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Zoepfl, Heinrich
Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte: ein Lehrbuch in zwei Bänden (2,1): Geschichte der deutschen Rechtsquellen: compendiarisch dargest. — Stuttgart: Krabbe, 1846

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https://doi.org/10.11588/diglit.47337#0215
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§. GO, Die neueren Juristenschulen.

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verschiedene Grundansichten über das Wesen des Rechtes zur Sprache,
gekommen, und namentlich war durch v. Savigny der Gegensatz von
Recht und Gesetz schärfer, als vorher von Anderen geschehen, ent-
wickelt, und das Recht als ein Theil des Volkslebens selbst aufgefasst,
und fiir dasselbe nationale Individualität in Anspruch genommen , und
insbesondere der Meinung widersprochen worden, als ob das Recht mit
Vortheil beliebig durch Gesetze bestimmt und überhaupt durch eine
geschickte Gesetzes-Redaction ein absolut bestes Recht erzielt werden
könnte. Zugleich wurde die Fähigkeit der Zeit zur Erschaffung eines
tüchtigen Gesetzbuches in Zweifel gezogen, und die Befürchtung aus-
gesprochen, dass durch eine unzeitige und unkundige Gesetzgebung
der natürliche historische Entwickelungsgang des nationalen Rechtes
gestört und selbst die Wissenschaft untergraben werden möchte. Seit-
dem hat man sich gewöhnt, von einer historischen und nicht-
historischen Schule zu sprechen und zu der ersten die Gegner,
zu der letzten die Freunde der Codification zu zählen, obschon der
Gegensatz der beiden Schulen, soweit sich solche überhaupt annehmen
lassen, nicht sowohl in dem Wollen oder in dem Nichtwollen von
Gesetzbüchern , als vielmehr in der Verschiedenheit der Grundansicht
über das Wesen des Rechtes zu suchen ist: überdiess hat eine solche
Verschiedenheit der Ansichten unter den Häuptern der sog. Schulen
niemals in solcher Schärfe bestanden, wie ihre Parlheigänger denselben
darzustellen versuchten 2). Die Unterscheidung einer historischen und
nichthistorischen Schule war übrigens stets nur hinsichtlich der Bear-
beitung und des Gebrauches des römischen Rechtes von Bedeutung,
insofern© man nämlich darin ein Recht oder ein Gesetz erkennt:
in Bezug auf die Bearbeitung des rein deutschen Rechtes ist dieselbe
an sich nicht statthaft, weil man hierbei, wo es sich nur um die Dar-
stellung des national - charakteristischen handelt, niemals anders als
historisch verfahren kann. Richtiger kann man in unserer Zeit eine
r o m a n i si r en d e und eine deutsche Schule unterscheiden, nach
der Bedeutung, welche dem nun einmal recipirten römischen Rechte
im Verhältnisse zu den deutschen Instituten beigelcgt wird. Ausserdem
wird man am richtigsten nicht sowohl Schulen , als vielmehr nur drei
mögliche Richtungen des Rechtsstudiums, eine philosophische,
Streit besonders wieder angeregt worden durch G. Bese! er, Volksrecht und
Juristenrecht. 1843. —
2) Vergl. V li i baut, die historische und nich t historische Rechtsschule, im
Arch. für civilist. Praxis, 1838; und v. Savigny, in der Vorrede zum ersten
Bande seines Systems des heutigen römischen Rechts, Berlin, 1840. —
 
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