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Zoepfl, Heinrich
Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte: ein Lehrbuch in zwei Bänden (2,1): Geschichte der deutschen Rechtsquellen: compendiarisch dargest. — Stuttgart: Krabbe, 1846

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https://doi.org/10.11588/diglit.47337#0026
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14

Erster Zeitraum. I. Volksrechte.

denkmälern geboren 17), sind sämmtliche Leges Barbarorum durchaus
in lateinischer Sprache abgefasst, was sich daraus erklärt, dass zur Zeit
ihrer Aufzeichnung die deutsche Sprache noch nicht, oder doch nur
erst sehr unvollkommen als Schriftsprache ausgebildet war 18). Bei
dieser Aufzeichnung der deutschen Rechtsgewohnheiten in einem frem-
den Idiome mussten sich freilich mancherlei Inconvenienzen ergeben,
und namentlich konnten einzelne Missverständnisse nicht fehlen, da man,
wenigstens in erster Zeit, gewiss nicht vermeiden konnte, die Aufzeich-
nungen durch geborne Romanen fertigen zu lassen 19 20). Jedoch muss
im allgemeinen anerkannt werden, dass die Uebersetzung, insbesondere
hinsichtlich der technischen Ausdrücke des deutschen Rechtes, durch-
gehend mit grosser Genauigkeit, ja sogar meistens mit einer am Buch-
staben klebenden Aengstlichkeit gemacht ist, so dass man hierdurch
fast immer in den Stand gesetzt wird, mit Sicherheit auf die correspon-
direnden Ausdrücke in der deutschen Rechlssprache zurückzuschliessen,
wobei das solchergestalt gefundene Wort häufig seine Bestätigung durch
sein Vorkommen in den deutschen Rechtsbüchern des XIII. Jahrhun-
derts erhält 2ÜJ. An eine reine Latinität ist freilich bei diesen Rechts-
aufzeichnungen nicht zu denken: im Gegentheile gewährt es ein beson-
deres Interesse, so vielen deutschen Wörtern zu begegnen, welche der
romanische Concipient, eben weil sie eigenthümlichen deutschen Rechts-
begriffen entsprachen, für unübertragbar in die lateinische Sprache
I7) Die ersten rechtsgeschichtlich interessanten Versuche im fränkischen Reiche,
in der Volkssprache zu schreiben, finden sich in den sog. Malbergischen Glos-
sen (s. §. 4): sodann gehören auch zu den ältesten deutschen Sprachdenkmälern
die Formulct abrenuntiationis cliaboli (Pertz, Tom. Legg. I. p. 19; vergl. oben Bd. I.
§, 1. Note 9.); ferner der Eid, welcher von Karl II. und den Ostfranken zur Be-
stätigung des Vertrages mit Ludwig II. zu Strassburg a. 84-2 Febr. 14. geschworen
wurde: (aus Nithard histor, in Pertz Tom. Legg. I. p. 375), und das Bruch-
stück einer Uebersetzung der Capitularien des Ansegisus (ibid. p. 2G1). — Nach-
richt von den wenigen anderen Sprachdenkmälern dieser Zeit s. bei Wacker-
nagel, altdeut. Lesebuch, im Anhang p. 819 flg. —
18J Wie wenig man damals der Grammatik der deutschen Sprache Meister war,
zeigt eine Aeusserung von Ottfrid von Weissenburg, dem ältesten Dichter in deut-
scher Sprache, im IX. Jahrhundert, welcher selbst noch die deutsche Sprache lin-
guam indisciplinabilem nennt. —
19) Hieraus erkläret sich z. B. der mitunter bemerkbare Missgriff, dass Wür-
den- oder Amts-Titel als Eigennamen dargestellt werden, wie z. B. im Prolog zur
Lex Salica. (S. unten §. 4.) —
20) Hieher gehört z. B. die Uebersetzung von Ewa (Ehe, Acht) und Thing
fDing) durch Paclus und Forum (s. oben Note 10. 11), die Ausdrücke: in ore,
in sermone esse etc, für Mund, Mundwort u. s. w» —
 
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