Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 4.1887

DOI Artikel:
Zwiedineck-Südenhorst, Hans von: Die neueste Wallenstein-Forschung
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.52692#0012
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2 Die neueſte Wallenſtein-Forſchung.

Denkmal zu ſchaffen, zur Bewältigung dieſer Aufgabe nicht hin—
gereicht hat, daß jeder neue Fund von ſchriftlichen Aufzeichnungen
jener Zeit, von Briefen und Amtsſchriften, ſtets von neuen Auf—
faſſungen und Beurteilungen nicht nur der Perſönlichkeiten, ſon—
dern auch der Ereigniſſe begleitet war, ſo daß die Anſichten über
Wallenſtein in ein ruheloſes Schwanken geraten ſind. Die Ab—
hängigkeit des Geſchichtſchreibers von dem „Material“ und die
Vieldeutigkeit aller geſchriebenen Zeugniſſe tritt uns da ſo auf—
fällig entgegen, daß wir das Mißtrauen ſehr begreiflich finden
müſſen, welches den Erzeugniſſen der hiſtoriſchen Litteratur nicht
ſelten entgegengebracht wird. Die Sammlung von Briefen, welche
Förſter vor nahezu ſechzig Jahren veranſtaltet hat, trat ſchon mit
dem Anſpruche auf, gründliche Aufklärungen über den Charakter
und die Handlungen Wallenſteins geboten, ſeine „Unſchuld“ für
alle Zeiten nachgewieſen zu haben. Aretin und Hurter glaubten
mit dem Hinweis auf die von ihnen benützten Quellen aus baye—
riſchen und öſterreichiſchen Archiven das entgegengeſetzte Ziel ſicher
erreicht zu haben. Hallwich, der ſich auf die Einſicht in zehn—
tauſend bisher ungedruckte Schreiben ſtützen konnte und davon
1350 Stücke veröffentlicht hat, durfte annehmen, daß er dem
Helden, dem er mit ſeltener Hingebung dient, in der ausgiebigſten
Weiſe „das Recht, gehört zu werden“ gewahrt habe. Wenn man
ſeine Ergebniſſe mit den wertvollen Beiträgen von Schottky, Helbig,
Dudik in Verbindung brachte, wenn man Schebeks wiederholte
Unterſuchungen der älteren gedruckten Litteratur zu Rate zog,
ohne ſeinen daraus entwickelten, allzu kühnen Hypotheſen zu folgen,
ſollte man ſich da nicht der Meinung hingeben können, an Gründ—
lichkeit das möglichſte geleiſtet zu haben? Und als Ranke in
ſeiner aus langjähriger Beſchäftigung mit dem Gegenſtande er—
wachſenen „Gefchichte Wallenſteins“ ſich herbeiließ, die Welt über
dieſen Mann „unvergänglichen, wiewohl noch zweifelhaften An—
denkens“ zu unterrichten, da dachten wohl viele, daß damit der
Schlußſtein zu einem der kunſtvollſten Gebäude geliefert worden
ſei, das auf den Werkplätzen hiſtoriſcher Wiſſenſchaft geſchaffen
wurde. Statt deſſen erkennen wir darin aber immer mehr den
feſten und unverrückbaren Unterbau, der aus den emſig betriebenen
mannigfaltigen Erdarbeiten ſtolz und beruhigend hervorblickt und
berufen iſt, die zahlreichen Säulen und Mauern zu tragen, aus
denen ſich dereinſt noch das harmoniſch vollendete Bauwerk ent—
wickeln ſoll.

An neuen Arbeitskräften für dasſelbe fehlt es nicht. Im
Verlaufe eines Jahres iſt die Wallenſtein-Litteratur, welche ſchon
 
Annotationen