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Einführung
Konrad von Würzburg war schon im Mittelalter ein berühmter Dichter. Sein Name taucht oft als Autornennung in der handschriftlichen Überlieferung der mittelhochdeutschen Literatur auf. Mehrere Versnovellen werden ihm in den Quellen zugeschrieben, obwohl nicht alle von der modernen Forschung als echt akzeptiert werden. Herzmaere, Der Welt Lohn und Heinrich von Kempten sind einheitlich als authentisch anerkannt und hier neu herausgegeben. Diese drei Texte sind in sehr unterschiedlichen handschriftlichen Kontexten zwischen dem 13. und dem 16. Jahrhundert überliefert: vollständig oder fragmentarisch, in Sammelhandschriften oder als alleinstehendes Heft. In ihrer langen Überlieferungsgeschichte haben die Texte interessante Entwicklungen erlebt, die diese Edition sichtbar machen will. Der Welt Lohn wird in 9 Handschriften überliefert (2 davon fragmentarisch), Heinrich von Kempten in 7 (1 davon fragmentarisch) und das Herzmaere in 12 (2 davon fragmentarisch).
Von den drei Texten hat das Herzmaere die komplexeste Überlieferung. Wegen der wichtigen Variationen in einigen Textzeugnissen dieser Erzählung, wird hier der Text zum ersten Mal in zwei Fassungen herausgegeben: eine basiert auf den Text von Handschrift A, die andere auf dem von V. Diese beiden Fassungen sind von der Forschung bereits erkannt worden (Jobst 1998; Dahm-Kruse 2018), aber sie wurden noch nie als solche herausgegeben. Die Edition Schröders steht der Fassung A näher, übernimmt aber Varianten aus mehreren anderen Textzeugnissen. Die folgenreichste Entscheidung seiner Edition war die Aufnahme des Epilogs, der lediglich in der sonst nie für den edierten Text verwendeten Handschrift D steht, und die entsprechende Tilgung alternativer Epiloge. Da der Epilog oft für die Interpretation des ganzen Textes eine große Rolle spielt, wirkt von der generalisierten Verwendung der Edition Schröders in der Altgermanistik eine nicht irrelevante Verzerrung in der Forschung aus.
Obwohl Heinrich von Kempten und Der Welt Lohn in der Überlieferung nicht zwei verschiedene Textfassungen aufweisen, gelten die soeben formulierten Überlegungen auch für diese beiden Werke. Beide Überlieferungskontexte werden von interessanten Variationen gekennzeichnet, die in den bisherigen Editionen verdeckt werden. Die Synopse der digitalen Edition erlaubt es, diese Varianten wieder sichtbar zu machen. Da für viele LeserInnen in einem ersten Zugang zum Text die Vertiefung in die Details der Variation nicht notwendig erscheint, wird auch hier ein kritischer Text angeboten. Dieser Text ist jedoch nach dem Leithandschriftenprinzip hergestellt. Das heißt: ein mutmaßlich dem Original nahestehender Text wird nicht rekonstruiert. Stattdessen wird jeweils eine Handschrift ausgewählt, die sich durch nur geringe Auslassungen und Fehler als geeignet auszeichnet, und deren Text mit möglichst wenigen Korrekturen (basierend auf anderen, ihnen nahestehenden Handschriften) wiedergegeben.
Die vorliegende Ausgabe beabsichtigt, die Überlieferung vollständig zur Verfügung zu stellen und edierte Texte anzubieten, die die Variation nicht verheimlichen. In den drei Versnovellen können ForscherInnen, StudentInnen und andere LeserInnnen die Variation leicht untersuchen und eine Version lesen, die dem nah kommt, was im Mittelalter tatsächlich zur Verfügung stand und gelesen wurde.