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Zoepfl, Heinrich; Zachariä, Heinrich Albert
Das rechtliche Verhältnis des fürstlichen Kammerguts, insbesondere im Herzogthum Sachsen-Meiningen. Von Dr. Heinrich Albert Zachariae, Professor d. R. in Göttingen — Heidelberg: Mohr, 1861

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https://doi.org/10.11588/diglit.45368#0017
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Zachariae: Das rechtliche Verhältniss des fürst!, Kammerguts. 457
denselben Grundsätzen, wie die Standesherrn im Jahre 1806, media-
tisirt werden und sonach seine Domänen, frei von der bisherigen
Beitragspflicht zu den Landesbedürfnissen ausgeschieden erhalten
würde, wogegen aber das Land es mit schwerem Bedauern empfinden
würde, wenn die der Staatskasse hiernach entfallenden Summen
durch Steuerumschläge aufgebracht werden müssten. Mögen auch
in einigen grösseren Staaten eigenthümliche Verhältnisse, worunter
die frühere schlechte Bewirthschattung und dadurch veranlasste
Ueberschuldung der Domänen des regierenden Hauses, wie z. B.
in England, schon in früheren Zeiten die Abtretung derselben an
den Staat und ihre Umwandlung in Staatsgut rathsam oder noth-
wendig gemacht haben, so ist dies kein Rechtsgrund, die gleiche
Umwandlung in jenen Staaten zu verlangen, in welchen das fürst-
liche Domanium noch in seiner alten Kraft und Bedeutung besteht,
so wie auch darin, dass etwas für einen grösseren Staat zweck-
mässig oder nothwendig ist, noch kein Beweis einer gleichen Zweck-
mässigkeit und Nothwendigkeit für kleinere Länder gefunden werden
kann. Es lässt sich auch schwerlich verkennen, dass das System
der Civilliste im Sinne des englichen und französischen Rechtes
auch seine grossen Gefahren und Nachtheile, und fast noch mehr
für das Land, als für die fürstliche Familie hat. Ob, wie man mit-
unter zur Empfehlung dieses Systems behaupten wollte, dasselbe
wesentlich zur Identificirung der Interessen des regierenden Hauses
und des Volkes und zur Vermehrung der gegenseitigen Liebe bei-
trägt, wollen wir nach den Erfahrungen, die man in Frankreich ge-
macht hat, gänzlich dahingestellt sein lassen. Das Bedenkliche dieses
Systems sehen wir aber darin, dass ein Herrscher, der im Lande
keinen eigenthümlichen Familiengrundbesitz von grosser Bedeutung
mehr hat oder haben darf, nur zu leicht von der publicistisch un-
gebildeten Masse als ein Grosspensionär des Volkes und somit sein
und seines Hauses Unterhalt als eine Last des Landes betrachtet
werden kann, indem das Publikum von den Anforderungen, die von
allen Seiten an die Mitglieder des regierenden Hauses gemacht wer-
den, selten eine klare Anschauung hat; insbesondere aber sehen wir
das Gefährliche für das Land darin, dass ein solches Herrscherhaus,
namentlich wo die demokratische Strömung oder europäische Ver-
wicklungen eine über kurz oder lang eintretende Gefährdung seines
Kronbesitzes befürchten lässt, zu seiner Deckung das nahe liegende
Auskunftsmittel ergreift, seine Ersparnisse in fremde Banken nie-
derzulegen und dadurch deren Nutzen dem Lande zu entziehen. Der
Herr Verfasser schliesst seine Ausführungen über den gemeinrecht-
lichen Charakter des Kammervermögens durch die Erinnerung an die
Thatsache, dass in einer Anzahl kleinerer deutscher Staaten erst die
stürmischen Bewegungen des Jahies 1848 eine förmliche Abtretung
des Eigenthums am Domanialvermögen an den Staat zum Gefolge
gehabt haben, denen man sich unter den damaligen noch 1849 fort-
wirkenden Verhältnissen nicht glaubte entziehen zu können; dass
 
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