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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]; Treu, Georg [Bearb.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 3): Die Bildwerke von Olympia in Stein und Thon — Berlin, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.779#0298
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280

Nachträgliche Bemerkungen zu den Tempelgiebeln.

Von Ernft Curtius.

(Hierzu 2 Tafeln am Schlufs diefes Textbandes.)

Bei dem Gefamtwerke über die Ausgrabungen von
Olympia, welches auf Anlafs des Königlichen Unter -
richtsminifteriums unternommen worden irr., konnte
kein anderer Gefichtspunkt befolgt werden, als der, den
jüngeren Mitarbeitern volle Selbftändigkeit zu gewähren.
Dadurch ift felbftverftändlich nicht ausgefchloffen, dafs
die beiden Herausgeber über einzelne Punkte, wo fie
anderer Meinung find, nachträglich ihre Anficht aus-
fprechen.

Ich befchränke mich auf einen Punkt, der mir
von Anfang an ganz befonders am Herzen gelegen hat.
Denn fchon 24 Jahre vor Beginn der Ausgrabungen
habe ich mit meinem unvergefslichen Freunde Heinrich
Strack zufammen den Oftgiebel des Zeustempels herzu-
ftellen gefucht (Olympia, Berlin 1852) und bin feit Be-
ginn der Ausgrabung unermüdet beftrebt gewefen, beide
Giebelkompofifionen zu ordnen, in plaftifchen Nach-
bildungen anfchaulich zu machen fowie kunftgefchicht-
lich zu bearbeiten, wie es in meiner Abhandlung »Die
Tempelgiebel von Olympia« (AbhdI. d. Kgl. Preufs. Akad.
d.Wiff. 1891; gefammelte Abhandl. II 338) gefchehen ift.

Dafs diefe Giebelgruppen unter den Werken mo-
numentaler Plaftik eine ganz hervorragende Bedeutung
haben, kann von keinem Sachverftändigen verkannt
werden. Nirgends vereinigt fich in folcher Vollzählig-
keit eine gleiche Fülle von Material. Denn erftens haben
wir genaue Befchreibungen aus dem Altertum, und
zweitens find die Marmorrefte fo vollftändig wieder auf-
gefunden, wie bei keinem anderen hellenifchen Tempel,
fo dafs von einer wirklichen Wiederherftellung des Ur-
fprünglichen nur hier die Rede fein kann. Da wir nun
auch die Bauzeit annähernd genau beftimmen können,
da uns die Namen der Künftler überliefert werden und
endlich auch beide Darftellungen in der Hauptfache klar
vorliegen, fo find wir hier in einer einzig glücklichen Lage.

Und dennoch waltet ein TJnftern über diefen Tempel-
funden, indem bis zuletzt auch von den zunächft Be-
teiligten entgegengefetzte Urteile aufgeftellt worden find,
und unmöglich darf dies Werk abfchliefsen, ohne dafs,
wie Profeffor Treu es felbft gewünfcht, auch meine

Anficht zum Ausdruck kommt und noch einmal ein
ernfter Verfuch gemacht wird, diefem unglücklichen
Schwanken des Urteils ein Ende zu machen.

Die Methode, mit welcher diefe Unterfuchung zu
führen ift, ift der fchä'rffte Prüfftein für die Reife unferer
kunftarchäologifchen Forfchung, und da hier nicht der
Platz ift, alle Einzelheiten auf das Genauefte zu erörtern
fo verweife ich auf meine Abhandlung über die Tempel-
giebel und auf die Recenfion derfelben von Profeffor
Guftav Körte, welche eine durchaus felbftändige Be-
arbeitung der Frage ift (Berl. philol. Wochenfchrift 1892,

n-3°—33)-

Ich unterfchelde fehr beftimmt zwifchen den Streit-
fragen, welche nach unferen Hilfsmitteln mit voller
Sicherheit entfchieden werden können, und denen, die
fich nicht mit Sicherheit beurteilen laffen. Bei den
letzteren kommt es darauf an, die entgegengefetzten
Anflehten in möglichft klaren UmriiTen darzulegen, um
jedem fachverftändigen Auge ein felbftändiges Urteil zu
ermöglichen. So habe ich auf jedem der beifolgenden
Blätter I und II eine zwiefache Giebeldarfteilung vorgelegt,
mit neuen Gründen für und wider die eine und die andere
Kompofition. Nur fo kann, was fich ficher ermitteln la'fst,
deutlich feftgeftellt werden, und zugleich bleibt die
Freiheit im Urteil gewahrt.

Es handelt fich zuerft um die Normen, nach denen
die fchwebenden Fragen zu beurteilen find, um alle
Willkürlichkeiten fern zu halten.

Drei Normen find uns gegeben: die Befchreibung
des Paufanias, die Fundftätten der Giebelwerke und das
Gefetz der rhythmifchen Entfprechung.

Diefe drei Normen treffen beim Oftgiebel zufammen
und nur bei ihm; deshalb find beide Giebel gefondert
zu behandeln. Wir beginnen im Often.

Paufanias ift pedantifch genau; er zählt Figur für
Figur auf, fo korrekt, dafs nach feinem Text allein die
ganze Giebelkompofition in der Hauptfache vollkommen
richtig von Strack gezeichnet werden konnte. Centrum
und Flügel, Haupt- und Nebenperfonen ordneten fich
von felbft zu einem kUnftlerifchen Ganzen. Es fragt
 
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