte: ein Lehrbuch in zwei Bänden (2,1): Geschichte der deutschen Rechtsquellen: compendiarisch dargest. — Stuttgart: Krabbe, 1846

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https://doi.org/10.11588/diglit.47337#0024
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12

Erster Zeitraum. I. Volksreclite.

Forutn judicum n) und Lex Salica12), wodurch diese Rechts-
aufzeichnungen theils als autonomische oder (statutarische) Stam-
mesrechte (später sog. Willkiihren), theils als gerichtliche
Wei st hü in er oder Schöffenrechte bezeichnet werden. Spätere
Rechtsquellen verweisen auf die Leges Barbarorum manchmal mit dem
Ausdrucke „Alte Frieden« 13). Die einzelnen Leges Barbarorum
sind regelmässig nach dem Volke benannt, dessen Recht sie darstellen,
so z* B. Lex Francorum, Bipuariorum, Bajuvariorum u. s. w. Durch
frühzeitig eingetretenen Missverstand wurde aber mitunter nebenbei
einigen dieser Leges eine der vorgedachten allgemeinen Bezeichnungen
vorzugsweise beigelegt: so z. B. der Lex Wisigothorum die Bezeich-
nung als Forum judicum, der älteren Lex Francorum die Bezeich-
nung als Lex Salica. Seltener ist die Bezeichnung einer Lex nach
dem Namen eines Königs, unter welchem sie eine officielle Redaction
erhielt 14).
Phahte (jetzt „Pacht“), in der Bedeutung von Lex (Gesetz) in der deutschen
Sprache selbst eingebürgert, daher z. B. in der Kaiserchronik: Charles pliaht,
h. e. Lex Caroli M. — Vergl. Graff althochdeut. Sprachschatz, T. III. p. 325. —
Ziemann, mittelhochdeut. Wörterbuch, p. 291. — Später und noch jetzt bezeichnet
Pacht vorzüglich die Vermiethung von Landgütern, da in diesem Vertrage fortwährend
sehr deutlich erkennbar die Idee einer autonomisch zwischen den Contrahenten für
die Regulierung ihres gegenseitigen Verhältnisses errichteten Lex hervortritt. —
n) Forum judicum findet sich in der. Rubrik Lex Wisigothorum. Es erscheint
als Uebersetzung des Wortes Thing oder Ding. Diess bezeichnet ursprünglich,
so wie Ewa, einen Vertrag — (noch jetzt so in den Formen Geding, din-
ge n u. s. w); — metaphorisch aber so viel wie Gericht und Recht, offenbar
aus dem Grunde, weil das alte deutsche Gerichtsverfahren ein Sühne-Verfahren war,
d. h. eine Ausgleichung der Partheien, oder einen Aus trag der Streitsache im
friedlichen Wege zum Zwecke hatte; so wie auch in lateinischer Sprache die
Worte Pactum (pacisci) und Pax auf derselben Wurzel beruhen. Forum judicum
ist daher fast buchstäbliche Uebersetzung von Gerichts- oder Schöffenrecht. —
12) Lex Salica erklärt sich als Lex curiae, Lex fori (von Sala, Curia, Forum,
Hof, Gerichtshof): es hat also dieser Ausdruck, welcher in der Rubrik der einen
Lex Francorum (s. §. 4) erscheinet, genau dieselbe Bedeutung wie Forum judicum
in der Rubrik des westgothischen Gesetzes. — Vergl. Henn. Müller, der L. Sa-
lica etc. Alter und Heimath. Würzburg, 1840. p. 147, und meine Anzeige dieser
Schrift in den Heidelberger Jahrb. 1841. Hft. 1. —
13) So z. B. das Friedegerichtbuch der Stadt Regensburg aus dem XIV. Jahr-
hundert, in v. Freiberg Samml. histor. Schriften und Urkunden Bd. V. Hft. 1.
p. 66. 71. —
u) Eine solche Bezeichnung findet sich z. B. bei der Lex Burgundionum als
Lex Gundobada ,(§. 13); zum Thcilc auch bei den Westgothen, Langobarden und
Angelsachsen. —
 
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